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--- Könträre Konstellation der Eigenschaften? (https://www.the-brokeback-mountain.de/thread.php?threadid=3944)


Geschrieben von AngLee am 19.12.2019 um 12:59:

  Könträre Konstellation der Eigenschaften?

Eine Diskussion, die hier ihren Anfang nahm:
Prinz Charming
möchte ich lieber hier weiter führen.
Es geht um konträre Konstellationen der Eigenschaften bei Ennis und Jack, die zwar nicht als "männlich" und "weiblich" zu bezeichnen sind, aber eventuell typischen Verhaltensweisen zuzuordnen sind, die man ursprünglich diesen Geschlechterrollen zugesprochen hat und die Kessi im "Prinz Charming Threat so umschrieben hat:

Zitat:
Original von Kessi
Außer Dominic tat mir sooo leid, weil er sooo geweint hat dabei hat das überhaupt gar keinen Sinn gemacht. Ich weiß gar nicht was der mit dem Prinzen wollte, das waren ja beides mehr so die "Weibchen".
...und ehe das hier jetzt völlig falsch verstanden wird: Zu Anfang haben die sich ja mächtig darüber aufgeregt das immer gefragt wird "Wer von euch ist die Frau"
ICH sehe es so:
Es gibt keine männlichen oder weiblichen Eigenschaften. Es gibt sowohl Männer als auch Frauen die sind mutig und taff und dominant und dann gibt es auch bei beiden Geschlechtern Menschen bei denen hat man das Gefühl die muss man vor dem bösen Wolf retten. Und logischerweise sucht man sich in einer Partnerschaft häufig das Gegenteil von einem selbst...und das war auch in dieser Show nicht viel anders...sowohl bei Kirill und Martin als auch bei Nicolas und Lars gabs diese Art von Paarung.

Meine schwulen Traumpaare hatten eigentlich immer ganz genau diese Konstellation, ist mir gestern Abend mal so aufgefallen. Ob bei Ennis und Jack oder bei Argron und Nasir oder bei Victor und Juri...es gab immer den süßen zarten der Angst vor dem bösen Wolf hatte und den taffen mutigen der die breite Schulter zum Anlehnen hatte...ist doch süß irgendwie smile smile smile


Das hatte mich nun etwas irritiert.....
Zitat:
Original von AngLee
Da stürzt du mich gerade ins Grübeln, Kessi. Welche der genannten Eigenschaften ("mutig,taff dominant" bzw. "Menschen bei denen hat man das Gefühl die muss man vor dem bösen Wolf retten") treffen denn deiner Meinung nach auf Ennis bzw. Jack zu??? huh
Und ...haben wir das hier schon mal irgendwo diskutiert????


... und ich war gespannt, welchem der beiden du die entsprechenden Charaktereigenschaften zuweist, Kessi.

Zitat:
Original von Kessi
Erst mal der Sex...Ennis ist top, Jack bottom. Auch beim Sex mit Lureen liegt Jack UNTEN, Lureen ist die dominante Person. Das setzt sich auch in ihrer Ehe fort, Lureen ist die Ernährerin ihrer Familie, Lureen entscheidet.
Bei Ennis und Alma richtet sich Alma sexuell gesehen nach Ennis Wünschen auch wenn sie das unangenehm findet. Ennis sieht sich als Ernährer der Familie und Alma erwartet es prinzipiell auch von ihm.

Jack ist kommunikativ, Ennis ist schweigsam

Jack schießt daneben, Ennis trifft.

Jack baut ein Zelt schief auf, Ennis richtet es gerade

Ennis und Jack tauschen die ihnen von Joe A. zugeteilten Aufgaben...Jack ist dann für Kochen und Waschen zuständig, Ennis ist der Beschützer der Schafe...in dieser Rolle gehen beide Charaktere eher auf und sind zufriedener.

Die schläfrige Umarmung. Ennis ist der Beschützer, Jack lehnt sich an ihm um sich beschützen zu lassen.

Jack ist zärtlicher, Ennis rauer.

Eigenschaften sind ja auch immer Produkte des Lebens das man führt und der Gesellschaft in der man lebt. Mit dem Begriff Weibchen, den ich ja hier genutzt habe, definiere ich einen Menschen der Eigenschaften besitzt die man in einem veralteten Rollenbild von einer Frau erwartet hat. Es gibt auch in heterosexuellen Beziehungen Frauen die keine "Weibchen" sind....ich wollte das hier auf keinen Fall negativ belegen. smile


Hm.... was meint ihr dazu?

Ich finde, dass man diese Eigenschaften, die man nicht als "weiblich" und "männlich" bezeichnen darf, die in unseren Köpfen aber dennoch in diesen zwei Kategorien immer noch abgespeichert sind, nicht so generell auf Ennis und Jack anwenden kann, sondern dass sie sich je nach Situation verändern, bzw jede Situation auch anders beleuchtet werden kann.

Unterm Strich kommen mir beide sehr männlich vor, vielleicht Jack noch ein bisschen mehr als der, in meinen Augen sensiblere Ennis. smile


Zitat:
Erst mal der Sex...Ennis ist top, Jack bottom.

Ja, aber Jack ist es, der die Initiative ergreift.



Zitat:
Ennis und Jack tauschen die ihnen von Joe A. zugeteilten Aufgaben...Jack ist dann für Kochen und Waschen zuständig, Ennis ist der Beschützer der Schafe...in dieser Rolle gehen beide Charaktere eher auf und sind zufriedener.


Hm, woran machst du fest, dass sie in ihrer Rolle "aufgehen"? Einer muss das Kochen und Waschen erledigen, da sehe ich jetzt keine Wonne in Jacks Tun und laut seiner Aussage kann er auch gar nicht kochen. Er war nur die viele Reiterei und die Kassenpisse Leid.

Zitat:
Die schläfrige Umarmung. Ennis ist der Beschützer, Jack lehnt sich an ihm um sich beschützen zu lassen.


Hm, in der Motelnacht schien mir das eher umgekehrt zu sein.



Und auch in der zweiten Zeltnacht ergreift Jack eher die Beschützerrolle.

Zitat:
Jack ist zärtlicher, Ennis rauer.


Hm......

Insgesamt habe ich eher den Eindruck, dass Ennis derjenige ist, der "gegen den bösen Wolf beschützt werden muss".

Wie gesagt, es fällt mir schwer, die Eigenschaften von Ennis und Jack durchgehend als passiv bzw. aktiv, beschützend, bzw. hilfloser, usw. einzuordnen.



Geschrieben von Kessi am 19.12.2019 um 23:51:

 

@Ang

Zitat:
Ja, aber Jack ist es, der die Initiative ergreift.


1. Da würde ich dir jetzt zustimmen wenn Jack tatsächlich eine Frau wäre...aber Jack ist ja ein Mann und in dem Verständnis von Männlichkeit in Ennis Welt tauscht man keine Zärtlichkeiten mit anderen Männern aus.

2. In der ersten Zeltnacht versucht Jack Ennis zu küssen, versucht eine gewisse Art von Vorspiel in dem er Ennis Hand nimmt und sie an sein bestes Stück führt. Ennis reduziert das Ganze sofort auf den Akt an sich und damit ist es dann automatisch so das Jack es ist der seine sexuellen Bedürfnisse befriedigen muss und nicht wie es anfänglich aussah Ennis die von Jack.
Jack fügt sich in die devote Rolle, Ennis hingegen nicht.

Zitat:
Hm, in der Motelnacht schien mir das eher umgekehrt zu sein.


Da gebe ich dir Recht...in dieser einen Szene ist es tatsächlich mal umgekehrt.

Zitat:
Und auch in der zweiten Zeltnacht ergreift Jack eher die Beschützerrolle.


In der zweiten Zeltnacht geht es ja nicht darum jemanden zu beschützen sondern Zärtlichkeiten zu gegen und zuzulassen. Im klassischen Rollenverständnis tut sich der Mann damit schwer, deswegen verbindet man Zärtlichkeit ja auch immer mit der Frau.

Zitat:
Hm, woran machst du fest, dass sie in ihrer Rolle "aufgehen"?


Gut "aufgehen" ist vielleicht das falsche Wort aber an der neuen Rolle finden sie weniger was ihnen missfällt als an der alten.

Zitat:
Insgesamt habe ich eher den Eindruck, dass Ennis derjenige ist, der "gegen den bösen Wolf beschützt werden muss".


Ich will jetzt um Gottes Willen nicht behaupten das einer der Beiden ein ängstlicher Charakter wäre, das sind sie beide nicht. Ich habe eher bei Jack das Gefühl das er bei einem anderen Mann den männlichen Beschützer sucht der sein Vater nie für ihn war.
Jack musste man nicht vor dem bösen Wolf beschützen aber ich glaube er wollte das Gefühl haben das es jemand machen würde.

Wie gesagt, ich glaube ja nicht daran das es typisch männliche und typisch weibliche Eigenschaften gibt und aus dem Grund sind sie für mich auch nicht biologisch determiniert sondern gesellschaftlich und sind Resultat der Gesellschaft, der Erziehung und von allen Dingen die man erlebt hat. Jack hat sich die Aufmerksamkeit seines Vaters gewünscht und nie bekommen und aus dem Grund in einem männlichen Liebhaber den Beschützer zu suchen erscheint mir irgendwie logisch.



Geschrieben von AngLee am 21.12.2019 um 17:57:

 

Kessi, ich habe lange überlegt, wie ich auf deinen Post antworte. Aber er darf nicht unbeantwortet bleiben. großes Grinsen
Bei mir hat es lange gedauert, mich von diesen klassisch weiblichen und männlichen Eigenschaften in Bezug auf ein schwules Pärchen zu lösen und ich erleide immer mal wieder Rückfälle. Bei Ennis und Jack bin ich mir aber inzwischen sicher, dass sie nicht durchgehend diesen Eigenschaften zugeordnet werden können. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich vor ein paar Jahren durch das Buch "On Brokeback Mountain: Meditations about Masculinity, Fear, and Love in the Story and the Film: Meditations about Masculinity, Fear, and Love in the Story and the Film" von Eric Patterson gequält habe und zum Glück für jedes Kapitel Zusammenfassungen notiert habe, so dass ich da gerade noch mal etwas nachlesen konnte.

@ Jack ergreift die Initiative in der erstenn Zeltnacht:
Zitat:
Original von Kessi
In der ersten Zeltnacht versucht Jack Ennis zu küssen, versucht eine gewisse Art von Vorspiel in dem er Ennis Hand nimmt und sie an sein bestes Stück führt. Ennis reduziert das Ganze sofort auf den Akt an sich und damit ist es dann automatisch so das Jack es ist der seine sexuellen Bedürfnisse befriedigen muss und nicht wie es anfänglich aussah Ennis die von Jack.
Jack fügt sich in die devote Rolle, Ennis hingegen nicht.


Zunächst einmal: Bist du sicher, dass Jack ein Vorspiel wollte? Meiner Meinung nach wollte er Ennis signalisieren, was er von ihm wollte und diesen "Kussversuch" sehe ich auch als Versuch der Besänftigung und Ennis auf andere Art zeigen, was sein Begehren ist.

Dann sträuben sich mir die Nackenhaare bei der Behauptung, dass Ennis nicht Jacks sexuelle Bedürfnisse befriedigt, sondern nur seine eigenen. Die werden sehr wohl befriedigt, das kommt im Film vielleicht nicht ganz so deutlich rüber wie im Buch.

Und dann trifft es meiner Meinung nach in keinster Weise zu, dass sich Jack in irgend etwas fügt und schon gar nicht nimmt er eine devote Rolle ein. :O
Jack hat meiner Meinung nach genau so viel Spaß dabei wie Ennis!

Oben erwähnter Patterson widmet dem Sex in BBM ein ganzes Kapitel (Chapter 2-„Gun´s goin off“: Sex) und vergleicht dabei Buch und Film
Sein Resultat kurz zusammengefasst: Das Buch vermittelt mehr positiv die Selbstverständlichkeit und die Lust, den Genuss beider Männer, die miteinander schlafen. Mehr als der Film.
Aber immer ist die Lust und der Genuss bei beiden gleichermaßen vorhanden.


Im Kapitel 3 demontiert Patterson dann auch noch generell auf die Zuordnung feminin/maskulin bei schwulen Männern, speziell bei Ennis und Jack.

Ich zitiere hier mal aus meinen unveröffentlichten Aufzeichnungen:

Auf Seite 118 Ende 2. Absatz bemerkt er[Patterson], dass zunächst Ennis als der mehr maskuline Typ und Jack als der feminine Typ erscheint. Wenn man aber genauer hinblickt, dann ist es genau umgekehrt: Ennis ist sehr viel ängstlicher als Jack. Er traut sich nicht, mit ihm zu leben, fürchtet Gewalt anderer, fürchtet sich davor, was andere denken, fürchtet sich davor, er selbst zu sein. Jack ist im Vergleich dazu viel mutiger und forscher. Also: wer hat jetzt den femininen/maskulinen Part?
*lach, sehr geschickt von Patterson


Dann noch kurz zur zweiten Zeltnacht:
Zitat:
Original von Kessi
In der zweiten Zeltnacht geht es ja nicht darum jemanden zu beschützen sondern Zärtlichkeiten zu gegen und zuzulassen. Im klassischen Rollenverständnis tut sich der Mann damit schwer, deswegen verbindet man Zärtlichkeit ja auch immer mit der Frau.


Meiner Ansicht nach ist es hier sehr stark Ennis, der die Zärtlichkeit sucht und sich fallen lässt.



Geschrieben von Kessi am 24.12.2019 um 03:34:

 

@Ang

Zitat:
Zunächst einmal: Bist du sicher, dass Jack ein Vorspiel wollte?


Möglicherweise ist "Vorspiel" das falsche Wort...aber ich denke Jack hat eine langsamere Gangart im Auge gehabt. Aber Ennis der wie Annie in ihrem Buch schreibt, ob beim Zäuneflicken oder beim Geld ausgeben immer sofort in die vollen ging, ist da gleich auf den Punkt gekommen. Augen rollen
Was ich aber sehe ist, das jenseits vom Sex, das Buch hier dem Film nicht folgt...im Buch sehe ich diese klassische Rollenverteilung zwischen Ennis und Jack überhaupt nicht.

Zitat:
Dann sträuben sich mir die Nackenhaare bei der Behauptung, dass Ennis nicht Jacks sexuelle Bedürfnisse befriedigt, sondern nur seine eigenen. Die werden sehr wohl befriedigt, das kommt im Film vielleicht nicht ganz so deutlich rüber wie im Buch.


Ich will nicht behaupten das es Jack keinen Spaß gemacht hat Augenzwinkern aber Ennis hat definitiv nicht über den Sex mit Jack nach gedacht. Das ist einfach aus einem Instinkt heraus passiert und damit ist er schon nicht klar gekommen.
Und wenn er über diesen Sex nicht nachgedacht sondern den Gedanken daran eher verdrängt hat, dann hat er auch nicht irgend einen Wert darauf gelegt das Jack auf seine Kosten kommt.
Im Gegensatz zu Ennis war Jack reflektierter. Er hat sich denke ich eingestanden das Ennis ihm gefiel und er gern mehr von ihm wollte und hat entsprechende Situationen auch bewusst herbei geführt und seine Chancen auch genutzt.
Im klassischen Rollenklischee nimmt eine Frau nicht selten die Rolle der Verführerin ein und der Mann erliegt ihren Verführungskünsten weil er dem sexuell nicht widerstehen kann.

Zitat:
Wenn man aber genauer hinblickt, dann ist es genau umgekehrt: Ennis ist sehr viel ängstlicher als Jack. Er traut sich nicht, mit ihm zu leben, fürchtet Gewalt anderer, fürchtet sich davor, was andere denken, fürchtet sich davor, er selbst zu sein. Jack ist im Vergleich dazu viel mutiger und forscher. Also: wer hat jetzt den femininen/maskulinen Part?


Ennis Ängste resultierten ja primär daraus einem bestimmten Männlichkeitsbild nicht zu entsprechen, das hat mit klassischer Rollenverteilung nichts zu tun.
Beim klassischen Rollenbild geht es eher um existenzielle Ängste. Die Frau fürchtet sich vor wilden Tieren, Gewitter oder Banditen und der Mann beschützt sie davor.

Zitat:
fürchtet Gewalt anderer,


na das ist ja kompletter Blödsinn...der hat sich doch ständig geprügelt und fand das sogar Klasse wenn er das machen konnte. Vor was Ennis Angst hatte war gelyncht zu werden. Das ist kein ehrenhafter Tod wie bei einer verlorenen Prügelei sondern man wird hier auf würdelose Art und Weise zur Schau gestellt und der Lächerlichkeit preis gegeben. Ennis hatte sehr große Probleme damit sich mit dem Hass und der Ablehnung auseinander zu setzen aber das auch wieder so eine Eigenschaft die man Männern zuschreibt...Männer kommen mit gesellschaftlichen Dingen viel schwieriger klar als Frauen.



Geschrieben von AngLee am 29.12.2019 um 19:23:

 

@ Ennis fürchtet Gewalt anderer: aber natürlich tut er das. Jemanden würdelos zur Schau stellen und lynchen ist für mich ziemlich heftige Gewalt! Und davor hat Ennis definitiv Angst, siehe Gespräch nach dem Motelaufenthalt.

Ansonsten wollte ich noch generell zu den Rollenzuschreibungen (klassisch weiblich/männlich) sagen: ich arbeite daran, das nicht zu tun, trotzdem drängt sich mir oft dieser Vergleich quasi ungefragt auf, wenn ich ein schwules Paar sehe. Aber bei Ennis und Jack ist das absolut nicht der Fall. Vielleicht liegt das daran, dass diese Rollenzuschreibungen für mich nicht durchgängig erkennbar sind, bzw. auch wechseln und deshalb nicht generell funktionieren? Unterm Strich legen auch beide Verhaltensweisen an den Tag, die ich im klassischen Sinne als männlich werte. Auch wenn Jack z.B. daneben schießt, so schießt er doch, auch wenn er als Bullentreiter erfolglos ist, so reitet er doch den Bullen, etc.
Außerdem kann man Verhaltensweisen so oder so interpretieren, wie z.B. diese hier:

Zitat:
Original von Kessi
Im Gegensatz zu Ennis war Jack reflektierter. Er hat sich denke ich eingestanden das Ennis ihm gefiel und er gern mehr von ihm wollte und hat entsprechende Situationen auch bewusst herbei geführt und seine Chancen auch genutzt.
Im klassischen Rollenklischee nimmt eine Frau nicht selten die Rolle der Verführerin ein und der Mann erliegt ihren Verführungskünsten weil er dem sexuell nicht widerstehen kann.

großes Grinsen Ich hätte es eher anders herum gedeutet: Jack ist es, der Initiative ergreift, die Treffen vereinbart, viele Stunden Autofahrt auf sich nimmt um Ennis zu sehen, ihm Vorschläge für die Zukunft macht..... im klassischen Sinne wirbt er um Ennis wie ein Mann um eine Frau. großes Grinsen



Geschrieben von Kessi am 30.12.2019 um 03:14:

 

@Ang

Zitat:
@ Ennis fürchtet Gewalt anderer: aber natürlich tut er das. Jemanden würdelos zur Schau stellen und lynchen ist für mich ziemlich heftige Gewalt! Und davor hat Ennis definitiv Angst, siehe Gespräch nach dem Motelaufenthalt.


Ennis war paranoid und das ist was völlig anderes.
Jedes Lebewesen fürchtet sich vor dem Tod und es wäre völlig unnormal vor einem Ereignis das unweigerlich den Tod zu Folge hätte keine Furcht zu haben. Die Frage ist nur für wie wahrscheinlich man es hält das dieses Ereignis tatsächlich eintrifft. Stufe ich die Wahrscheinlichkeit relativ niedrig ein, denke ich da nicht groß drüber nach, ergo habe ich auch keine Angst davor.
Genau so war es bei Jack...er wusste zwar das es Gewalt gab gegen Homosexuelle aber da das eher ein theoretisches Wissen war und er selber deswegen noch nie Gewalt erfahren hat, hat er das auch nicht mit sich in Verbindung gebracht.
Bei Ennis war das aber auf Grund dessen was er erlebt hatte anders...er war sich sicher das sie sterben würden wenn jemand etwas von ihm und Jack erfuhr und er konnte diese Gedanken auch nicht verdrängen, sie waren immer präsent. Aber das war ja auch die Folge eines schweren Traumas.

Man kann das damit vergleichen wenn man in eine Auto steigt. Man weiß das es tödliche Verkehrsunfälle gibt aber darüber denkt man nicht nach, weil man nicht davon ausgeht das man selber Opfer werden könnte. Hat man aber schon mal einen schweren Verkehrsunfall gehabt, ist das anders...da projiziert das Gehirn die real erlebte Furcht und das Grauen auf Situationen die auch nur annähernd der gleichen die man tatsächlich durchlebt hat. Das ist ja auch bei Ennis der Fall als er von dem Unfall und dem Nachbarn erfährt.

Zitat:
Ansonsten wollte ich noch generell zu den Rollenzuschreibungen (klassisch weiblich/männlich) sagen: ich arbeite daran, das nicht zu tun, trotzdem drängt sich mir oft dieser Vergleich quasi ungefragt auf, wenn ich ein schwules Paar sehe.


Ich finde die sind auch bei Heteropaaren in der heutigen Zeit nicht mehr klassisch definiert, weil das einfach Blödsinn ist.
Das war doch nichts weiter als ein gesellschaftlicher Zwang der Menschen rein gedrückt hat in eine klassische Geschlechterrolle und dahin gehend hat man Mädchen und Jungen erzogen und die Gesellschaft hat ihr übriges getan in dem sie das so vorgelebt hat.
Das ist ja auch das zentrale Thema des Films.
Ennis entspricht ja diesem Männlichkeitsbild auch ein Stück weit deshalb weil er sich so definiert. Er kommt gar nicht auf die Idee irgendwo eine "weibliche" Seite zu entwickeln.
Jack ist da anders, er lässt gewisse Dinge zu. Zärtlichkeiten, Beschützt werden, beim Sex nicht der Dominante zu sein. Er akzeptiert das er kein so guter Schütze ist wie Ennis und kein so brillanter Rodeoreiter wie sein Vater und das er nicht der Ernährer seiner Familie ist sondern seine Frau.

Zitat:
Auch wenn Jack z.B. daneben schießt, so schießt er doch, auch wenn er als Bullentreiter erfolglos ist, so reitet er doch den Bullen, etc.


Von den Männern im Film wird er deswegen ja auch verachtet...
LD und seine Freunde: ist die Pissnelke nicht früher mal Rodeo geritten...naja er hats jedenfalls versucht.
Jacks Vater: wie bei allen Ideen von Jack ist natürlich nichts draus geworden.
und Ennis ist auch nicht viel besser: Ich habs satt das du Armleuchter immer daneben schießt...ich glaube mein Vater hatte Recht mit dem was er über Rodeoreiter gesagt hat..ach ich dachte dich wirft kein Pferd ab.
Ich glaube ehrlich gesagt nicht das Jack in deren Männlichkeitsbild gepasst hat nur weil er "versucht" hat etwas typisch männliches zu tun...die haben denke ich erwartet das man das dann auch kann.

Zitat:
Ich hätte es eher anders herum gedeutet: Jack ist es, der Initiative ergreift, die Treffen vereinbart, viele Stunden Autofahrt auf sich nimmt um Ennis zu sehen, ihm Vorschläge für die Zukunft macht..... im klassischen Sinne wirbt er um Ennis wie ein Mann um eine Frau.


Ja das macht aber Cassie auch nicht viel anders...eigentlich wollte Ennis ja aufs Klo aber dann muss er tanzen und die Füße massieren und erzählen was er so alles auf Arbeit gemacht hat.
Ich denke wenn einer extrovertiert ist wie Jack und Cassie und einer introvertiert wie Ennis dann ist die Dynamik der Beziehung einfach automatisch SO.

Zitat:
Vielleicht liegt das daran, dass diese Rollenzuschreibungen für mich nicht durchgängig erkennbar sind, bzw. auch wechseln und deshalb nicht generell funktionieren? Unterm Strich legen auch beide Verhaltensweisen an den Tag, die ich im klassischen Sinne als männlich werte.


Ja na klar...ich habe ja am Anfang auch gesagt das ich nirgendwo sehen kann das einer der Männer besonders ängstlich ist...du hast völlig Recht das sich Jack auf Bullen setzt und in der Natur zurecht kommt und Ennis kriegt auch nur einen riesigen Schreck als der Bär plötzlich vor ihm steht.
Ich sehe das mehr als Gesamtbild. Jack hat diese kindliche Naivität...ist spontan und begeisterungsfähig und dann geht natürlich alles schief und er braucht Hilfe. Dieses Kindchenschema spricht Ennis Beschützerinstinkte an und so kümmert er sich, weil das nun mal Teil seines Wesens ist. Wenn man jetzt mal abgeht von männlich/weiblich dann kann man das auch als kindlich/erwachsen definieren oder als beschützen/beschützt werden.

Zitat:
drängt sich mir oft dieser Vergleich quasi ungefragt auf, wenn ich ein schwules Paar sehe.


Es gibt ja Männer (ob die nun alle schwul sind sei auch noch dahin gestellt) die sind das was man landläufig als "tuntig" bezeichnet. Das hat aber meiner Meinung nach weder etwas mit der sexuellen Orientierung noch mit der Geschlechteridentität noch mit weiblichem Verhalten zu tun. Ob ich mir Tonnen von Make up, Glitzer und Flitter ins Gesicht schmiere und mich so unnatürlich wie möglich produziere ist die freie Entscheidung eines Menschen, dazu zwingt mich keine Biologie oder Genetik. Jeder hat das Recht sich so auszuleben wie er das will, das impliziert Gothikklamotten ganz genau so wie Tatoos oder eben sexy Outifits das sagt nichts darüber aus ob man letzten Endes ein guter und ein weniger guter Mensch ist. Allerdings werde ich natürlich mit allem was ich entscheide bewertet und dem einem gefällt es und dem anderen nicht. Ich persönlich mag keine aufgesetzten Typen...ich mag es weder bei Frauen noch bei Männern. Ich mag natürliche Menschen, mit wenig oder gar keiner Schminke und Klamotten die naja irgendwie den Menschen wiederspiegeln und nicht umgekehrt.
Ich kann also weder was mit Dragqueens anfangen noch mit irgendwelchen Proseccoschwestern. Rolleyes
Also DAS ist es definitiv nicht was ich mit "weiblich" meine böse
Ich sehe da eher einen Mann, der einfach ein Stück weit sanfter ist in seiner Art, der es zulässt das man ihn beschützt und der es mag gestreichelt und gekuschelt zu werden und das sieht man ja eigentlich niemandem an. unsicher



Geschrieben von AngLee am 02.01.2020 um 00:47:

 

Oh je, Kessi, du sprichst so viele verschiedene Punkte an, dass ich jetzt einfach mal in Kurzform antworte, damit das hier nicht wieder so lang wird.

*) Rollenzuweisungen: da waren unsere Begriffe weiblich/männlich ja sozusagen "Hilfsbegriffe". Natürlich ist es klar, dass es gesellschaftlich geprägte Geschlechterrollen sind und heute auch bei Heteropaaren nicht durchgehend so anzuwenden sind.
Dennoch weist du im klassischen Sinne als "weiblich" und "männlich" bezeichnete Eigenschaften Ennis und Jack zu.

Das war ja unser Ausgangspunkt, nachdem du geschrieben hattest:
Zitat:
Original von Kessi
Meine schwulen Traumpaare hatten eigentlich immer ganz genau diese Konstellation, ist mir gestern Abend mal so aufgefallen. Ob bei Ennis und Jack oder [...]..es gab immer den süßen zarten der Angst vor dem bösen Wolf hatte und den taffen mutigen der die breite Schulter zum Anlehnen hatte...ist doch süß irgendwie smile smile smile


Und aus deinem letzten Post:
Zitat:
Original von Kessi
Ennis entspricht ja diesem Männlichkeitsbild auch ein Stück weit deshalb weil er sich so definiert. Er kommt gar nicht auf die Idee irgendwo eine "weibliche" Seite zu entwickeln.
Jack ist da anders, er lässt gewisse Dinge zu. Zärtlichkeiten, Beschützt werden, beim Sex nicht der Dominante zu sein. Er akzeptiert das er kein so guter Schütze ist wie Ennis und kein so brillanter Rodeoreiter wie sein Vater und das er nicht der Ernährer seiner Familie ist sondern seine Frau.


Ich habe nur die ganze Zeit betont, dass ich diese Entsprechungen nicht so wahrnehme wie du. Jedenfalls nicht durchgehend. Ennis lässt genau so wie Jack Zärtlichkeiten zu (zweite Zeltnacht/Motel). Beim Sex der Penetrierende zu sein hat für mich nichts mit Dominanz zu tun. Jack arbeitet auch in der Firma seines Schwiegervaters, trägt also auch etwas zur Ernährung bei und er versucht genau wie Ennis, einem klassischem Männlichkeitsbild zu entsprechen (Bullen reiten, Landmaschinen präsentieren) und ich sehe nicht, dass Jack von Ennis beschützt wird, sondern Jack ist es, der Ennis in der zweiten Zeltnacht streichelt und beim Zusammenbruch am See wieder aufrichtet.
Wir haben da einfach unterschiedliche Wahrnehmungen und vielleicht sollten wir das einfach so stehen lassen.

*) Ennis ist paranoid:
Kessi, da bist du schnell bei der Hand mit einer psychischen Störung. Meiner Meinung trifft das auf Ennis nicht zu, denn seine Angst vor Gewalt ist sehr realistisch und keine bloße Wahnvorstellung.

Zitat:
...er [Ennis]war sich sicher das sie sterben würden wenn jemand etwas von ihm und Jack erfuhr und er konnte diese Gedanken auch nicht verdrängen, sie waren immer präsent. Aber das war ja auch die Folge eines schweren Traumas.

Natürlich hat Ennis hier mehr Angst als Jack, weil er die Ermordung eines schwulen Mannes mit eigenen Augen ansehen musste. Daher war er auch nicht so mutig wie Jack, das einfach außer Acht zu lassen und mit Jack zusammenzuziehen. Ich finde, die Gefahr, dass man Ennis oder Jack etwas antun würde, war auch durchaus gegeben, wenn sie zusammen gezogen wären, sich geoutet hätten. Ennis´Angst vor Gewalt ist keine Angst vor Prügeleien, sondern davor, hilflos ausgeliefert zu sein.

*) Tunten und Dragqueens....
Kessi, da bin ich etwas ratlos, was mir dein letzter Absatz sagen sollte. Ich habe nie tuntig mit weiblich gleichgesetzt. huh

Zitat:
[quote]Original von Kessi
Also DAS ist es definitiv nicht was ich mit "weiblich" meine böse
Ich sehe da eher einen Mann, der einfach ein Stück weit sanfter ist in seiner Art, der es zulässt das man ihn beschützt und der es mag gestreichelt und gekuschelt zu werden und das sieht man ja eigentlich niemandem an. unsicher r

Natürlich sehe ich sowohl tuntiges Verhalten als auch andere Wesensmerkmale, wenn ich Menschen in einem Film zuschaue, sie also sehe. Genau wie du. Augenzwinkern



Geschrieben von Kessi am 03.01.2020 um 12:39:

 

@Ang

Zitat:
Rollenzuweisungen: da waren unsere Begriffe weiblich/männlich ja sozusagen "Hilfsbegriffe". Natürlich ist es klar, dass es gesellschaftlich geprägte Geschlechterrollen sind und heute auch bei Heteropaaren nicht durchgehend so anzuwenden sind. Dennoch weist du im klassischen Sinne als "weiblich" und "männlich" bezeichnete Eigenschaften Ennis und Jack zu.


Die klassische Rollenzuweisung resultiert ja aus der Vorstellung des Lebens in der steinzeitlichen Horde und wenn man das auf genau diese steinzeitlichen Menschen herunter bricht und den primären Grund in dem Überleben der Spezies fest macht, dann war eine Eigenschaft die der steinzeitliche Jäger haben musste die, das er erfolgreich war. Jemand der nicht trifft wenn er (mit was auch immer) schießt konnten die da nicht gebrauchen, da wären sie verhungert.
Das der Film, und das noch nicht mal im übertragendem Sinne sondern schon sehr direkt, die Männer einteilt in den erfolgreichen und den erfolglosen Jäger, lässt mich vermuten das man diese Assoziation zu der klassischen Rollenverteilung ganz bewusst so gewollt hat.

...und es ist auch Ennis der seine Konflikte primär mit Schlägereien löst, Jack prügelt sich kein einziges mal. Ennis erscheint mir dadurch kräftiger und auch aggressiver als Jack, auch eine Eigenschaft die man als Jäger braucht, denn so finden wir sie auch primär bei Raubtieren und weniger bei Pflanzenfressern.

In der klassischen Rollenzuweisung ist der steinzeitliche Jäger wortkarg...denn, so die klassische Vorstellung davon, brauchen Jäger untereinander nur sehr wenige Worte zur Verständigung.
Frauen hingegen, deren Aufgabe darin bestand die Horde zusammen zu halten, mussten sehr kommunikativ sein.
Und wieder passt es auf Ennis und Jack...Ennis der kaum die Zähne auseinander kriegt und Jack der der große Geschichtenerzähler ist...übrigens...um eine Landmaschine zu verkaufen braucht man ganz genau diese Eigenschaft. Wäre er dabei so schweigsam gewesen wie Ennis, hätte er die nie im Leben an den Mann gebracht. Ennis hätte das Ding maximal fahren können. Und das ist wieder eine Sache die männlich definiert ist.

Kommen wir zum Sex. Zwischen Mann und Frau ist das ja mehr oder weniger biologisch fest gelegt, wer welche Rolle übernimmt. Bei Ennis und Jack bleibt Ennis bei der Rolle die in einer heterosexuellen Beziehung der Mann hätte und Jack übernimmt die Rolle die in einer heterosexuellen Beziehung die Frau einnimmt.

Wenn wir jetzt also Ennis und Jack in die steinzeitliche Horde versetzen würden, dann würde Ennis mit zu den Jägern kommen und Jack die Horde zusammen halten, einfach aus dem Grund, weil jeder von ihnen die Eigenschaften hat, wo er genau das erfolgreich könnte. Im klassischen Sinne wären sie also Mann und Frau...was aber nach neusten Erkenntnisse überhaupt nicht mehr als bewiesen gilt, denn es ist auch möglich das es gemischte Gruppen gab. Von daher, so finde ich, sollte man das typisch männlich oder typisch weiblich mit Vorsicht verwenden.

Es gibt eine Reihe von Eigenschaft die du genannt hast die auf die steinzeitliche Horde angewandt Männer wie Frauen gleichermaßen haben mussten. Die haben in der Natur gelebt also musste sie mit der Natur zurecht kommen. Beide Geschlechter haben sich also orientieren müssen in der Natur, haben Gefahren einschätzen und sich gegenseitig beschützen müssen. Eine Feigheit wie wir sie heute wahrscheinlich vor den Gefahren in der Natur hätten, haben die damals nicht gehabt.
Zärtlichkeiten innerhalb der Horde zulassen, war Teil der Festigung des sozialen Gefüges also haben das Männer wie Frauen wahrscheinlich getan...das Problem war eher das man aber auf der anderen Seite auch Stärke zeigen musste, weil Schwäche zeigen dazu geführt hätte, das man leichter angegriffen wurden wäre. Man nimmt an das der steinzeitliche Jäger das häufiger tun musste, weil es AUCH sein Job war, die Horde vor einer anderen Horde zu schützen.
Der steinzeitliche Mann musste also einen Kompromiss finden zwischen dem Zulassen von Zärtlichkeiten das ihm das Leben in der Gruppe ermöglicht hat und dem trotzdem noch stark erscheinen.
Und genau DAS sehen wir auch bei Ennis...er tut sich mit Zärtlichkeiten immer ein bisschen schwer...zieht beispielsweise den Kopf weg als Jack ihn am Fluss streicheln will oder in der Nachscheidungsszene umarmt. Und er zieht auch den Kopf ein paar mal weg als Jack ihn in der zweiten Zeltnacht küssen will.
Jack hingegen hat mit Zärtlichkeiten gar kein Problem und das ist wieder das Privileg einer Frau, die nicht in dem Maße stark rüber kommen muss, weil es für sie jemanden gibt der sie im Zweifelsfall beschützt, nach der klassischen Rollenvorstellung in der Steinzeit jedenfalls.

Zitat:
ch finde, die Gefahr, dass man Ennis oder Jack etwas antun würde, war auch durchaus gegeben, wenn sie zusammen gezogen wären, sich geoutet hätten. Ennis´Angst vor Gewalt ist keine Angst vor Prügeleien, sondern davor, hilflos ausgeliefert zu sein.


Die Frage ob ich vor etwas so starke Angst habe, das ich mein Verhalten dieser Angst anpasse ist ja immer die Wahrscheinlichkeit das es tatsächlich passiert und da muss man unterscheiden zwischen realer Angst und paranoider Angst.
Es ist jeder Zeit möglich das ein Meteor aus dem Weltall die Erde trifft und alles Leben darauf auslöscht...aber haben wir deshalb jeden Tag Angst davor? Nein. Wir denken über diese Bedrohung nicht nach weil die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist das es passiert.
Wesentlich höher ist die Wahrscheinlichkeit mit dem Auto tödlich zu verunglücken aber dennoch steigen dort ein, weil wir diese Möglichkeit verdrängen, denn anders würde unser Leben so eingeschränkt sein, in der heutigen Zeit, das unsere Lebensqualität darunter leiden würde.

Wenn in Saudi Arabien ein schwules Paar offen homosexuell leben würde, würde es lebensbedrohlich für dieses Paar werden, denn dort wird das mit der Todesstrafe geahndet. Hier ist eine reale Bedrohung vorhanden, die Angst berechtigt und die Geheimhaltung der Beziehung eine durchaus vernünftige Sache, die man nachvollziehen kann.
In vielen osteuropäischen Ländern sind Polizei, Justiz und Staat korrupt. Die Bevölkerung ist homophob. Das man auch hier befürchten muss, Gewalt und Willkür ausgesetzt zu sein ohne die Möglichkeit etwas dagegen tun zu können, ist nachvollziehbar und so ist auch hier die Angst offen schwul zu leben berechtigt.
Aber weder das eine noch das andere war in den USA 1973 oder 1083 der Fall.
Das heißt nicht das es keine Gewalt gab aber die Gewalttäter hätten mit harten Konsequenzen rechnen müssen. Sie hätten weder einen totalitären Staat noch eine korrupte Justiz auf ihrer Seite gehabt.
Hätte jetzt Annie in ihrem Buch oder Ang Lee in ihrem Film tatsächlich ein durchgängiges Muster von tolerierter Gewalt gezeichnet hätten sie schlichtweg schlecht recherchiert und wären historisch unkorrekt gewesen. Das Maß an Gewalt war nicht größer gewesen wie die Wahrscheinlichkeit mit einem Auto zu verunglücken und das Risiko hätte man eingehen können. Es gibt ja auch Erlebnisberichte aus dieser Zeit wo Männer das gemacht haben, also offen schwul gelebt haben auf einer Ranch in einer ländlichen Gegend von Amerika ohne das sie mit Gewalt jemals konfrontiert wurden sind.
Wir haben im Osten eine hohe Ausländerfeindlichkeit, die AfD hat Traumwahlergebnisse und bei der Fussballweltmeisterschaft waren wir gleich mal flächendeckend als "No go Area" gekennzeichnet. Trotz allem haben wir hier Ausländer, die kleine Läden betreiben, Gaststätten bewirtschaften oder die einfach hier wohnen und arbeiten...die werden nicht flächendeckend nieder gemetzelt, sondern überleben in der Mehrzahl auch wenn es für sie schwerer ist als für andere Menschen.
Wenn wir in der Zeit zurück gehen zu 1938 da wäre es in Deutschland wohl kein gutes Pflaster gewesen für jemanden der nicht Deutscher war...da war die Gefahr unmittelbar und die Angst davor eine reale.

Ennis Angst resultiert aus einem Trauma, das kommt ja nicht umsonst in der Geschichte vor, wenn es keine Konsequenz gehabt hätte.
Mit einer psychischen Störung hat das doch aber gar nichts zu tun...es ist doch vielmehr völlig normal das ein extreme Erlebnis Menschen verändert in dem was sie denken und fühlen und jeder braucht danach eine Aufarbeitung dieses Erlebnisses um damit klar zu kommen was bei Ennis in dieser Gesellschaft in der er gelebt hat und in in dieser gesellschaftlichen Schicht nicht passiert ist.



Geschrieben von AngLee am 05.01.2020 um 15:17:

 

Kessi, man kann natürlich einzelne Handlungen aus BBM picken und sie mit der Stuation in der Steinzeit vergleichen und dann zu einem "Männlichkeitsbild/Weiblichkeitsbild" bei Ennis und Jack kommen, das einem in den Kram passt. Kann man so machen. Man kann dabei auch anderes unterschlagen, was nicht so ins Bild zu passen scheint, z.B. dass Ennis besser Kochen kann, auch zärtlich ist, derjenige ist, der Angst hat und letztlich zusammenbricht und auch AV mit VV gleichsetzen und dadurch Jack den weiblichen Part unterschieben und auszublenden, dass Ennis ja seine Familie auch nicht ernähren kann (siehe Zitat Alma, die keine Kinder mehr von ihm will).
Ich will dir dieses Konstrukt für BBM nicht zerstören, aber…. ich sehe es nicht so. Ich habe da eine andere Herangehensweise, indem ich nicht einzelne Handlungsweisen, Charaktereigenschaften etc. herausklaube und analysiere/einordne, sondern den Film und die Charaktere als Ganzes auf mich wirken lasse und da sehe ich eben nur zwei Männer agieren und nichts "Weibliches" dabei.

@ Ennis´Angst:
Zitat:
Original von Kessi
Die Frage ob ich vor etwas so starke Angst habe, das ich mein Verhalten dieser Angst anpasse ist ja immer die Wahrscheinlichkeit das es tatsächlich passiert und da muss man unterscheiden zwischen realer Angst und paranoider Angst.

Auch das sehe ich anders. Paranoia ist eine Persönlichkeitsstörung und die ist meines Erachtens nicht bei Ennis vorhanden. Paranoide Angst wäre dann eine Wahnvorstellung, also eine Angst, vor etwas, was es gar nicht gibt. Ennis´ Angst rührt zwar aus dem Kindheitstrauma, da sind wir uns einig, aber sie ist auch realistisch. Gerade in Wyoming 1973 oder 1983, was auch die Realität belegt: Matthew Shepart wurde 1998 im Zuge eines „Hate Crime“ in Wyoming bestialisch ermordet und erst dieser Prozess hat maßgeblich dazu beigetragen, dass solche Hassverbrechen fortan mit höheren Strafen belegt wurden.
Dass es nicht mehr Hassverbrechen dieser Art gab in der Zeit liegt vielleicht auch daran, dass viele Schwule so gedacht haben wie Ennis und sich nicht geoutet haben.

Zitat:
Original von Kessi
Das heißt nicht das es keine Gewalt gab aber die Gewalttäter hätten mit harten Konsequenzen rechnen müssen. Sie hätten weder einen totalitären Staat noch eine korrupte Justiz auf ihrer Seite gehabt.


In BBM werden die Mörder von Earl gar nicht zur Rechenschaft gezogen und sich darauf zu berufen, dass die Mörder dann ja bestraft werden, wenn sie mich als Schwulen ermorden, ist meines Erachtens keine Beruhigung für jemanden, der Angst davor hat so einem Verbrechen zum Opfer zu fallen.



Geschrieben von Kessi am 06.01.2020 um 03:33:

 

@Ang

Um das noch mal genau zu definieren:
Wenn ich hier von typisch "weiblichen" und typisch "männlichen" Eigenschaften spreche, dann meine ich natürlich Eigenschaften die Menschen mit einem extrem konservativen Rollenverständnis einem Mann bzw. einer Frau zuordnen. Diese Menschen halten in der Regel diese Eigenschaften für biologisch determiniert quasi in unseren Genen verankert.
Diese Meinung teile ich aber nicht. Ich vertrete die Meinung das diese Charaktereigenschaften/Fähigkeiten Produkte der Erziehung sind.

...und diesbezüglich picke ich mir bei BBM auch nicht einzelne Szenen heraus sondern sehe vielmehr das große Ganze.
Jack sagt über seinen Vater das der ihm nie Tipps gegeben hat bezüglich des Rodeos und auch so ist ihr Verhältnis äußerst schlecht und sie kommen nicht miteinander klar.
Das Jack also beim Schießen nicht trifft, weniger handwerklich ist als Ennis und beim Rodeo nicht so erfolgreich ist wie sein Vater liegt meiner Meinung nach daran das sein Vater ihm das nie gezeigt hat als er Kind war und Jack wahrscheinlich durch das schlechte Verhältnis das er zu seinem Vater hatte auch nichts als richtig oder falsch verinnerlicht hat was sein Vater ihm vorgelebt hat...er hat sich mit seinem Vater nicht identifiziert.
Das führt wieder dazu das er weniger extrem einem bestimmten Männlichkeitsbild entsprechen will als Ennis, weswegen er Zärtlichkeiten eher zulässt und auch selber geben kann.
Da hinein fällt meiner Meinung nach auch das er bei einem anderen Mann auch immer etwas sucht was sein Vater nie für ihn war.
IM VERGLEICH
können die meisten Frauen viele technische Dinge nur deshalb nicht, weil man sie darin in ihrer Kindheit nicht gefördert hat...sie bekommen Puppen geschenkt und keine Autos, sie backen eher mit Mama Plätzchen als mit Papa in der Werkstatt zu werkeln.

Ennis sagt über das Verhältnis zu seinem Vater wenig aber aus dem was im Film passiert kann man sich vielleicht ein bisschen ein Bild von diesem Mann machen. Ennis Geschwister kümmern sich nach dem Tod der Eltern um Ennis, so lange bis der auf eigenen Beinen steht. Da sie beide so reagieren und laut Ennis Aussage ihre Sache auch ganz gut gemacht haben, denke ich das man ihnen diesen Wert anerzogen hat. In Ennis Familie hat man sich also umeinander gekümmert. Diese These stützt auch das Buch wo Ennis Vater Ennis zur Seite nimmt und ihm einen Rat bezüglich K.E. gibt.
Ennis Vater hat also Ennis wahrscheinlich gezeigt wie man schießt, rumwerkelt, das Vieh versorgt usw.
Bei der Rodeodemontration meint Ennis zu Jack das sein Vater Rodeocowboys für Versager gehalten hat und Ennis denkt sein Vater hat Recht. Ennis identifiziert sich also mit seinem Vater, er hat sich das verinnerlicht was sein Vater ihm als richtig oder falsch anerzogen hat. Und da Ennis Vater, was seine krasse Homophobie und auch das was er über Rodeocowboys sagt, zeigt, ganz extrem einem bestimmten Männlichkeitsbild entsprochen und das auch als Leitlinie an seine Söhne weiter gegeben hat, hat Ennis mehr Schwierigkeiten Zärtlichkeiten zuzulassen.
Ennis wurde vorgelebt das man sich umeinander kümmert und das äußert sich unter anderem in der Besorgnis als Jack bei Gewitter oben auf dem Berg ist, der Verantwortung für Alma und vor allem für seine Kinder (siehe Szene bei den Schaukeln und an Thanksgiving)
IM VERGLEICH
tun sich Männer nur deshalb viel schwerer damit Gefühle zuzulassen und zu zeigen, weil die Gesellschaft ihnen suggeriert das man das als Junge nicht darf. Wenn man zu einem wilden Mädchen sagt, an ihm ist ein Junge verloren gegangen oder es wäre wie ein Junge ist das fast schon so was wie ein Kompliment. Sagt man zu einem sanftem Jungen er wäre wie ein Mädchen ist das eine Beleidigung. Und auch in dieser Diskussion mit dir schimmert das ein wenig durch und ich finde es ziemlich krass bei schwulen Männern die sich vehement dagegen wehren die Frau in der Beziehung zu sein. Was aber ist schlimm daran wie eine Frau zu sein als Mann? Sind wir Frauen Menschen zweiter Klasse?
Mich ärgert das immer ganz maßlos. Böse

Mal ganz kurz OT zu diesem Thema. Manche schwule Männer sind schlimmere Machos als jeder ihrer heterosexuellen Geschlechtsgenossen. Während heterosexuelle Männer immer mehr ihre "weibliche" Seite zulassen, wehren sich schwule Männer mit Händen und Füßen dagegen und pochen immer wieder darauf das sie MÄNNER sind. Sorry aber ich finde das nervig sexistisch, ehrlich, und das hat mich bei Prinz Charmin soooo aufgeregt. Da gab es diesen Manuel, der Typ der da als Dragqueen rumgetanzt ist. Der sagt er kann ja nichts dafür das er eine hohe Stimme hat aber er möchte doch dennoch als MANN gesehen werden. Der hat sich Glitzer ins Gesicht geklebt und hatte hellblaue Federn auf dem Rücken, ist rumgetänzelt und hat beim Gehen mit dem Ar...Pfeffer gemahlt...der war weiblicher als jede Frau die ich kenne. Wieso kann man denn dann nicht einfach zu stehen und sagen: "Ja ich bin hier das Weibchen und ich finde es schön die Frau zu sein" Was ist denn so schlimm daran.

FAZIT
Im Prinzip hat jeder Mensch "weibliche" und "männliche" Eigenschaften in sich...unabhängig vom Geschlecht hat man von dem einen mehr und von dem anderen weniger und in einer Beziehung sehe ich immer dann eine schöne Harmonie wenn Menschen sich ausgleichen.
Insbesondere gefällt mir die Konstellation, jemand braucht Zärtlichkeiten und jemand gibt sie und das ordne ich auf gar keinen Fall Männern oder Frauen oder schwulen Männern zu. Ich habe in jungen Jahren selber vermehrt Männer gesucht die ganz verrückt danach waren, von mir Zärtlichkeiten zu bekommen, weil ich die Liebe dann immer so intensiv fand. Das hatte nur den Nachteil das sie sich dann auch extrem an einen geklammert haben und ich war mental gesehen einfach kein Fels in der Brandung und bin damit irgendwann nicht mehr zurecht gekommen, das endete immer im Desaster. Mit Herrn Kessi habe ich dann jemanden geheiratet der ganz und gar nicht so war sondern eher der Fels in meinem Leben. smile Jetzt gucke ich mir so was nur noch in Filmen an und schmachte da mit...und da ich heterosexuelle Liebesfilme nicht mag, mag ich primär schwule Konstellationen bei denen das so der Fall ist.
Das ich Ennis und Jack so sehe, ist natürlich auch einfach ein Stück weit erst mal unwillkürliches Empfinden, das will ich ja gar nicht abstreiten. Dann fragt man sich aber wieso man das so empfunden hat und warum einen andere schwule Paarungen hingegen emotional kalt lassen und das lässt sich ja meistens auch begründen. smile

Zitat:
Kann man so machen. Man kann dabei auch anderes unterschlagen, was nicht so ins Bild zu passen scheint, z.B. dass Ennis besser Kochen kann


Ich denke die konnten beide nicht kochen. Fähigkeiten sind ja anerzogen und bei Ennis war es wohl eher so das man die Rollenteilung aufrecht erhalten hat, den hat mit Sicherheit seine Mutter nicht in die Küche geschleppt damit er mal was lernt, den hat Vater mit in den Stall genommen und Ennis Schwester war dann bei Mama mit in der Küche. Und auch wenn sich Jacks Vater um Jack nicht gekümmert hat, hat diese Lücke nun nicht Jacks Mutter ausgefüllt, dazu war auch bei denen das Verständnis der Rolle von Mann und Frau ein sehr konservatives. Jack hat dann einfach gar keiner was bei gebracht und er hat sich das mehr schlecht als recht alles selber angeeignet.
Aber natürlich wächst der Mensch auch immer mit seinen Aufgaben und um nicht zu verhungern haben die notgedrungen was machen müssen...naja die haben ja da keine Menüs gekocht sondern nur ein paar Eier und Kartoffeln, das kann man ja nicht "kochen" nennen. Fettes Grinsen
Bratkartoffeln und Ei ist eh was, was wohl jeder Mann hin kriegt, DAS kann selbst Herr Kessi kochen. Rolleyes

Zitat:
auch zärtlich ist


Ja und das finde ich ja auch immer so "bauchkribbelschön" smile
Ennis ist ja auch so einsam, weil er keine Familie hat und dann ist ja Jack immer sooo lieb. Natürlich will Ennis auch Zärtlichkeiten von Jack haben...der traut sich das nur viel weniger anzunehmen weil in Ennis Wertebild haben Männer ja stark zu sein. böse
Das ist sowieso ein blödes Erziehungskonzept für einen Jungen aber die haben das ja damals so gemacht.

Zitat:
auch AV mit VV gleichsetzen und dadurch Jack den weiblichen Part unterschieben


Ja das ist auch wieder so eine Sache bei der ich platzen könnte. Die Frage an ein schwule Paar wer von ihnen die Frau ist, bedeutet bei den meisten Leuten ja nichts anderes als wer penetriert und wer penetriert wird, was bei heterosexuellen Paaren biologisch bedingt ja automatisch Frauen und Männern zugeordnet wird. Fragt man statt dessen wer der aktive Part und wer der passive Part ist in einer schwulen Beziehung oder wer top ist und wer bottom, kriegt man bei sexuell offenen homosexuellen Männern promt eine Antwort und die sind da keineswegs angefressen (siehe Prinz Charming) aber wehe du fängt damit an das einer von ihnen eine Frau ist, da ticken die aus. Ich finde das langsam echt diskriminierend. Böse

Zitat:
und auszublenden, dass Ennis ja seine Familie auch nicht ernähren kann (siehe Zitat Alma, die keine Kinder mehr von ihm will).


Das hat Ennis Vater ja auch schon nicht gekonnt.
Das lag aber nicht daran das sie, im klassischen Sinne gesehen, keine "Männer" waren sondern ganz im Gegenteil. Die Steinzeit war vorbei und der steinzeitliche Jäger war eine aussterbende Spezie...Zeit sich also ein paar "weibliche" Eigenschaften zuzulegen wie Geschäftstüchtigkeit, diplomatisches Verhandlungsgeschick, Koordinationsfähigkeit.
Ennis hat sich damit extrem schwer getan...der blieb bei seinen Rindern und hat von anderen Jobs nichts wissen wollen. Der kommunikativere Jack hingegen findet Arbeit als Verkäufer.
Was Alma will ist das sich Ennis vom steinzeitlichen Jäger weg bewegt hin zu einem Job im E-Werk aber der will ja partout nicht.
Ennis ist für mich ja nicht ohne Grund der Prototyp des steinzeitlichen Jägers...den ganzen Tag in der Natur, mit dem Viehzeug und einem Gewehr im Sattel...Abends ins Feuer starren und tagelang mit niemanden reden. Rolleyes

Zitat:
und da sehe ich eben nur zwei Männer agieren und nichts "Weibliches" dabei.


Mich würde mal interessieren was du als weiblich definierst und ob du ganz genau diese Eigenschaft/Fähigkeit dann auch in dir selber wieder findest. Wenn du da an Stelle von Jack oder Ennis gesessen hättest, was wäre denn da so viel anders gewesen.
Oder wenn Ennis beispielsweise Lureen an seiner Seite gehabt hätte, der traue ich sogar zu das die Ennis bei dem Elch nicht gebraucht hätte. Fettes Grinsen

Zitat:
Auch das sehe ich anders. Paranoia ist eine Persönlichkeitsstörung


WOW Blink
Ich habe das Wort jetzt nur im engeren Sinn der Definition benutzt und da bedeutet es lediglich "wider dem Verstand"

Zitat:
Matthew Shepart wurde 1998 im Zuge eines „Hate Crime“ in Wyoming bestialisch ermordet


Ich habe doch aber nie bestritten das es Gewalt gegen Schwule gegeben hat und auch heute noch gibt. Aber deshalb in allem eine Bedrohung zu sehen, in einem zufällig vorbei fahrendem Auto, in allen seinen Nachbarn und aus der Schilderung eines einfachen Unfalls sofort einen Hassmord zu konstruieren das hat nichts mehr mit realer Bedrohung zu tun, da redet man sich eine Bedrohung ein die überhaupt nicht vorhanden ist.
Sicherlich Matthew Shepart ist ermordet wurden aber tausend andere Schwule in dieser Zeit nicht, sicherlich jeden Tag sterben auf den Straßen Menschen aber tausende kommen heil zu Haus an. Wenn du immer vom schlimmsten Fall ausgehst dann kannst du morgens dein Haus nicht mehr verlassen.

Zitat:
In BBM werden die Mörder von Earl gar nicht zur Rechenschaft gezogen


Wie gesagt bestreitet ja niemand das es Menschen gibt die zu Mördern werden aus welchen Gründen auch immer. Das ist doch völlig naiv zu glauben das es keinen Kriminalität geben würde nur weil das Gesetz das verbietet. Aber natürlich hat aber auch eine konsequente Durchsetzung von Gesetzen die Folge das sich die Anzahl der Straftaten verringert. Es ist doch ein gewaltiger Unterschied ob ich für etwas bestraft werde oder nicht. Zumindest ist es doch ein triftiger Grund das dann vielleicht doch nicht zu machen.

Der Mord an Earl ist fiktiv und seine Daseinsberechtigung in dem Buch ist die, Ennis Trauma zu erklären das dazu führt das er ein Zusammenleben mit Jack strikt ablehnt auch wenn er damit totunglücklich wird. Er ist quasi die Grundlage für den tragischen Verlauf der Geschichte.
Ob und wie der Mord an Earl jetzt aufgeklärt wurde, das kommt in dieser Geschichte nicht vor, das ist auch nicht relevant dafür.

Zitat:
und sich darauf zu berufen, dass die Mörder dann ja bestraft werden, wenn sie mich als Schwulen ermorden, ist meines Erachtens keine Beruhigung für jemanden, der Angst davor hat so einem Verbrechen zum Opfer zu fallen.


Ja das ist dann die Frage was du für ein Leben führst wenn du vor Dingen Angst hast die EVENTUELL passieren könnten.

Darum geht es aber in der Geschichte an und für sich gar nicht...es geht vielmehr darum das Ennis in der Gesellschaft in der er gelebt hat, kein positives Bild von Homosexualität bekommen hat. Man hatte eine ganz bestimmte Vorstellung davon wie ein Mann sein sollte und Ennis wollte dem entsprechen und er hat dem auch entsprochen außer das er an statt Alma Jack geliebt hat. Mit dem was er zu seiner Zeit über schwule Männer in den Medien mitbekommen hatte, konnte er sich nicht identifizieren, konnte er Earl und Rich nicht identifizieren und weil er das nicht einordnen konnte, hat er das einfach verdrängt. Das hat die Angst dann auch so übermächtig gemacht, weil er das natürlich nicht verarbeiten konnte, weil er das nirgendwo eingeordnet hat und für sich begründen konnte...das hing einfach alles in der Schwebe. Jack war reflektierter damit, was dran lag das er auf Grund dessen was er erlebt hatte, dieses Männlichkeitsbild hinterfragt hat. Er hat für sich entschieden das er anders war als sein Vater und dem wollte er nicht nacheifern...das ist ja das worauf ich mich beziehe.

Meiner Meinung nach ist das was die Geschichte ausmacht primär in Ennis Kopf und weniger tatsächlich real. Ennis hat das nicht ändern können, weil er niemanden gehabt hat, der ihm dabei geholfen hätte der Mensch zu werden der er hätte sein müssen um diese Fähigkeit zu haben.
Aus Ennis Phobien jetzt die amerikanische Realität zu konstruieren finde ich aus dem Grund wenig hilfreich und ich denke auch das ein reflektierter Mensch in ganz genau diesen Verhältnissen hätte leben können ohne jedes seiner Bedürfnisse konsequent unbefriedigt zu lassen. Er wäre in der Lage gewesen die Bedrohung real einzuschätzen, was durchaus bedeutet vorsichtig zu sein...aber eben nicht so dermaßen übertrieben wie Ennis es war.



Geschrieben von AngLee am 07.01.2020 um 16:47:

 

Kessi, ich drücke mich vor einer Antwort, weil du so ausschweifend geschrieben hast und ich nicht zu emotional auf die eine oder andere Aussage von dir reagieren will. Ich brauche erst wieder etwas Struktur, worüber wir hier reden. Meiner Meinung nach sind es grundsätzlich zwei Dinge:

*) Ist Ennis´Angst unbegründet, realitätsfern übersteigert?
und
*) ist es legitim, bestimmte Eigenschaften, Verhaltensweisen, etc als "männliche" und "weibliche" zuzuordnen und zu benennen.

Das sind zwar zwei Themen, die für uns im Zusammenhang standen (ist Ennis´Angst unmännlich?), die aber im Grunde separat zu behandeln sind.
Ich will hier zunächst auf den zweiten Punkt eingehen, in dem es um "männliche" und "weibliche" Zuordnungen geht.

Zitat:
Original von Kessi
Um das noch mal genau zu definieren:
Wenn ich hier von typisch "weiblichen" und typisch "männlichen" Eigenschaften spreche, dann meine ich natürlich Eigenschaften die Menschen mit einem extrem konservativen Rollenverständnis einem Mann bzw. einer Frau zuordnen. Diese Menschen halten in der Regel diese Eigenschaften für biologisch determiniert quasi in unseren Genen verankert.
Diese Meinung teile ich aber nicht. Ich vertrete die Meinung das diese Charaktereigenschaften/Fähigkeiten Produkte der Erziehung sind.

Wenn ich das richtig verstehe, dann ordnest du Erziehungsprodukte den Verhaltensweisen "männlich" und "weiblich" zu und obwohl du im selben Absatz beteuerst, dass sie aus einem extrem konservativen Rollenverständnis stammen, wendest du sie auf Ennis und Jack an. Weil... und jetzt bekomme ich einen Knoten ins Hirn.....dieses Rollenverständnis aufgrund gesellschaftlicher Prägungen existiert, eben nur nicht angeboren ist.
Und das hinterfragst du nicht, sondern wendest es an, vertiefst es dadurch noch mehr, so dass du nun selbst zum gesellschaftlich Prägenden wirst.
Ist das nun ein Teufelskreis oder bist du davon überzeugt, dass diese (gesellschaftlich geprägten) Rollenzuweisungen notwendig sind und verteidigst sie deshalb?

Zitat:
Original von Kessi
Zitat:
und da sehe ich eben nur zwei Männer agieren und nichts "Weibliches" dabei.


Mich würde mal interessieren was du als weiblich definierst und ob du ganz genau diese Eigenschaft/Fähigkeit dann auch in dir selber wieder findest. Wenn du da an Stelle von Jack oder Ennis gesessen hättest, was wäre denn da so viel anders gewesen.
Oder wenn Ennis beispielsweise Lureen an seiner Seite gehabt hätte, der traue ich sogar zu das die Ennis bei dem Elch nicht gebraucht hätte. Fettes Grinsen

Dazu erst mal zwei Fragen: würdest du Lureen jetzt "männliche" Eigenschaften zuordnen? Und... warum soll ich jetzt Ennis oder Jack ersetzen? Und wen sollte ich ersetzen? Das könnte mal der eine, mal der andere sein, aber nicht aufgrund meiner Weiblichkeit. Das Zelt hätte ich mit Sicherheit gerade aufgestellt, was aber wohl an jahrelanger Zelterfahrung und damit Übung liegt, nicht an den "männlichen" Elementen in mir. *lol

@ was ich als weiblich definiere, was ich auch in mir wiederfinde:
Das sind Eigenschaften, die sich anatomisch/physiologisch begründen lassen. Der Besitz der weiblichen Geschlechtsorgane gehört dazu, sowie die Einwirkung der Hormone, die z.B. zu Stimmungsschwankungen führen, weshalb ich an manchen Tagen etwas empfindlicher bin als an anderen. Eine weibliche Gehirnstruktur, wodurch ich z.B. nicht so ein räumliches Vorstellungsvermögen habe, mich anders orientiere, Probleme anders angehe als (m)ein Mann, Probleme z.B. mehr analysiere und natürlich mehr darüber rede. Das heißt nicht, dass ich mehr rede als mein Mann, sondern anders. Nicht so lösungsorientiert. Vielleicht ist mein Brutpflegetrieb mehr ausgebildet und ich sehe mehr Gefahren (die Sorge um das Kind hört nie auf), bin also besorgter.
Natürlich koche, wasche und putze ich mehr, aber das sind erlernte Fähigkeiten, die ich vielleicht schon meiner Rolle ausübe, die ein Mann aber genau so könnte, wenn er es einübt. Das zähle ich nicht zu "weiblich".
Es ärgert mich nur immer maßlos, wenn ich solchen Zuweisungen entsprechen soll. Wenn mir jemand vorschreiben will, wie ich zu sein habe, weil ich eine Frau bin auch wenn es vielleicht gar nicht meinem Charakter entspricht. Wenn ich mich nicht entsprechend verhalte, bin ich dann nicht weiblich?
Es sind Eigenschaften, die man auf Frauen als "weiblich" projeziert ohne physiologische Grundlagen. Ich streite ja nicht ab, dass sich Frauen damit identfizieren, aber wenn sowas als "weiblich" gilt.....

Zitat:
Original von Kessi
Der hat sich Glitzer ins Gesicht geklebt und hatte hellblaue Federn auf dem Rücken, ist rumgetänzelt und hat beim Gehen mit dem Ar...Pfeffer gemahlt...der war weiblicher als jede Frau die ich kenne.

... dann bin ich nicht weiblich, aber was bin ich dann???
Und.... wenn man Weiblichkeit steigern kann, was wäre für dich die höchste (also perfekte) Form von Weiblichkeit?

Und wenn ich mir jetzt so anschaue, was du an Jack "weiblich" findest, dann sind das zum einen gesellschaftlich festgelegte Rollenzuweisungen (hattest du ja auch so definiert) und zum anderen kann man die Situationen auch anders deuten. In der schläfrigen Umarmung zum Beispiel ist Ennis für mich eindeutig der Zärtlichere, Umsorgende, der Jack ins Bett schickt, weil er ja schon im Stehen schläft, während du ihn als "männlichen" Beschützer siehst. Jack mag mehr reden als Ennis (redet er im Film wirklich mehr???), aber erfahren wir etwas darüber, über was und wie er redet? Über´s Bullenreiten. Klar. großes Grinsen
Eine Männergruppe, die nicht redet, habe ich noch nie erlebt, im Gegenteil.
Und ob man gesellschaftlich zugewiesene Rollen jetzt auf diese Weise weiter festigen sollte, habe ich ja oben schon infrage gestellt.

Und dann der Sex.... das ist wohl eine Sache, in der wir uns beide aufregen.

Zitat:
Original von Kessi
Ja das ist auch wieder so eine Sache bei der ich platzen könnte. Die Frage an ein schwule Paar wer von ihnen die Frau ist, bedeutet bei den meisten Leuten ja nichts anderes als wer penetriert und wer penetriert wird, was bei heterosexuellen Paaren biologisch bedingt ja automatisch Frauen und Männern zugeordnet wird. Fragt man statt dessen wer der aktive Part und wer der passive Part ist in einer schwulen Beziehung oder wer top ist und wer bottom, kriegt man bei sexuell offenen homosexuellen Männern promt eine Antwort und die sind da keineswegs angefressen (siehe Prinz Charming) aber wehe du fängt damit an das einer von ihnen eine Frau ist, da ticken die aus. Ich finde das langsam echt diskriminierend. Böse

Die Zuweisung der Rolle "weiblich" bedeutet doch zugleich "nicht-Mann", denn ich kann nur eines sein, wenn ich nicht divers bin und das ist schlichtweg falsch. Das hat auch gar nichts damit zu tun, dass man nicht über Sex reden mag, sondern es stellt die Identität falsch dar. Das hat auch nichts mit Diskriminierung zu tun, dass man um Himmels Willen nicht weiblich sein will, sondern dass man schlicht nicht weiblich ist, auch wenn man in dem Moment nicht selbst penetriert, man könnte es aber, was ein gravierender Unterschied zur Weiblichkeit ist (siehe anatomisch/physiologische Grundlagen). Augenzwinkern
Ich persönlich finde, dass wir uns eher von den Geschlechterrollen Zuweisungen lösen sollten, statt sie zu pflegen.

Und bevor ich mich jetzt doch wieder aufrege, möchte ich zum Schluss noch einen Artikel verlinken, den mir ein schwuler Freund mal geschickt hat, als ich noch genau in dieser Rollenzuweisungsphase gesteckt habe. Ich hab das hier bestimmt schon mal an einer anderen Stelle getan, aber er ist einfach zu gut. Besonders die Pointe. großes Grinsen

Wer in meiner schwulen Beziehung die Frau ist.



Geschrieben von Kessi am 08.01.2020 um 02:59:

 

@Ang

Zitat:
Dazu erst mal zwei Fragen: würdest du Lureen jetzt "männliche" Eigenschaften zuordnen?


Aber na klar...Lureen ist taff. Sie kann reiten sie kann sicherlich auch schießen. Sie weiß was sie will. Wartet nicht artig ab bis man sie anspricht sondern schnappt sich von sich aus den Kerl der ihr gefällt und sie ist es auch die beim Sex oben liegt und "sagt" wo es lang geht.
Sie ist erfolgreich in ihrem Job und Jack kann sich um die Schule und den Jungen kümmern, bis der sich beschwert und meint sie könne auch mal was machen. Bei denen beiden sind die Rollen sowieso vertauscht, da hat eindeutig Lureen die Hosen an.

Nicht so Alma...Alma ist das typische Weibchen. Sie setzt sich nicht durch, lässt im Bett alles mit sich machen was ihrem Mann gefällt obwohl sie das ganz und gar nicht mag. Anfänglich ist sie zu Hause und kümmert sich um Haushalt und Kinder und mehr schafft sie auch nicht. Alma erwartet von Ennis das er sie ernährt und sie wirft ihm vor das er das nicht kann. Eigentlich WILL sie nicht arbeiten gehen, so wie Lureen, aber sie muss, weil sie sonst die Rechnungen nicht bezahlen können.

Also wenn ich mir Alma und Lureen jetzt auf dem Brokeback vor stelle, dann hätte definitiv Lureen den Elch geschossen und Alma hätte die Eier gebraten...und wenn die Sex hätten, dann wäre sicherlich auch Lureen die aktive und Alma die passive.

Diese Eigenschaften haben mit dem Geschlecht doch gar nichts zu tun...es ist nur einfach so das die taffe Lureen selbst dann noch gut weg kommt wenn man von ihr sagt sie ist so wie ein echter Kerl. Die Frau hats geschafft, die schlägt die Kerle mit ihren eigenen Waffen denkt man sich da und hegt Bewunderung für diese Frau.
Die sanfte und nachgiebige Alma, hingegen wird immer ein wenig mitleidig betrachtet...Bewunderung für Alma hegt niemand.

Zitat:
Wenn ich das richtig verstehe, dann ordnest du Erziehungsprodukte den Verhaltensweisen "männlich" und "weiblich" zu und obwohl du im selben Absatz beteuerst, dass sie aus einem extrem konservativen Rollenverständnis stammen, wendest du sie auf Ennis und Jack an. Weil... und jetzt bekomme ich einen Knoten ins Hirn.....dieses Rollenverständnis aufgrund gesellschaftlicher Prägungen existiert, eben nur nicht angeboren ist. Und das hinterfragst du nicht, sondern wendest es an, vertiefst es dadurch noch mehr, so dass du nun selbst zum gesellschaftlich Prägenden wirst. Ist das nun ein Teufelskreis oder bist du davon überzeugt, dass diese (gesellschaftlich geprägten) Rollenzuweisungen notwendig sind und verteidigst sie deshalb?


Wie gesagt, was ich nicht mag ist die Negativbelegung des Wortes "weiblich"
...und aus dem Grund verwende ich das Wort auch, weil ich es weder abwertend noch als Beleidigung empfinde und es entmännlicht einen Mann auch biologisch gesehen in keinster Weise. Selbst wenn sich ein Mann dazu entschließen sollte, die komplette klassischen Rolle der Frau einzunehmen in einer Beziehung, sowohl sexuell (also den passiven Part übernimmt) als auch gesellschaftlich (er putzt und kocht, zieht die Kinder groß und hat einen Partner als Hauptverdiener) ist das in meinen Augen ganz toll.
Und wieso soll es denn nicht auch bei schwulen Männern die klassische Rollenteilung geben, wenn beide Partner das wollen. Und die Rolle der Hausfrau und Mutter ist nun mal weiblich determiniert, da wird man um die entsprechende Assoziation nicht drum rum kommen.

Genau genommen ist aber das weiblich und männlich bei den Eigenschaften falsch, weil sie mit dem Geschlecht nichts zu tun haben. Das hat sich in der Gesellschaft so eingebürgert und darum assoziiert man das halt so. Sind halt nur Worte.

Zitat:
Eine Männergruppe, die nicht redet, habe ich noch nie erlebt, im Gegenteil.


Ja klar...weil Männern nämlich dem Männerbild auch bloß nicht durchgehend entsprechen. Die tratschen schlimmer rum als manche Frauen. Ich sag doch das sind einfach nur Eigenschaften. Tratscherei wird aber Männern im klassischen Sinne nicht zugeordnet. Wäre von daher also keine männliche determinierte Eigenschaft. Das die die trotzdem haben, zeigt ja das das alles Quatsch ist.

Zitat:
Jack mag mehr reden als Ennis (redet er im Film wirklich mehr???)


Ja klar. Ennis sagt doch zu Jack, als er mal ein paar Worte mehr von sich gibt, so viel wie eben hätte er in der ganzen Woche nicht geredet und Jack erwidert so viel wie eben hätte er im ganzen Monat nicht geredet. Fettes Grinsen

Zitat:
aber erfahren wir etwas darüber, über was und wie er redet?


Jack erzählt immer Geschichten bei denen er reichlich ausschmückt und ein wenig dabei angibt. Die Geschichte mit dem Rodeo und die mit der Frau vom Nachbarn wo Lureen auf ihn schießt und Ennis fühlt sich bestens unterhalten und schmuzelt vor sich hin.
Das hat jetzt nichts zwingend was Weibliches, Jack ist da mehr so wie in kleiner Junge. Kinder schneiden auch immer ein wenig auf. Und Ennis ist da der Papa der sich das mit einem milden Lächeln alles anhört.

Zitat:
In der schläfrigen Umarmung zum Beispiel ist Ennis für mich eindeutig der Zärtlichere, Umsorgende, der Jack ins Bett schickt, weil er ja schon im Stehen schläft, während du ihn als "männlichen" Beschützer siehst.


Hier sehe ich auch wieder die Kind/Vater Konstellation. Ennis reagiert ja auf den schlafenden Jack mit einem Ritual das er von seiner Mutter kannte als er klein war.
Man ist ja nie schutzloser als im Schlaf und wenn dich dann jemand in seine Arme zieht, dich hin und her wiegt und dabei ein Schlaflied summt das er aus seiner Kindheit kennt...also beschützender geht meiner Meinung nach gar nicht. smile

Zitat:
Ich persönlich finde, dass wir uns eher von den Geschlechterrollen Zuweisungen lösen sollten, statt sie zu pflegen.


Gut dann versuche ich es mal anders. Ich finde schwule Beziehungen dann besonders bauchkribbelschön wenn ein Mann bei dem anderen den Beschützerinstinkt aktiviert. Wie der kindlich naive Jack der so quirlig und voller Ideen ist und dem immer alles ein wenig schief geht. Und als Gegenpol hat er dann den ruhigen, besonnen Ennis der so ein Kümmerer ist und mit einem übermäßig großen Beschützerinstinkt ausgestattet ist.
Und ich finde es dann auch noch zusätzlich passend wenn der mit dem Beschützerinstinkt die aktive Rolle beim Sex übernimmt und der der beschützt wird die passive Rolle.
Ist absolut nicht in jeder schwulen Paarung der Fall aber wo es so ist, gefällt mir das eben ganz besonders.
Und klar, will der Beschützer natürlich auch die Zärtlichkeit und Liebe des anderen...der kann auch ruhig ein wenig Sehnsucht haben und sich Dinge wünschen und auch weinen wenn er das Gefühl hat er wird verlassen, so wie das Viktor bei Yuri on ice gemacht hat. unsicher
...und natürlich Ennis als er schwört böse

@Artikel

Zitat:
Was ich schon lange mal fragen wollte: Wer ist eigentlich bei euch die Frau?“


Ja mein Gott, das sind alte Leute. Die haben halt noch dieses klassische Rollenverständnis und versuchen das halt in die Muster einzuordnen die sie kennen. Die hat damit wahrscheinlich überhaupt nichts konkretes gemeint, die hat einfach nur nach etwas Bekanntem gesucht um etwas ihr Unbekannte einordnen zu können.

Zitat:
Dann stieg ich irritiert und sauer hinauf in meine Wohnung.


Na das hat aber jetzt auch keine Verhältnismäßigkeit mehr. Ich meine die hat das ja überhaupt nicht böse gemeint und es ist doch erst mal schön das sie die beiden Männer als Paar annimmt. Also da frag ich mich jetzt wirklich wer hier der Tolerantere von den beiden ist. Rolleyes

Zitat:
Was ich sie schon lange mal fragen wollte: Welche ihrer Katzen ist eigentlich mehr so der Hund?


Könnte ich jetzt allen Ernstes beantworten. Es gibt in der Tat Katzen die kommen wenn du sie rufst oder die laufen an deiner Seite mit dir mit wenn du irgendwo hin gehst...hatten wir auch schon. Machen Katzen aber normalerweise nicht, die ignorieren dich in der Regel gepflegt.
Das ist hier ganz genau das gleiche...auch bei Tieren ist es so das die unterschiedliche Eigenschaften haben und manchmal gleichen die eben dem Wesen von anderen Tieren. Meine Tochter sagt immer ihre Katzen sind Schafe, weil die wie verrückt das Katzengras abgrasen. Fettes Grinsen

Zitat:
Das hat auch nichts mit Diskriminierung zu tun, dass man um Himmels Willen nicht weiblich sein will, sondern dass man schlicht nicht weiblich ist, auch wenn man in dem Moment nicht selbst penetriert, man könnte es aber, was ein gravierender Unterschied zur Weiblichkeit ist (siehe anatomisch/physiologische Grundlagen).


Das macht irgendwie keinen Sinn. Ich meine wenn ich denke das einer von beiden eine Frau ist im biologischem Sinne, dann halte ich die Leute doch überhaupt nicht für ein schwules Paar sondern für ein heterosexuelles und würde logischerweise die Frage überhaupt nicht stellen.
Meiner Meinung nach gibt es zwei Möglichkeiten auf die Frage vernünftig zu reagieren.
Entweder ich finde es vermessen das man mich nach so intimen Dingen fragt...dann beantworte ich die Frage nicht oder ich bin so locker drauf das ich das anderen erzählen will, dann sage ich entweder ich bin der Mann oder ich bin die Frau oder wir wechseln uns ab...ich weiß nicht wo das der Unterschied ist ob ich sage ich bin bottom oder ich bin passiv oder ich bin die Frau, an der Aussage ändert sich doch nichts. Die glauben doch hinterher nicht wirklich das ich biologisch gesehen eine Frau bin. Und das ich als biologischer Mann auch penetrieren könnte wenn ich das müsste, ist denen auch klar...die wollen nur wissen ob ich es schöner finde das zu tun oder ob ich das lieber mit mir machen lasse.
Ich kann jetzt nicht so ganz nachvollziehen was so schlecht daran ist, die Freuden einer Frau genießen zu wollen Fettes Grinsen



Geschrieben von lundi96 am 08.01.2020 um 13:24:

 

Zitat:
Original von Kessi
Nicht so Alma...Alma ist das typische Weibchen. Sie setzt sich nicht durch, lässt im Bett alles mit sich machen was ihrem Mann gefällt obwohl sie das ganz und gar nicht mag. Anfänglich ist sie zu Hause und kümmert sich um Haushalt und Kinder und mehr schafft sie auch nicht...

Die sanfte und nachgiebige Alma, hingegen wird immer ein wenig mitleidig betrachtet...Bewunderung für Alma hegt niemand.


Und doch ist gerade die "durchsetzungsschwache" Alma die einzige von allen, die ihr Leben in die Hand nimmt und etwas ändert, indem sie sich scheiden lässt und einen neuen Mann sucht. Alle vier sind ja mehr oder weniger unglücklich, aber drei davon lassen es einfach so weiter laufen - nur Alma nicht.

Meiner Meinung nach ist sie keineswegs schwach. Sie fügt sich nur in das Bild ein, das von ihr erwartet wird - entweder weil sie meint, es sei ihre Pflicht oder vielleicht sogar weil sie es möchte. Aber das macht sie nur solange, wie auch der andere seinen Part erfüllt. Sie versucht noch eine Weile Ennis auf Kurs zu bringen, aber als es nicht fruchtet, zieht sie die Konsequenzen und geht.



Geschrieben von AngLee am 08.01.2020 um 15:05:

 

Danke lundi, das ist wieder so ein Beispiel dafür, dass man Verhaltensweisen unterschiedlich empfinden und interpretieren kann, bei Ennis und Jack geht es mir ja ähnlich. großes Grinsen

Aber noch mal zum Thema "weiblich" und "männlich".
Kessi, ich denke, du hast da einen sehr guten Gedanken geäußert, nämlich...

Zitat:
Original von Kessi
Genau genommen ist aber das weiblich und männlich bei den Eigenschaften falsch, weil sie mit dem Geschlecht nichts zu tun haben. Das hat sich in der Gesellschaft so eingebürgert und darum assoziiert man das halt so. Sind halt nur Worte.


Zitat:
Original von Kessi
Diese Eigenschaften haben mit dem Geschlecht doch gar nichts zu tun...es ist nur einfach so das die taffe Lureen selbst dann noch gut weg kommt wenn man von ihr sagt sie ist so wie ein echter Kerl. Die Frau hats geschafft, die schlägt die Kerle mit ihren eigenen Waffen denkt man sich da und hegt Bewunderung für diese Frau.
Die sanfte und nachgiebige Alma, hingegen wird immer ein wenig mitleidig betrachtet...Bewunderung für Alma hegt niemand.


Ich stimme dir zu, dass diese Eigenschaften über die wir hier diskutieren nichts mit dem Geschlecht zu tun haben, dennoch ordnen wir sie Geschlechtern zu und viel schlimmer: wir bewerten sie auch. Hast du gerade selbst mit Lureen und Alma getan: die "männliche" Lureen ist taff und bekommt Bewunderung, das "typische Weibchen"(O-Ton Kessi) Alma bekommt keine Bewunderung, weil sie so passiv ist. Und damit sind "weiblich" und "männlich" nicht "nur Worte, sondern auch Wertungen.
Und warum machen wir diese Zuweisungen denn eigentlich? Es wäre doch viel sinnvoller, einfach die Eigenschaften zu benennen (wie du es dann auch getan hast) ohne jegliche stereotype Klassifizierung. Es sei denn, man will werten, was ich eben oft auch unterstelle, wenn man z.B. vom Schwulen als verweiblichtem Mann spricht. Damit will man nicht Eigenschaften umschreiben, sondern eine ganze Gruppe denunziieren. Um es jetzt mal ganz krass auszudrücken.

Und dann noch mal zum Sex:
Zitat:
Original von Kessi
Ich kann jetzt nicht so ganz nachvollziehen was so schlecht daran ist, die Freuden einer Frau genießen zu wollen Fettes Grinsen

Ein Mann kann nicht die Freuden einer Frau genießen, weil ihm dazu die anatomisch/physiologischen Vorraussetzungen fehlen.
Und weil ich gerade so in Fahrt bin: in diesem Fall hat die Zuweisung "weiblich" ja sehr wohl etwas mit dem Geschlecht zu tun. Was ich an dieser Zuweisung (Mann nimmt den weiblichen Part ein) aber ganz schrecklich finde, ist die Reduktion des Weiblichen auf "Loch".
Diese Reduktion hat ja sogar in der Technik Einzug gehalten, das hat mich neulich total vom Hocker gehauen: Es gibt weibliche und männliche USB Stecker. Wusstet ihr das?
Hier eine nette Erklrung:
Zitat:
Der männlich ist dann der Stecker und der weibliche die Buchse, wo der Stecker hineingesteckt wird.

Quelle

Das hat ja nun gar nichts mehr mit "weiblichen Freuden" zu tun. Dry



Geschrieben von Kessi am 10.01.2020 um 02:30:

 

@Lundi

Ich gehe mit dir konform das es zwischen Ennis und Alma einen Konsens gegeben hat was die Rollen in ihrer Beziehung angeht. Ennis wollte nicht das seine Ehefrau arbeiten geht, das kommt im Film ja deutlich rüber. Er wollte das sie seine Kinder bekommt und das Essen für ihn kocht. Alma wollte ebenfalls ganz genau so ein Leben führen. Sie wollte daheim mit den Kindern bleiben und ihm das Heim schön machen und hat im Gegenzug erwartet das Ennis genügend Geld mit nach Hause bringt um ihr ein schönes kleines Leben zu ermöglichen.
Ich gehe auch mit dir konform das Alma ihren Teil erfüllt hat, sie hat Ennis Kinder geboren, hat ihm ein gemütliches Heim eingerichtet, sein Essen gekocht usw. Und obwohl Ennis hart und viel gearbeitet hat, konnte er dennoch seinen Teil nicht erfüllen. Das Geld das er verdiente war so wenig das Alma gezwungen war mitzuarbeiten.

Was ich denke ist, das Ennis und Alma allerdings ein Stück weit diesem klassischen Rollenbild auch entsprochen haben, weil sie ein Stück weit dem gerecht werden wollten was die Gesellschaft von ihnen verlangt hat. Um eine freie Wahl treffen zu können, müssen aber auch die Voraussetzungen dafür gegeben sein und eine davon ist, sich gegen die Werte der Gesellschaft in der man lebt auflehnen zu können.

Hätte Alma das getan, hätte ich dir zugestimmt damit das sie ihr Leben in die Hand nimmt, das sie etwas ändert. Aber Alma verlässt ja Ennis aus dem Grund damit sie diesem gesellschaftskonformen Bild der Frau weiter entsprechen kann. Sie verlässt ihn damit sie ihr Leben ganz genau so wie es ist weiter führen kann. Und mit dem neuen Mann läuft es dann ganz genau so wie bisher...sie bekommt seine Kinder, sie macht ihm das Heim schön, nur das dieses mal der Mann seinen Part erfüllt und genug Geld bringt.

Zitat:
Alle vier sind ja mehr oder weniger unglücklich, aber drei davon lassen es einfach so weiter laufen - nur Alma nicht.


Ja aber was für einen Grund hätte den Lureen gehabt sich von Jack zu trennen? Lureen war Geschäftsfrau, sie wollte von sich aus arbeiten und mit Jack hat sie einen Partner gefunden der das akzeptiert hat. Das Jack sich auch um Bobbys Schulkram kümmert und das wahrscheinlich mehr als Lureen und das er von seinem Sohn Respekt verlangt vor der Hausarbeit seiner Frau (siehe Thanksgiving) zeigt das er Lureen als gleichwertigen Menschen neben sich betrachtet auch wenn sie eine Frau ist.
Mit einem Mann wie Ennis wäre Lureen nie klar gekommen und anders herum Ennis auch nicht mit einer Frau wie Lureen.

Das die Beziehung der vier was die Liebe und die Leidenschaft angeht nicht läuft ist ja verständlich, denn bei allem Respekt können die beiden Männer ja keine Frau so lieben wie sie eigentlich von ihrem Partner geliebt werden sollte.
Im Gegensatz zu Alma wusste aber Lureen die Ursache dafür nicht. Und im Gegensatz zu Alma hat sich Lureen primär auf ihren Beruf konzentriert und weniger auf ihre Familie. So verschwitzt sie beispielsweise Bobbys Schultermin um den Jack sie ja gebeten hatte weil er sich mit dem Lehrer festgefahren hatte ("ich meckere zu viel, der Lehrer kann mich nicht leiden, jetzt bist du dran")
Und fairerweise muss man auch sagen das Alma ganze sechs Jahre hin nimmt das ihr Mann sie betrügt und eigentlich erst dann geht als das Geld nicht mehr reicht.

Noch kurz ein paar Worte zur Wertung.
Natürlich fällt es einem aus MEINER Sicht schwer nachzuvollziehen das weibliches Verhalten bzw. Akzeptieren der klassischen Rollen impliziert das die Frau automatisch weniger Rechte hat als der Mann und das dann auch noch als gegeben akzeptiert. Aber ich stecke nicht in Almas Schuhen, sie hatte nie meine Voraussetzungen für ihr Leben und deshalb verurteile ich Alma nicht, wohl aber die Gesellschaft die solche Rahmenbedingungen für eine Frau geschaffen hat.
Für Lureen war es von Anfang an leichter, weil sie Bildung hatte und das ist Voraussetzung dafür sein Leben gestalten zu können, weil man die Möglichkeiten erkennt.
An dieser Hürde ist meiner Meinung auch Ennis gescheitert.

@Ang

Zitat:
Hast du gerade selbst mit Lureen und Alma getan: die "männliche" Lureen ist taff und bekommt Bewunderung, das "typische Weibchen"(O-Ton Kessi) Alma bekommt keine Bewunderung, weil sie so passiv ist. Und damit sind "weiblich" und "männlich" nicht "nur Worte, sondern auch Wertungen.


Also nicht ICH...die Gesellschaft bewertet so.
Und die Gesellschaft schafft ja leider auch die Rahmenbedinungen unter denen eine Wahl auch einfach gar nicht mehr möglich ist.

Zitat:
Es sei denn, man will werten, was ich eben oft auch unterstelle, wenn man z.B. vom Schwulen als verweiblichtem Mann spricht.


Ich glaube nicht das es jedes mal abwertend gemeint ist...die alte Frau in dem Artikel hat diese Absicht sicherlich nicht verfolgt aber...ja...ich gebe dir Recht. Es gibt natürlich Leute die das abwertend meinen und...ja...diese Abwertung ist sexistisch.
Nur ist die Art sich dagegen zu verteidigen eben ganz genau so sexistisch.
Mal ein Bsp.
Wenn jemand zu einem nicht Farbigen das N-wort sagt und als Reaktion auf diese Beleidigung kommt der Nichtfarbige dann damit wie reinrassig Weiß er doch ist, dann würdigt er alle Farbigen noch mehr ab. An statt sich massiv dagegen zu wehren zu einer diskriminierten Gruppe zu gehören sollte man sie lieber verteidigen.
Coole Antwort wäre beispielsweise: "Klar, ich bin die Frau. Ich kann dir übrigens auch gerne eine in die Fresse hauen, da kannst du dann mal dein Frauenbild korrigieren"
DAS fänd ich mal originell.

Noch mal ganz kurz was zu Ennis und Jack. Das ist mir eingefallen als Lundi die Beziehungen zu den beiden Frauen erwähnt hat.
Mit Lureen und Alma haben Ennis und Jack ja eigentlich Frauen gefunden die ihre Gegenstücke bilden und mit der Frau des jeweils anderen wären die auch nicht wirklich klar gekommen.
Ennis ist ziemlich stur in seinen Prinzipien und er wäre mit Jack nicht zurecht gekommen wenn der nicht ständig eingelenkt hätte. Das macht Jack bei Ennis und das macht der auch beim Vater von Lureen. Jack steckt alle Beleidigungen weg und versucht die Harmonie zu erhalten. Als ihm dann an Thanksgiving der Kragen platzt ist LD genau so perplex wie Ennis bei dem Streit am See, weil sie das einfach bei Jack nicht gewohnt sind. Am See lenkt Jack aber sehr schnell wieder ein und versucht das wieder so weit gerade zu rücken das sie sich nicht in Disharmonie trennen...aber es ist immer Jack der das macht.
Jack ist deeskalierend...auch als Ennis ihm auf dem Brokeback ein Veilchen verpasst, schlägt Jack nicht zurück. Das Ennis Lippe geblutet hat ist ja das Resultat einer eher lustigen Rauferei und aus Versehen passiert.

Zitat:
Und warum machen wir diese Zuweisungen denn eigentlich? Es wäre doch viel sinnvoller, einfach die Eigenschaften zu benennen (wie du es dann auch getan hast) ohne jegliche stereotype Klassifizierung.


Denkst du das man die Eigenschaft dann nicht ganz genau so abwertet auch wenn man sie anders benennt? Ich weiß nicht, ich bin immer ein großer Skeptiker von sich PC ausdrücken, weil ich nicht denke das es was nützt. Es sind ja die Gedanken und nicht die Worte, die zu Diskriminierung führen. Das ist wie mit dem N-Wort...wir haben jetzt Schaumküsse und Agatha Christies Krimi von den Zehn kleinen N....heißt jetzt "...und plötzlich war keiner mehr da" aber ob es dadurch weniger Rassismus gibt, wage ich zu bezweifeln.
Sachen abwertend zu benutzen das sollte nicht sein aber damit gar nichts mehr definieren zu können auch wenn man es überhaupt nicht abwertend meint, ist irgendwie anstrengend und manchmal auch echt albern. böse



Geschrieben von lundi96 am 12.01.2020 um 23:42:

 

Zitat:
Original von Kessi
Aber Alma verlässt ja Ennis aus dem Grund damit sie diesem gesellschaftskonformen Bild der Frau weiter entsprechen kann. Sie verlässt ihn damit sie ihr Leben ganz genau so wie es ist weiter führen kann. Und mit dem neuen Mann läuft es dann ganz genau so wie bisher...sie bekommt seine Kinder, sie macht ihm das Heim schön, nur das dieses mal der Mann seinen Part erfüllt und genug Geld bringt.

Aber genau das ist doch der große Unterschied. Wir können nicht wissen, ob Alma das typische Rollenbild anstrebt, weil die Gesellschaft ihr keine andere Wahl lässt oder weil sie gar nicht auf die Idee kommt, etwas anderes zu wollen oder weil dieses Leben zufällig genau das ist, das sie haben möchte. Dafür erfahren wir zu wenig über Alma. Fakt ist nur, dass sie – warum auch immer – ein Leben entsprechend diesem Rollenbild führen möchte und dass das mit Ennis mehr schlecht als recht funktioniert. Und somit lebt sie zwar mit Munroe theoretisch in der gleichen Rolle wie mit Ennis, aber praktisch ist ihr Leben doch jetzt viel besser. Vermutlich muss sie in der Ehe mit Munroe gar nicht arbeiten gehen oder wenn doch dann mit Sicherheit viel weniger und dadurch kann sie sich viel mehr um die Kinder und ihr Zuhause kümmern. Das macht für Alma ganz offensichtlich einen großen Unterschied, denn mit Munroe bekommt sie ja sofort noch ein Kind, was sie mit Ennis abgelehnt hat. Da kann man doch nicht sagen, sie hätte nichts geändert, nur weil sie in dem gleichen Rollenbild bleibt. Zumal sie jetzt auch einen heterosexuellen Mann hat, der sie nicht mit einem Mann betrügt. Es wird im Film nicht explizit gesagt, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Ennis die Scheidung eingereicht hat. Er war doch vorher leidlich zufrieden und für ihn hat sich die Situation nach der Scheidung doch verschlechtert, wohingegen Alma vorher unzufrieden war und sich ihre Situation durch die Scheidung deutlich verbessert hat. Diese Verbesserung hat sie doch selbst aktiv herbeigeführt, völlig ungeachtet dessen, dass sie weiterhin in dem alten Rollenbild lebt.

Ich kenne übrigens durchaus auch heute noch Frauen, die ihr Leben genauso führen wollen, als reine Hausfrau und Mutter. Nur weil man heute die Möglichkeit hat, sein Leben anders zu gestalten, heißt es ja nicht, dass man von dieser Möglichkeit Gebrauch machen MUSS. Eine freie Wahl treffen zu können bedeutet auch, dass man sich genauso gut auch gegen neuere Lebensmodelle und für das alte Rollenbild entscheiden kann. Es spricht ja auch überhaupt nichts gegen das alte Rollenbild, wenn beiden Partnern das gefällt, problematisch wird es nur, wenn man es gegen seinen Wunsch übernehmen MUSS und keine andere Wahl hat.

Je mehr ich über Alma nachdenke, desto weniger passiv und nachgiebig finde ich sie übrigens. Sie wirkt sehr unscheinbar und verhuscht und man hat immer das Gefühl, sie schluckt alles und wehrt sich nie. Aber eigentlich stimmt das nicht. Sie hat schon ganz am Anfang durchgesetzt, dass sie in die Stadt ziehen, obwohl Ennis das eigentlich nicht wollte. Sie hat es auch nicht einfach so ins Blaue hinein vorgeschlagen, sondern hatte sich schon nach einer Wohnung umgesehen und eine gefunden. Es ist ja immer leichter, jemanden von etwas Konkreten zu überzeugen, wo man nur noch Ja sagen muss, als wenn erst noch eine aufwändige Suche vorangehen müsste und das war Alma offensichtlich auch klar. Und obendrein ist es einfacher, den Partner von etwas zu überzeugen, wenn man gerade im Begriff ist, miteinander zu schlafen Fettes Grinsen und der andere womöglich einwilligt, nur damit das Thema vom Tisch ist und sie zur Sache kommen können. Auch da kann man sich fragen, war der Zeitpunkt Zufall oder hat Alma das mit Berechnung gemacht.

In vielem ordnet sie sich tatsächlich unter, was offensichtlich ihrer Auffassung einer Ehefrau entspricht. Aber sie nimmt trotzdem nicht alles klaglos hin. Wenn ihr etwas nicht passt, sagt sie das auch. Sie versucht z.B. immer wieder, Ennis zu einer besseren Arbeit zu bewegen, kritisiert ihn also indirekt.

Sie stößt ihn darauf, dass er sein Angelzeug vergessen hat und zwar nicht mit einem freundlichen „Hey, vergiss Dein Angelzeug nicht“, sondern mit einem vielsagenden „Hast Du nicht was vergessen?“. Auch da schwingt Kritik mit und sie kontrolliert sogar heimlich, ob er seine Angel benutzt hat.

Als Jack das erste Mal kommt, hat sie eigentlich keineswegs vor, brav das Haus zu hüten und die beiden sich allein amüsieren zu lassen. Sie überlegt ganz selbstverständlich, dass sie sich einen Babysitter besorgt und mitkommt.

An dem Nachmittag der Kirchenveranstaltung fügt sie sich zwar letzten Endes Ennis Willen, aber macht schon klar, dass sie lieber dahin gehen würde und versucht Ennis doch noch zu überreden. Sie fügt sich also nicht kommentarlos seinen Wünschen, wie es dem Rollenbild der gehorsamen Ehefrau entsprechen würde, sondern macht ihm zumindest deutlich, dass sie es lieber anders gehabt hätte.

Wir wissen auch nicht, wie sie zu ihrem Job kam und seit wann sie den hat, aber auch da kann ich mir nicht vorstellen, dass Ennis gesagt hat, sein Gehalt reicht nicht, ob sie nicht mit arbeiten gehen könnte. Ich vermute eher, dass Alma auch hier die Initiative ergriffen und sich einen Job gesucht hat, weil sie die Kinder gut versorgen und auch selbst nicht hungern möchte. Und das hat sie sicherlich erst mal gegen Ennis Willen gemacht, denn auch das ist ja eine Kritik an ihm, dass er die Familie nicht ausreichend versorgen kann. Und als Ennis an dem einen Tag meutert, weil er möchte, dass sie zu Hause bei der Familie bleibt, statt arbeiten zu gehen, wird sie sogar sehr energisch und setzt sich offen gegen ihn durch. Sie wird tatsächlich auch laut und schreit zurück und drückt sogar Ennis aufs Auge, den Kindern das Essen zu servieren, was eigentlich ja – in ihrer beider Augen - zu ihrer Rolle gehört. Wenn er seinen Teil nicht richtig erfüllt, fühlt sie sich offenbar auch nicht mehr verpflichtet, ihrem Teil so ganz genau nachzukommen.

Und ganz entscheidend finde ich auch, dass sie es ist, die entscheidet, dass sie keine weiteren Kinder mehr haben werden. Verständlicherweise, denn ein weiteres Kind würde ja nur IHR noch mehr Arbeit machen, für Ennis wäre das wahrscheinlich kein so großer Unterschied. Trotzdem finde ich es schon erstaunlich, dass sie allein diese Entscheidung trifft und Ennis das hinnimmt. Und da Verhütung ja kein Thema zu sein scheint, bedeutet das für Ennis, dass von da an im Bett nichts mehr läuft. Kann natürlich sein, dass das für Ennis eine Erleichterung ist, aber im Zweifel ist Sex mit dem falschen Geschlecht für einen Mann vielleicht immer noch besser als gar keinen Sex bzw. nur 2-3 x im Jahr und über weitere Kinder hätte Ennis sich vermutlich schon gefreut. In jedem Fall ist es schon ein Schlag gegen die Ehre eines Mannes, wenn er sich von seiner Frau sagen lassen muss, dass sie keine Kinder mehr von ihm haben möchte. Alma macht da eine ganz schöne Ansage und ist da auch sehr entschieden, finde ich. Sie hat das Thema ja nicht mit ihm besprochen, sondern eigenständig die Entscheidung getroffen und setzt sie nun durch.

Ich fand es auch immer schon sehr ungewöhnlich und mutig, dass Alma Ennis an Thanksgiving auf Jack anspricht. Das Thema ist für sie doch eigentlich erledigt, sie ist weitergezogen und es spielt doch keine Rolle mehr in ihrem Leben. Wenn sie das gemacht hätte, als sie noch zusammen waren, hätte ich es eher verstanden, dann hätte das der Klärung der Situation dienen können und sie hätten ihre Beziehung neu aufstellen können. Natürlich verstehe ich, dass es während ihrer Ehe ein Risiko für sie war, dass Ennis dann vielleicht abhaut und sie allein mit den Kindern dasteht, aber an diesem Thanksgiving hat sie doch gar keinen Nutzen mehr von dem Gespräch. Es befriedigt vielleicht ihre Neugierde, aber sie riskiert damit auch die gute Beziehung zu Ennis, an der ihr ja offensichtlich etwas liegt, wenn sie ihn zum Thanksgiving einlädt. Sei es wegen der Kinder oder weil ihr selbst noch etwas an ihm liegt. Und in dem Zusammenhang finde ich es übrigens auch SEHR ungewöhnlich, dass sie ganz offensichtlich ihren Ehemann davon überzeugt hat, zu Thanksgiving ihren Ex-Mann einzuladen. Diese Idee kann doch auch nur von Alma stammen und zeigt auch wieder, dass sie sehr wohl weiß, was sie will und es auch erfolgreich an den Mann bringt. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass sowohl Munroe als auch Ennis im ersten Moment von der Idee nicht so begeistert waren, aber beide haben dann doch eingewilligt und es wurde so gemacht, wie Alma es wollte.

Zitat:
Original von Kessi
Ja aber was für einen Grund hätte den Lureen gehabt sich von Jack zu trennen?

Das fragst Du jetzt nicht ernsthaft, oder? Eine Firma erfolgreich führen ist doch nicht der Weg zum Glück. Lureen ist doch auch total unzufrieden und desillusioniert. Das zeigt sich doch schon an ihrem Äußeren. Von der fröhlichen, natürlichen, jungen Frau ist doch nichts mehr übrig, sie ist doch nur noch eine künstliche, aufgetakelte Fassade. Es hat doch einen Grund, dass gerade bei ihr die Optik so extrem – und zwar zum Negativem - verändert dargestellt wird. Wir wissen doch auch gar nicht, warum sie so viel arbeitet. Vielleicht läuft die Firma tatsächlich so gut und dann fällt natürlich viel Arbeit an. Vielleicht läuft sie aber auch ganz schlecht – es ist ja auch immer besonders viel Arbeit notwendig, wenn man ein marodes Unternehmen wieder auf Kurs bringen möchte. Oder sie arbeitet einfach so viel, um sich von ihrem trostlosen Privatleben abzulenken, um wenigstens im Job erfolgreich zu sein, wenn sie es privat schon nicht ist.

Ich sehe nämlich nicht unbedingt, dass Jack Lureen als gleichwertige Partnerin annimmt. Ich empfinde es eher so, dass Jack die Firma egal ist und damit ist ihm auch egal, ob Lureen da viel Arbeit reinsteckt oder nicht. Die Firma ist für ihn nur ein Mittel zum Zweck, um Geld zu verdienen und wenn er den Job nicht hätte, würde er sich einen anderen suchen. Er schätzt den Luxus, wenn er da ist, aber ich glaube nicht, dass er so viel Wert drauf legt, dass er nicht drauf verzichten könnte und würde. Er geht z.B. genau zu dem Zeitpunkt mit Ennis angeln, als die neuen Mähdrescher eintreffen und vorgeführt werden müssen und das, obwohl er der einzige Verkäufer ist. Lureen meckert deswegen zwar rum, aber sie verlangt nicht ernsthaft, dass er darauf verzichtet, weil sie weiß, dass er das sowieso nicht tun würde. Sie leben einfach nebeneinander her und jeder macht sein eigenes Ding und kommt dem anderen dabei nicht in die Quere. Das hat für mich nichts mit Akzeptanz zu tun, sondern mit Gleichgültigkeit. Auch bei der Szene mit Bobbys Lehrerin kommt das durch. Man kann doch nicht wirklich sagen, dass Jack sich um Bobbys Schulkram gekümmert hat. Im Gegenteil, er war davon ausgegangen, dass Lureen es gemacht hat und sie war davon ausgegangen, dass er es macht. Das ist doch auch wieder nur ein Beispiel dafür, wie wenig sie miteinander kommunizieren und voneinander mitbekommen.

Dass Lureen nicht zufrieden ist, nur weil Jack ihr Freiheiten lässt, merkt man doch daran, dass sie dauernd an ihm rumnörgelt. Bei der Veranstaltung mit Randall und LaShawn meckert sie, dass Männer nie mit ihren eigenen Frauen tanzen, als Jack seinen Parka sucht, meckert sie, dass er dauernd alles verlegt, sie meckert, dass Jack immer zu Ennis fährt und nie andersrum – vermutlich weil sie Jacks Arbeitskraft weniger lang entbehren müsste, wenn Ennis mal herkäme und auch als die Männer über Jacks Rodeokünste lästern, verteidigt sie ihn nicht, sondern tut so, als hätte sie nichts gehört. Sogar als Jack schon tot ist, lästert sie Ennis gegenüber am Telefon, dass es den Brokeback wahrscheinlich gar nicht gibt, dass er vermutlich nur in der Traumwelt existiert, in der Jack dauernd gelebt hat.

Lureen hätte sich sehr wohl von Jack trennen können. Sicherlich wäre es in der damaligen Zeit schwieriger gewesen, einen Mann zu finden, der ihr diese beruflichen Freiheiten einräumt, aber es wäre nicht unmöglich gewesen. Jack war doch nicht der einzige Mann auf der Welt, der so was zugelassen hätte, das ist doch Unsinn. Sie ist doch eine gute Partie und vielleicht hätte sie sogar jemanden finden können, dem die Firma genauso am Herzen liegt, der nicht so gleichgültig ist wie Jack, sondern engagiert mit ihr zusammen arbeitet.

Und da sie selbst Geld hatte, war sie unabhängig und wäre nach einer Trennung nicht mittellos gewesen wie Alma. Und trotz der besseren Ausgangsposition ist die aktive und selbstbewusste Lureen passiv in ihrer trostlosen Ehe verharrt und die scheinbar devote Alma hat irgendwann einen Schlussstrich gezogen und ihre Ehe beendet.



Geschrieben von Kessi am 13.01.2020 um 17:30:

 

@Lundi

@Alma

Erst mal gebe ich dir in allem Recht was du schreibst. Die Diskussion hier bezog sich aber auf das klassische Rollenbild und die daraus resultierende Zuweisung von bestimmten Fähigkeiten, Eigenschaften und Handlungsweisen auf ein bestimmtes Geschlecht.
Und in diesem Zusammenhang ändert Alma ihr Verhalten im Film nicht. Sie bleibt diesem traditionellen Rollenbild ja treu.

Ang hat in ihrem letzten Post völlig richtig erkannt das es nicht die Eigenschaften eines Menschen sind sondern die Wertung dieser Eigenschaften. Eigenschafen die im Verständnis eines klassischen Rollenbildes der Frau zugeordnet werden, werden von der Gesellschaft als negativ belegt und das noch ein Stück weit härter wenn sie ein Mann besitzt.
Ich würde das gerne mal an einem Beispiel erläutern von dem ich finde das du das hier ganz treffend auf den Punkt gebracht hast.

Zitat:
Je mehr ich über Alma nachdenke, desto weniger passiv und nachgiebig finde ich sie übrigens. Sie wirkt sehr unscheinbar und verhuscht und man hat immer das Gefühl, sie schluckt alles und wehrt sich nie. Aber eigentlich stimmt das nicht.

Wenn ihr etwas nicht passt, sagt sie das auch. Sie versucht z.B. immer wieder, Ennis zu einer besseren Arbeit zu bewegen, kritisiert ihn also indirekt.

An dem Nachmittag der Kirchenveranstaltung fügt sie sich zwar letzten Endes Ennis Willen, aber macht schon klar, dass sie lieber dahin gehen würde und versucht Ennis doch noch zu überreden.



Die Fähigkeit Probleme auf diplomatische Art und Weise zu lösen, deeskalierend zu wirken, sich um ein harmonisches Miteinander zu bemühen usw. wird ja im klassischen Sinne einer Frau zugeordnet. Jack besitzt diese Fähigkeit aber ganz genau so und hier finden wir im Film Parallelen zu Alma und Jack.
Auch Jack spricht Dinge eher indirekt an, beispielsweise den Wunsch mit Ennis eine Ranch zu führen oder Ennis zu bewegen nach Texas zu ziehen. Auch Jack versucht es primär damit Ennis zu überreden und fügt sich letzten Endes dessen Entscheidungen.
Jetzt kann man diese Art mit Problemen umzugehen als Schwäche werten aber man kann sie auch ganz genau wie du es getan hast als Stärke sehen und da stimme ich dir zu 100% zu.
Erst mal und da gebe ich dir auch zu 100% Recht sprechen Alma und Jack die Dinge überhaupt erst mal an und kehren die Probleme nicht unter den Teppich wie Ennis.
Und dann ist ihre Art mit den Dingen umzugehen eine vernünftigere. Im Gegensatz dazu löst Ennis alles seine Probleme mit Gewalt, er macht sogar vor Alma und Jack nicht davor Halt. Das Problem ist dadurch aber immer noch da, er hat damit nur dafür gesorgt das er sich momentan nicht damit beschäftigen muss und das wird ihm dann letzten Endes zum Verhängnis.

Zitat:
Und als Ennis an dem einen Tag meutert, weil er möchte, dass sie zu Hause bei der Familie bleibt, statt arbeiten zu gehen, wird sie sogar sehr energisch und setzt sich offen gegen ihn durch. Sie wird tatsächlich auch laut und schreit zurück


Die Konsequenz von Ennis so typisch männlichem Verhalten mit null Konfliktlösungsversuchen endet dann in genau solchen Situationen. Und auch hier haben wir die Parallele zu Jack. Auch Menschen die ansonsten die Fähigkeit besitzen diplomatisch zu sein platzt irgendwann mal der Kragen wenn sie einen so sturen Gegenüber haben wie Ennis es ist. Fakt ist aber auch das Ennis damit nicht umgehen kann und erreichen tun beide damit nichts. Sie treffen also jeder für sich eine Entscheidung ...Alma verlässt Ennis und Jack sucht sich anonymen Sex in Mexico...das Schlimmste was Ennis bei Beiden eigentlich hat passieren können.
FAZIT
Nicht jede männlich determinierte Eigenschaft führt am Ende dazu das der Mann in seiner Männlichkeit bewundert wird...sie führt auch manchmal dazu das man letztendlich als der letzte Waschlappen da steht.
Das war ja mein Ausgangsargument dafür das man sich als Mann nicht dafür schämen sollte, wenn die Gesellschaft einem Eigenschaften zuweist die ein konservatives Rollenverständnis eigentlich von einer Frau erwarten würde. Es ist nicht immer das Schlechteste die "Frau" in einer Beziehung zu sein, egal ob man heterosexuell ist oder homosexuell ist.

Zitat:
Ich kenne übrigens durchaus auch heute noch Frauen, die ihr Leben genauso führen wollen, als reine Hausfrau und Mutter.


Ja, ich beispielsweise Fettes Grinsen
Ich bezeichne mich selber als das totale Weibchen, ich habe mich ja mehr als nur einmal in irgendwelchen Diskussionen hier ganz genau mit diesem Worten beschrieben. Ich habe das nie negativ belegt. Es entspricht einfach meinem Wesen. Ich sehe mich aber trotzdem nicht als blöd oder unterdrückt auch wenn ich die Male nicht mehr zählen kann, wo man mir das, vor allem von anderen Frauen unterstellt wurden ist. Das ist der Grund wieso ich mich hier so dagegen wehre als Frau in irgend einer Form degradiert zu werden.
ÜBRIGENS
hab ich ja jetzt einen kleinen Job...ich putze Ferienwohnungen...tolles Klischee, aber ich putze gerne, mich befriedigt dieses Gefühl wenn es vorher dreckig ist und hinterher ist alles so schön sauber. Rolleyes

Zitat:
Wir können nicht wissen, ob Alma das typische Rollenbild anstrebt, weil die Gesellschaft ihr keine andere Wahl lässt oder weil sie gar nicht auf die Idee kommt, etwas anderes zu wollen oder weil dieses Leben zufällig genau das ist, das sie haben möchte.


Nicht alle Frauen die sich für ein klassisches Rollenmodell entscheiden bzw. weiblich determinierte Eigenschaften und Fähigkeiten besitzen sind ja völlig gleich, sie haben ja nur in diesem einen Punkt eine gemeinsame Schnittmenge.
Alma und ich haben zwar das gleiche Rollenmodell als Lebensmodell gewählt.
ABER
Ich bin in einem System aufgewachsen (ich komme ja aus dem Osten) in dem Frauen normalerweise gearbeitet haben. Ich habe mich also GEGEN das gängige gesellschaftliche Modell entschieden.
Ich habe ganz andere Möglichkeiten gehabt was Bildung angeht und ich lebe natürlich in einem System wo die Frau dem Mann gleich gestellt ist auch wenn sie sich für die Rolle der Hausfrau und Mutter entscheidet.
Jenseits der Wahl meines Rollenmodells bin ich übrigens nicht sehr konservativ, naja sonst würde ich wahrscheinlich nicht in diesem Forum sein.

Wenn Homophobie nicht nur vereinzelt bei Menschen sondern fast schon flächendeckend in der Gesellschaft vor kommt, hat man fast immer ein patriarchisches Gesellschaftssystem. Neben Homophobie sind auch die Rechte von Frauen in solchen Systemen stark eingeschränkt. In der heutigen Zeit haben wir solche Systeme in osteuropäischen Ländern oder in Ländern im arabischen Raum und wir kennen die Probleme hier vor allem bei und mit den Migranten.
Da in dem Film eine Gesellschaft beschrieben wird die eine Art von Homophobie hatte wie man sie ähnlich aus Russland oder dem Irak kennt, wird sich die Rolle der Frau in dieser Gesellschaft adäquat gestaltet haben, denn diese beiden Dinge hängen in der Regel zusammen.
Man sollte also den "freien Willen" auch immer im Zusammenhang mit der Gesellschaft betrachten. Natürlich kann man sich frei für etwas entscheiden und dennoch kann diese Entscheidung Produkt meines Wertebild sein, Produkt dessen sein was mir die Gesellschaft vorlebt.
Konservatives Denken bedeutet ja immer auch das man das System in dem man lebt bejaht.
Also müsste man jetzt ganz unabhängig davon das Alma ein bestimmtes Rollenmodell favorisiert auch noch die Frage beantworten ob sie das System in dem sie gelebt hat zum größten Teil bejaht oder verneint hat. Ist sie also konservativ oder ist sie fortschrittlich, denn das kann man beides sein als "nur" Hausfrau und Mutter.
So wie Alma agiert halte ich sie allerdings eher für einen konservativen Menschen. Ennis übrigens auch. Jack und Lureen nicht.

@Lureen


Zitat:
Das fragst Du jetzt nicht ernsthaft, oder? Eine Firma erfolgreich führen ist doch nicht der Weg zum Glück.


Na wieso denn nicht?
Nur weil ich eine Frau bin, heißt doch das noch lange nicht das ich nur mit Mann, Kindern und schönem Heim glücklich werde, ich kann doch genau so gut ein Lebensmodell wählen wo der Beruf im Focus meines Lebens steht und der Rest die zweite Geige spielt.
Lureen hat im Gegensatz zu Alma nicht sehr viel Zeit und Energie in ihre Beziehung und in ihre Familie gesteckt. Jack sagt ja zu Ennis am Fluss, er könne seine Ehe am Telefon führen.



Zitat:
Bei der Veranstaltung mit Randall und LaShawn meckert sie, dass Männer nie mit ihren eigenen Frauen tanzen, als Jack seinen Parka sucht, meckert sie, dass er dauernd alles verlegt, sie meckert, dass Jack immer zu Ennis fährt und nie andersrum – vermutlich weil sie Jacks Arbeitskraft weniger lang entbehren müsste, wenn Ennis mal herkäme und auch als die Männer über Jacks Rodeokünste lästern, verteidigt sie ihn nicht, sondern tut so, als hätte sie nichts gehört. Sogar als Jack schon tot ist, lästert sie Ennis gegenüber am Telefon, dass es den Brokeback wahrscheinlich gar nicht gibt, dass er vermutlich nur in der Traumwelt existiert, in der Jack dauernd gelebt hat.


Im Gegensatz zu Jack und Alma ist Lureen direkt. Sie sieht es nicht als ihre Aufgabe an Jacks Gefühle zu schonen und sie sieht es noch viel weniger als ihre Aufgabe ihren Mann in der Gesellschaft gut da stehen zu lassen. So verleugnet sie weder vor Ennis den übermäßigen Alkoholkonsum ihres Mannes noch macht sie vor Randall und dessen Frau ein Hehl daraus das ihr Mann ihr gegenüber nicht aufmerksam genug ist.
Die Kritik ging ja da hin das Männer (und Lureen verallgemeinert das ja auch) nur dann mit einer Frau tanzen wenn sie sie rumkriegen wollen und wenn sie das nicht mehr müssen, dann kommt die Frau zu keinem Tanz mehr. Das ist ja auch wieder so ein ganz typisches Männerding: "Ich tanze nicht" Lureen akzeptiert das aber nicht. Und Jack steht ja dann auch in der Tat auf und fordert höflicherweise Randalls Frau zum tanzen auf. Die quatscht ihn den gesamten Tanz über voll und während Randall das mit einem abwertenden "Die Frau quatscht bis sie blau wird" kommentiert, erwidert Jack viel höflicher das sie eine lebhafte kleine Person ist.
Hier zeigt sich wieder Jacks versöhnliche Art, er umschreibt die Dinge so das sie trotz Kritik nett klingen.
Übrigens, hat auch Randall diese Höflichkeit sonst nicht, denn er fordert Lureen nicht zu tanzen auf, was sich eigentlich so gehört hätte.

Zitat:
als die Männer über Jacks Rodeokünste lästern, verteidigt sie ihn nicht, sondern tut so, als hätte sie nichts gehört.


Als die Männer über Jack her ziehen, merkt man das Lureen genervt ist. Man merkt das sie innerlich eigentlich zu ihm hält, wieso verteidigt sie ihn dann nicht?
Die einfachste Erklärung wäre für mich, das das wahrscheinlich potentielle Kunden waren, wieso hingen die denn sonst da ab und da wäre es mehr als unklug gewesen das zu machen.
Ähnlich reagiert sie bei ihrem Vater...aber der ist wenn man es genau nimmt ja auch ihr Boss...Lureen kann ihre Emotionen sehr gut kontrollieren, auch wieder eine Fähigkeit die man eher Männern zuschreibt. Eiswasser in den Adern haben oder Pokerface machen können.

Zitat:
Man kann doch nicht wirklich sagen, dass Jack sich um Bobbys Schulkram gekümmert hat. Im Gegenteil, er war davon ausgegangen, dass Lureen es gemacht hat und sie war davon ausgegangen, dass er es macht.


Aus dem Inhalt des Gespräches ist doch aber zu ersehen das Jack davon ausgegangen ist, das Lureen den Termin wahr nimmt. Den Grund dafür liefert er ja auch gleich nach. Der Lehrer kann ihn nicht leiden und er meckert zu viel rum. Das impliziert für automatisch das er sich da nicht nur halbherzig drum gekümmert hat, sondern tatsächlich die Dinge die schief liefen angesprochen hat, denn sonst hätte er ja nicht "gemeckert" und der Lehrer hätte ihn deswegen dann auch nicht nicht leiden können. Jack ist es ja der Lureen an den Termin erinnert, ergo wusste er noch davon das er in der Schule anstand, Lureen hat ihn verschwitzt bzw. gedacht das Jack geht. Sie war diejenige die Jack nicht zugehört hat und davon ausgegangen ist das Jack das wie immer übernehmen wird.

Zitat:
Ich empfinde es eher so, dass Jack die Firma egal ist und damit ist ihm auch egal, ob Lureen da viel Arbeit reinsteckt oder nicht. Die Firma ist für ihn nur ein Mittel zum Zweck, um Geld zu verdienen und wenn er den Job nicht hätte, würde er sich einen anderen suchen. Er schätzt den Luxus, wenn er da ist, aber ich glaube nicht, dass er so viel Wert drauf legt, dass er nicht drauf verzichten könnte und würde.


Da würde ich dir jetzt bei dem Buchjack zu 100% zustimmen. Aber beim Filmjack sehe ich durchaus sanftere Züge...das ist ja hier der Grund wieso wir diese Diskussion hier überhaupt angefangen haben. smile

Zitat:
Und da sie selbst Geld hatte, war sie unabhängig und wäre nach einer Trennung nicht mittellos gewesen wie Alma.


Wenn wir uns auf dem ökonomischen Faktor fokussieren und den emotionalen Faktor mal außen vor lassen, dann hätte sich Alma, wenn sie so gewesen wäre wie Lureen von Ennis nicht getrennt. Weil dann hätte sie sich gesagt. "Prima, der kann mich nicht mehr ernähren. Jetzt hab ich einen Grund arbeiten zu gehen und jetzt mache ich Karriere und dann kann ICH mir selber das Geld verdienen was ich brauche um mir meine Wünsche zu erfüllen und ICH kann entscheiden was ich MIR davon kaufe, weil es ist ja mein Geld. Und dann habe ich das totale Verständnis dafür das mein Mann bei seinen Rindern bleibt, weil diesen Job liebt er ja und ich habe überhaupt kein Problem damit ihm das zu ermöglichen. Dann kann der mir aber jetzt auch nicht mehr reinreden nach dem Motto ich soll zu Haus bleiben."
So ein Leben hat Alma aber nicht gefallen, wohl aber Lureen. Wieso sollte sie, ökonomisch betrachtet dann Jack verlassen? Sie hatte ja den Mann wie sie ihn wollte.
Wenn wir jetzt die emotionale Seite mit rein nehmen sieht das ganze anders aus. Beide Frauen wurden betrogen aber da man zur damaligen Zeit Homosexualität nicht automatisch vermutet hat, hat Lureen Angelkumpel Ennis auch nicht mit Jack sexuell gesehen in Verbindung gebracht. Die ist ja davon ausgegangen das die nur rumsaufen und irgendwelchen anderen Männerkram machen.
Klar wird sie sich gefragt haben wieso ihr Mann so viel trinkt und so desillusioniert ist aber sie hat das nicht beantworten können. Sie hat sich erst mal zu viel um ihre Firma gekümmert als das sie Zeit dafür hatte und dann war es wie gesagt ja auch nicht offensichtlich. Ennis hat Meilenweit weg gewohnt und Jack war da nur zwei mal im Jahr und Mexiko war wahrscheinlich auch nicht so viel öfter...hätte Jack die Beziehung zu der Frau des Nachbarn gehabt hätte sie wahrscheinlich eher was geahnt aber so.
Ob sich Lureen jetzt von Jack getrennt hätte, wenn sie es gewusst hätte ist reine Spekulation. Vielleicht war ihr Bild von Homosexualität ja auch ein fortschrittlicheres als das von Alma.
Almas Bild von Homosexualität spiegelt das typische Bild ihrer Zeit wieder. Sie war der Meinung das man dazu verführt wurde und darum ist Jack für sie der Schuldige. Wäre Jack weg, wäre Ennis ihrer Meinung nach wieder hetero geworden und hätte sie wieder geliebt und darum wartet sie ja auch das das passiert wie manche Frauen auch warten das ihr Mann seine Affaire zu einer Frau beendet, wenn er genug Abwechslung hatte und wieder zu ihr zurück kehrt.
Ihre ganze Wut auf Jack kommt ja dann beim Thanksgivingessen zum Ausdruck. Ennis beschuldigt sie ja in keiner Weise, eigentlich liebt sie ihn immer noch und will das er glücklich wird, eben nur glücklich mit einer Frau



Geschrieben von AngLee am 16.01.2020 um 12:10:

 

Kessi, ich glaube, ich verstehe langsam, wieso du so empfindlich darauf reagierst, wenn als "typisch weiblich determinierte Eigenschaften" bei einem Mann als negativ empfunden werden, wenn man sie bei ihm als "weiblich" oder "Verweiblichung" oder als "Frau in der Beziehung" benennt. Du empfindest das als Diskreminierung der Frau, als sexistisch, weil es ja positive Eigenschaften sind und du selbst, wie du sagst, dich für eine "klassisch weibliche Rolle" in der Gesellschaft entschieden hast, obwohl das in der ostdeutschen Gesellschaft gar nicht das klassische Rollenbild war....da bekomme ich gerade einen Knoten ins Hirn, was jetzt wirklich "klassisch" ist.. *lol

Darum geht es aber hier doch gar nicht, ob eine Frau wertgeschätzt wir, wenn sie in dieser "klassischen" Rolle lebt. Das ist ein anderes Problem, wie ich finde und ich gebe dir da zu 100% Recht, dass Hausfrau ein Beruf ist wie jeder andere und entsprechend gewürdigt werden muss. Wenn nun ein Mann keine Frau sein will (oder eine Frau kein Mann), dann hat das für mich nichts mit Diskreminierung der Frau/des Mannes an sich zu tun, sondern ist ein Identitätsproblem.

Natürlich kann ich von außen immer sagen, ein Mann mit "weiblichen" Eigenschaften ist immer noch ein (richtiger) Mann! Vielleicht auch eher ein fortschrittlicherer/modernerer Mann.
Aber.... empfindet das dieser Mann auch so? Und wenn er das nicht tut, kann ich dann verlangen, dass dieser Mann sein Rollenbild ändern muss oder ist es denkbar, dass wir unsere Ausdrucksweise ändern?

Ich bin für letzteres, denn es geht hier meiner Meinung nach sehr stark um stereotypes Denken und Bewerten, welches mir nicht behagt.

Zitat:
Original von Kessi
Ang hat in ihrem letzten Post völlig richtig erkannt das es nicht die Eigenschaften eines Menschen sind sondern die Wertung dieser Eigenschaften. Eigenschafen die im Verständnis eines klassischen Rollenbildes der Frau zugeordnet werden, werden von der Gesellschaft als negativ belegt und das noch ein Stück weit härter wenn sie ein Mann besitzt.

Ich meine nicht, dass diese Eigenschaften generell als negativ empfunden werden, wenn man sie der Frau als typisch zuordnet. Dass man sie in der heutigen Zeit aber nicht mehr als "weiblich" bezeichnen sollte, weil man das oft benutzt
a) als Synonym für Schwäche und damit als Abwertug (Beispiel: der verweiblichte Schwule)
b) als Verfestigung des klassischen Rollenbildes, an dem man sich immer noch zu orientieren sucht (Beispiel alte Frau in dem Artikel)

Und auch wenn es Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Denken, Handeln, Empfinden usw. gibt, was schlicht anatomisch/physiologische Ursachen hat (Hirnstruktur, Hormone,...), so sollte man meiner Meinung nach dennoch nicht auf die einzelnen Eigenschaften den Stempel "weiblich" oder "männlich" drücken. Da sehe ich einfach nicht die Notwendigkeit sondern im Gegenteil eher die Nachteile, die sich daraus ergeben (Wertung, Festhalten am Rollenbild etc.). Außerdem finde ich, dass es fließende Übergänge gibt und man gar nicht genau festsetzen kann, wo sogenannte"weibliche" Eigenschaften enden und "männliche" beginnen.


Zitat:
Original von Kessi
Die Fähigkeit Probleme auf diplomatische Art und Weise zu lösen, deeskalierend zu wirken, sich um ein harmonisches Miteinander zu bemühen usw. wird ja im klassischen Sinne einer Frau zugeordnet. Jack besitzt diese Fähigkeit aber ganz genau so...


Meine Überlegung: bedeutet "im klassischen Sinne", dass jede Frau diese Eigenschaft heute, jenseits der Steinzeit besitzt? Darf man dieser Eigenschaft wirklich und absolut den Stempel "weiblich" aufdrücken? Und wie bewerte ich es?
Im Streit unter Männern als Schwäche, wenn ein Mann das Problem lieber verbal statt brachial aus der Welt schaffen will?
Oder als Vernunft, wenn ein Außenminister im Nahen Osten Deeskalation anstrebt?

Ich finde, dass man "Frau sein" und "Mann sein" in jedem Fall differenzierter betrachten und stereotypes Denken ("Männer/Frauen sind so...") ausmerzen sollte. Das geht nicht von heute auf morgen und die alte Frau wird das sicher nicht mehr verinnerlichen, aber so nach und nach sollte sich das in unser Bewusstsein einschleichen und daran hat eben die Sprache einen großen Anteil, wie ich finde.
Auch wenn das als PC-korrekte Ausdrucksweise belächelt wird.

Noch mal zurück zu Ennis und Jack.

Was mich immer wieder beschäftigt ist die Überlegung: Was ist bei ihnen "Erfüllen einer Rolle" und wie sind sie wirklich?
Bei Ennis sehe ich einen sehr starken Versuch eine männliche Rolle auszufüllen (warum er das tut, ist für uns nachvollziebar), die sehr im Vordergrund steht. Ich sehe aber auch einen sensiblen Menschen, der zärtlich ist, beschützt, diplomatisch ist, Angst hat und am Ende weint... das ist für mich Ennis wirklich.

Jack zeigt geringere Tendenzen eine männliche Rolle auszufüllen (sucht sich ein reizbares Pferd aus, reitet Bullen, will angeblich Frauen imponieren,...), steht aber viel stärker zu dem, was er wirklich ist (harmoniebedürftig, in einen Mann verliebt, zärtlich, pfeift auf gesellschaftliche Normen,...), was für uns sehr viel mehr im Vordergrund steht.

Ich habe aber ständig alles vor Augen, wenn ich den Film anschaue und da fällt es mir nach wie vor schwer, in dieser Weise einzuteilen, wie du es tust, Kessi:
Zitat:
Original von Kessi
Meine schwulen Traumpaare hatten eigentlich immer ganz genau diese Konstellation, ist mir gestern Abend mal so aufgefallen. Ob bei Ennis und Jack oder [...] es gab immer den süßen zarten der Angst vor dem bösen Wolf hatte und den taffen mutigen der die breite Schulter zum Anlehnen hatte...ist doch süß irgendwie smile smile smile

Wenn man jetzt mal davon ausgeht, wie Ennis und Jack wirklich sind und nicht davon, wie sie ihre Rolle mehr oder weniger versuchen auszufüllen, dann ist doch wirklich die Frage, wer z.B. der mutigere von beiden ist.

Ennis und Jack sind natürlich unterschiedliche Persönlichkeiten und genau deshalb ziehen sie sich gegenseitig an (oder aus? *lol), aber Jack als "die Frau" und Ennis als "den Mann" in dieser Beziehung zu sehen, funktioniert bei mir absolut nicht.

Wie schon gesagt, Kessi, ich sehe hier keine Herabwürdigung des "weiblichen", wenn ich die Eigenschaften und Tätigkeiten eines Mannes nicht als weiblich bezeichnen will. Ich lehne die Vereinfachung und Stereotypisierung ab, die darin steckt.
Vielleicht auch deshalb, weil ich mich selbst oft in diesem "Frauen sind so...." nicht wiederfinde/wiederfinden mag.



Geschrieben von Kessi am 18.01.2020 um 02:28:

 

@Ang

Ennis und Jack

Zitat:
Meine schwulen Traumpaare hatten eigentlich immer ganz genau diese Konstellation...es gab immer den süßen zarten der Angst vor dem bösen Wolf hatte und den taffen mutigen der die breite Schulter zum Anlehnen hatte

Bei Ennis sehe ich einen sehr starken Versuch eine männliche Rolle auszufüllen (warum er das tut, ist für uns nachvollziebar), die sehr im Vordergrund steht. Ich sehe aber auch einen sensiblen Menschen, der zärtlich ist....und am Ende weint... das ist für mich Ennis wirklich.



Versteh mich jetzt nicht falsch...ich würde jetzt definitiv auch kein schwules Paar ganz traumhaft toll finden, wenn einer der beiden Männer ein totaler, auf sich selbst bezogene Egoist wäre der nicht einen Funken von Empathie besitzt und alle Menschen um sich herum schlecht behandeln würde. Ganz egal wie männlich der sonst auch ist.

Um ein bisschen zu verdeutlichen was ich meine, vielleicht mal ein Beispiel:

Ich war vor Jahrzehnten in meiner Heimatstadt im Zoo und da hatten die Löwen Junge. Da das ja Tiere sind die im Rudel leben lassen sie ja da die Männchen auch immer mit drin im Gehege und trennen die nicht von Mutter und Kind.
...und da war dieser große starke Löwe mit der gewaltigen Mähne und die Kleinen krabbelten die ganze Zeit auf ihm rum, zerrten an seiner Mähne, bissen in sein Ohr und spielten mit seinem Schwanz...und der hat das alles mit einer Engelsgeduld ertragen. Ab und zu hab er mal das eine oder andere Kleine liebevoll mit seiner Schnauze sanft da und dort hin geschoben oder hat ihnen zärtlich über das Fell geleckt. Nebenbei hatte er aber auch immer einen skeptischen Blick auf das was vor seinem Gitter passierte und wenn einer von uns seinem Nachwuchs zu nahe gekommen wäre, der hätte uns in Stücke gerissen.

So sehe ich Ennis...er ist der Beschützer und Verteidiger seiner Familie, was man insbesondere bei dem Feuerwerk erkennt aber er ist auch ein sehr zärtlicher Vater, der Jenny an Thanksgiving über die Wange streichelt oder wie liebevoll er Alma jun. Strickjacke zusammen legt.
Obwohl Alma den nicht gerade armen Monroe geheiratet hat, fühlt sich Ennis immer noch für seine Töchter verantwortlich und versucht seine Arbeit zu behalten damit er für sie Unterhalt zahlen kann. Es könnte ihm ja genau so gut egal sein, wo Alma bleibt. Es gibt ja durchaus Männer, die in einer ähnlichen Situation keinen Finger mehr für ihren Nachwuchs gerührt hätten.
Und dann mit seinen Pferden:
Ennis ist ja so eine Art Pferdeflüsterer. Er erkennt welches Pferd für welche Aufgabe geeignet ist und welches daran scheitert. Er reitet gern und wird dabei zu einer Einheit mit dem Pferd...es gibt hier also ein Miteinander, eine Zusammenarbeit wo sich ein Partner auf den anderen verlässt. Ennis ist sehr zärtlich zu seinen Pferden und ist auch hier wieder der Kümmerer.

Ennis ist so ein Raubein mit Herz, harte Schale butterweicher Kern. Ein Typ von Mann der was wegstecken kann und nicht zimperlich ist aber der weint wenn sein Kind vor dem Traualtar steht, eine Prüfung besteht oder einen kleinen Auftritt besonders gut meistert.

Zitat:
Jack zeigt geringere Tendenzen eine männliche Rolle auszufüllen (sucht sich ein reizbares Pferd aus, reitet Bullen,


Jack ist das genaue Gegenteil von Ennis, Jack reitet Rodeo und dabei will man ja abgeworfen werden, das Pferd und er bzw. der Bulle und er sind also keine Vertrauten sondern Gegner.
Jack hat einen großen Spieltrieb, er ist risikofreudig und durchdenkt sich Dinge nicht wirklich weswegen sie nicht selten schief gehen.
Jack liebt seinen Sohn Bobby auch und er kümmert sich auch um ihn (siehe Schulbesuch) aber er würde Lureen und ihn sofort verlassen um mit Ennis zusammen zu leben und die Treffen mit Ennis sind ihm auch so heilig das die Bedürfnisse von Lureen und Bobby dahinter zurücktreten. Jack ist einfach der Meinung, die kommen auch irgendwie alleine klar. Er verlässt sich letzten Endes immer darauf das andere die Kastanien schon aus dem Feuer holen werden, bei den Dingen die er mit seiner spontanen Art gerade verbockt hat. Das ist bei der Schule so, wo er sich mit dem Lehrer fest gefahren hat so das Lureen jetzt die Dinge wieder gerade rücken muss und die Art hat er auch bei Ennis, der den Elch schießen muss, weil Jack unbedingt Fleisch essen will...Ennis selber wäre ja bei Bohnen geblieben.

Zitat:
Wenn man jetzt mal davon ausgeht, wie Ennis und Jack wirklich sind und nicht davon, wie sie ihre Rolle mehr oder weniger versuchen auszufüllen,


Bei Ennis ist ja nicht das Problem das er in seiner Erziehung zu Verantwortungsbewusstsein erzogen wurden ist, das er sich als Beschützer fühlt, das er handwerklich begabt ist, das er mit Pferden umgehen und gut reiten und schießen kann. Das sind ja alles keine schlechten Eigenschaften die er hätte an sich ändern müssen. Ennis hätte doch nur in einem einzigen Punkt seine Rolle nicht um jeden Preis ausfüllen wollen müssen und das wäre zu akzeptieren das er nur mit einem Mann glücklich wird und sein Leben dahin gehend zu gestalten.
Noch ganz kurz was zu dem so sein und so sein wollen.
Das sehe ich anders als du. Ich gebe dir Recht das man bei biologisch fest gelegten Dingen in einen Widerspruch gerät wenn man etwas anderes sein will als man ist. Aber jenseits davon ist es ein durchaus positives Bestreben zu dem Menschen zu werden bzw. der Mensch zu sein der man sein will. Dann ist man in Einklang mit sich selbst und anders, so denke ich, ist man nie wirklich zufrieden.

Typisch männlich, typisch weiblich

Zitat:
Du empfindest das als Diskreminierung der Frau, als sexistisch, weil es ja positive Eigenschaften sind und du selbst, wie du sagst, dich für eine "klassisch weibliche Rolle" in der Gesellschaft entschieden hast,


Ja!
Ich habe ein gewaltiges Problem damit das eine Frau die in einer Beziehung die klassische Rolle übernimmt als wertlos betrachtet wird.
In meinen Augen ist es eine Entscheidung für ein Lebensmodell, die keine Frau in der heutigen Zeit treffen sollen muss aber die man durchaus treffen kann, wenn man sich darin wieder findet. Und auch wenn dieses Lebensmodell konservativ belegt ist, ist es ganz genau so viel wert wie alle anderen Lebensmodelle.

Zitat:
Natürlich kann ich von außen immer sagen, ein Mann mit "weiblichen" Eigenschaften ist immer noch ein (richtiger) Mann! Vielleicht auch eher ein fortschrittlicherer/modernerer Mann.


Ja!
Jeder Mann sollte sich in diese Richtung emanzipieren!!!
Frauen haben das auch gemacht und es stört keine Frau wenn man von ihr sagt sie ist ein ganzer Kerl und sie steht ihren Mann. Sie ist stolz auf diese Eigenschaft.
Männer sollte auch stolz drauf sein, wenn man ähnliches von ihnen im weiblichen Sinne sagt.

Zitat:
Aber.... empfindet das dieser Mann auch so? Und wenn er das nicht tut, kann ich dann verlangen, dass dieser Mann sein Rollenbild ändern muss oder ist es denkbar, dass wir unsere Ausdrucksweise ändern?


Das ist ein langer Weg. Das ist ja so in den Köpfen drin und darum fühlt es sich auch irgendwie seltsam an. Aber ich bin der Meinung das Männer das auch schaffen können wenn sie stark genug sind und sich dann ganz andere Welten für sie eröffnen könnten.

Zitat:
Wenn nun ein Mann keine Frau sein will (oder eine Frau kein Mann), dann hat das für mich nichts mit Diskreminierung der Frau/des Mannes an sich zu tun, sondern ist ein Identitätsproblem.


Biologisch gesehen habe ich da das volle Verständnis für. Ich kann nachvollziehen das es eine maskulin aussehende Frau durchaus schmerzhaft finden kann ständig für einen biologischen Mann gehalten zu werden und anders herum ist es natürlich auch für einen feminin aussehenden Mann schmerzhaft für eine biologische Frau gehalten zu werden.
NUR
Ist das insbesondere bei schwulen Männern ja gar nicht das Problem.
Sie spielen ganz gern mit diesen biologischen Identitäten, nennen sich untereinander Schwestern oder Mädels, verkleiden sich beim CSD weiblich oder sind Dragqueens bzw. finden so was gut. Denken wir an das Buch von Olivia Jones...mit "der Inge".
Auf die Barrikaden gehen schwule Männer nur, wenn man ihre Beziehung in die Heteronormative hinüber projiziert , sprich ihnen die klassischen Rollen von Mann und Frau zuweist. Und ganz genau DAS ärgert mich maßlos.

Ich finde schwule Männer sollten sich vielleicht einfach auch diesbezüglich ein Beispiel an ihren heterosexuellen Geschlechtsgenossen nehmen, die sind da schon ein Stück weiter und fortschrittlicher in ihrem Denken. Schwule Männer können ja inzwischen heiraten und Kinder adoptieren also wird auch für sie das klassische Familienmodell als Wahlmöglichkeit zu Verfügung stehen. Wenn es sich in der Konstellation in der man lebt so anbietet, wenn einer das gerne machen möchte und der andere sich eher weniger vorstellen kann, auf seine Arbeit zu verzichten, dann schlüpft eben einer der beiden Männer in die klassische Rolle der Frau ohne das da irgendwas Diskriminirendes bei ist.
Wenn etwas gleich ist, dann heißt auch gleich, bzw. wird mit dem was gleich ist verglichen. Wenn ich Normalität will, dann verliere ich auch irgendwie meinen Sonderstatus...daran sollte man sich vielleicht auch irgendwann gewöhnen.

Zitat:
Wie schon gesagt, Kessi, ich sehe hier keine Herabwürdigung des "weiblichen", wenn ich die Eigenschaften und Tätigkeiten eines Mannes nicht als weiblich bezeichnen will. Ich lehne die Vereinfachung und Stereotypisierung ab, die darin steckt. Vielleicht auch deshalb, weil ich mich selbst oft in diesem "Frauen sind so...." nicht wiederfinde/wiederfinden mag.


Ich bin völlig bei dir, das man diese Worte auf gar keinen Fall im negativem oder abwertenden Sinne verwenden sollte.
Wenn ich aber von mir selber sage (oder meinetwegen auch jemand anderer) ich bin das totale Weibchen, dann umreißt das meinen Charakter mit nur einem Wort...wahlweise kann ich auch alle meine Eigenschaften aufzählen und brauche ewig, das finde ich ziemlich sinnlos.
Ich kenne auch Frauen die sind das ganze Gegenteil von mir und die haben da auch gar kein Problem mit sich als "ich bin da eher der Mann" zu definieren.

Du schreibst du magst nicht weiblich definiert werden...aber genau darum geht es ja. Zuzulassen das man nicht über sein biologisches Geschlecht definiert wird, wenn das einen überhaupt nicht ausmacht. Würde man statt dessen zu dir sagen: Du bist ein feiner Kerl oder du bist ein echter Kumpel oder du hast ein männliches Verständnis von Mathematik dann würdest du dich vielleicht passender definiert fühlen. Und wieso sollte das denn umgekehrt nicht ganz genau so sein, das sich ein Mann mit weiblichen Begriffen einfach besser beschrieben fühlt wie mit männlichen. smile



Geschrieben von AngLee am 19.01.2020 um 21:06:

 

Kessi, ich streite nicht ab, dass Ennis und Jack unterschiedliche Eigenschaften, unterschiedliche Fähigkeiten etc. besitzen, Gegensätze ziehen sich bekanntlich an in einer Beziehung. Ich weigere mich nur gegen die Klassifizierung "weiblich", bzw. "die Frau in der Beziehung".

Und ich denke, wir müssen hier mal wieder unsere unterschiedlichen Ansatzpunkte akzeptieren. smile

Aber ein paar Anmerkungen will ich doch noch machen....

Zitat:
Original von Kessi
Typisch männlich, typisch weiblich

Zitat:
Du empfindest das als Diskreminierung der Frau, als sexistisch, weil es ja positive Eigenschaften sind und du selbst, wie du sagst, dich für eine "klassisch weibliche Rolle" in der Gesellschaft entschieden hast,


Ja!
Ich habe ein gewaltiges Problem damit das eine Frau die in einer Beziehung die klassische Rolle übernimmt als wertlos betrachtet wird.
In meinen Augen ist es eine Entscheidung für ein Lebensmodell, die keine Frau in der heutigen Zeit treffen sollen muss aber die man durchaus treffen kann, wenn man sich darin wieder findet. Und auch wenn dieses Lebensmodell konservativ belegt ist, ist es ganz genau so viel wert wie alle anderen Lebensmodelle.

Wie schon gesagt, DAS ist doch ein ganz anderes Problem. Und ich stimme dir da voll und ganz zu. Keine Frage. Eine Abwertung dieses Rollenmodells muss angegangen werden. Wie überhaupt diese Wertigkeits- Hirearchie: Mann--->Frau--->Kind, die ja immer noch in unserer Gesellschaft existiert.

Zitat:

Zitat:
Natürlich kann ich von außen immer sagen, ein Mann mit "weiblichen" Eigenschaften ist immer noch ein (richtiger) Mann! Vielleicht auch eher ein fortschrittlicherer/modernerer Mann.


Ja!
Jeder Mann sollte sich in diese Richtung emanzipieren!!!
Frauen haben das auch gemacht und es stört keine Frau wenn man von ihr sagt sie ist ein ganzer Kerl und sie steht ihren Mann. Sie ist stolz auf diese Eigenschaft.
Männer sollte auch stolz drauf sein, wenn man ähnliches von ihnen im weiblichen Sinne sagt.

Geht denn Emanzipation nur, indem man sich des anderen Geschlechts "bedient"????
Und nein, ich finde es auch nicht in Ordnung, eine Frau als "ganzen Kerl" zu bezeichnen, die "ihren Mann" steht. Kann eine Frau nicht einfach aus sich heraus "stark" sein, "mathematisches Verständnis" besitzen, etc. ??? Muss sie sich dafür die entsprechenden Fähigkeiten eines Mannes ausborgen um sich damit aufzuwerten???

Frauen wurde z.B. Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts die Fähigkeit aberkannt, Medizin zu studieren, Künstlerinnen zu sein (Schriftstellerinnen, Malerinnen,...). Dass sie es dann doch tun durften und auch mit Erfolg taten, bedeutet nicht, dass sie es "wie ein Mann" taten, sondern auf ihre eigene Art und Weise. Ich finde, Frauen sollten da mehr auf ihre eigenen Fähigkeiten stolz sein und den Mann dabei aus dem Spiel lassen. Augenzwinkern

Daher finde ich, wir sollten gänzlich auf die Zuweisung "männlich", "weiblich" in Bezug auf das andere Geschlecht verzichten, denn das bedeutet doch immer, dass sie etwas aus ihrer eigenen Geschlechtlichkeit heraus nicht könnten. Und diese Kategorien sind doch immer grobe, stereotype Vereinfachungen. Warum sollte denn ein Mann, der gerne kocht, in einer schwulen Partnerschaft als "Frau in der Beziehung" bezeichnet werden? Was ist dann mit einem Koch? Ist der dann "die Frau in einer Großküche"???

Hinzu kommt auch noch, dass wir nicht eindeutig definieren, was z.B. mit "weiblich" im Einzelnen gemeint ist.

Ich gebe dir Recht, dass es so oder so ein langer Weg ist die Benutzung des Wortes "weiblich" oder "Verweiblichung" im abwertenden Sinne abzubauen. Ich denke, da ist in den letzten hundert Jahren aber schon viel passiert.

Dein Ansatzpunkt ist (soweit ich das verstanden habe), dass Männer sich zu weiblichen Eigenschaften bekennen sollten, stolz drauf sein sollten, wenn sie diese besitzen und dass auf diesem Umweg Mann dann diese Eigenschaft auch aufgewertet wird. Weil.... wen ein Mann stolz darauf ist, dann kann das ja nicht soooo schlecht sein.

Ich meine, dass dass Weiblichkeit und Männlichkeit gemäß ihrer biologischen Grundlagen getrennt bleiben sollten, durch genaue Betrachtung (auf)gewertet und nicht zu eng, sondern vielfältiger verstreut gesehen werden sollten. So dass Mädchen z.B. auf ihre Art mathematisches Verständnis entwickeln und Frau Merkel dann z.B. nicht Bundeskanzlerin ist, weil sie "ihren Mann steht", sondern weil sie eine "starke Frau ist".

@ Hallo Mädels:
Da musste ich ein wenig schmunzeln, Kessi. Es ist doch etwas ganz anderes, wenn Schwule sich mit Mädels titulieren (was ja immer etwas parodierend, ironisch gemeint ist), als wenn jemand von einem Schwulen sagt, dass er die Frau in einer Beziehung ist, was ja in der Regel ernst gemeint ist.
Und du kannst dich auch gerne als das totale Weibchen bezeichnen. Da habe ich überhaupt keine Probleme mit. Und weil du dich hier und da auch diesbezüglich beschrieben hast, kann ich dieses "Weibchen" auch mit der richtigen Bedeutung füllen, weil nämlich "Weibchen" für mich auch einen ganz anderen Charakter umschreiben könnte. Was ich damit sagen will: auch hier musst du weitere Erklärungen liefern, damit du nicht in einer Schublade landest, wo eher der Pfeffer gemahlen wird. *lol

Und dann hat mich noch dieser letzte Absatz schockiert:

Zitat:
Auf die Barrikaden gehen schwule Männer nur, wenn man ihre Beziehung in die Heteronormative hinüber projiziert , sprich ihnen die klassischen Rollen von Mann und Frau zuweist. Und ganz genau DAS ärgert mich maßlos.

Ich finde schwule Männer sollten sich vielleicht einfach auch diesbezüglich ein Beispiel an ihren heterosexuellen Geschlechtsgenossen nehmen, die sind da schon ein Stück weiter und fortschrittlicher in ihrem Denken. Schwule Männer können ja inzwischen heiraten und Kinder adoptieren also wird auch für sie das klassische Familienmodell als Wahlmöglichkeit zu Verfügung stehen. Wenn es sich in der Konstellation in der man lebt so anbietet, wenn einer das gerne machen möchte und der andere sich eher weniger vorstellen kann, auf seine Arbeit zu verzichten, dann schlüpft eben einer der beiden Männer in die klassische Rolle der Frau ohne das da irgendwas Diskriminirendes bei ist.
Wenn etwas gleich ist, dann heißt auch gleich, bzw. wird mit dem was gleich ist verglichen. Wenn ich Normalität will, dann verliere ich auch irgendwie meinen Sonderstatus...daran sollte man sich vielleicht auch irgendwann gewöhnen.


Echt jetzt? Ohh
Ich finde, dass ein schwules Paar, das klassische Rollenzuweisungen ablehnt, sehr viel fortschrittlicher ist, egal, wie bei denen dann der Haushalts-Alltag aussieht. Und wenn einer von beiden für die Kinder zuhause bleibt, dann ist er für mich allerhöchstens "Hausmann". So wie jeder Mann in einer Heterobeziehung auch. Der wird doch dadurch auch nicht zur "Hausfrau"???!!!
Auch diese Gleichmacherei nervt mich gerade. Wieso kann kann man nicht eher Vielfalt in unseren Köpfen fördern? Stattdessen soll man sich in eine angebliche Entsprechung eingewöhnen.....

Ich zitiere aus dem bereits verlinkten Artikel:
Zitat:
„Schwule Beziehungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie von Männern geführt werden. Beziehungen, in denen Frauen vorkommen, sind nicht schwul.“


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