BBM Kommentar |
apple
Landmaschinenhändler
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mh..oke, tut mir leid
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27.04.2008 19:48 |
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Frank
Whiskytrinker
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Vor gut einem Jahr habe ich hier mal einen "BBM Kommentar" angefangen - und seit dem ersten Kommentar-Eintrag nicht mehr weitergeführt. Typisch! (apple hat es damals angemahnt und ist seitdem aus dem Forum verschwunden - nicht, dass das eine mit dem anderen zu tun hätte).
Aber jetzt, da so viele "Neue" zu uns gefunden haben, denke ich, ist es sinnvoll, den Kommentar weiterzuführen. Ich hoffe mal, das die künftigen Fortsetzungen in einem schnelleren Rhyhtmus kommen als einmal im Jahr. Sonst sitzen wir wahrscheinlich noch in 347 Jahren hier im Forum. Also des Kommentars zweiter Teil, mit dem ich mich immerhin schon bis in die fünfte Minute des Films vorgearbeitet habe. (Wie gesagt: Ergänzungen und Meta-Kommentare sind hoch willkommen!):
0:03:18 Der „Cowboy“ mit dem hellen Hut ist unsicher und versteckt sich hinter demselben.
0:03:30 Erst als er sich unbeobachtet fühlt, wagt auch er, sich den anderen mal anzuschauen.
0:03:40 Der „Cowboy“ mit dem schwarzen Hut nimmt eine coole (verführerische?) Pose ein und ist deutlich selbstsicherer als der andere.
0:03:48 Der „Cowboy“ mit dem schwarzen Hut benutzt den runden Rückspiegel, um beim rasieren den anderen „Cowboy“ gründlicher zu betrachten, ohne dass dieser das „Hinstarren“ bemerkt. Später, nach dem Ende des gemeinsamen Sommers auf dem Berg, wird der eine den anderen noch einmal in dem runden Spiegel betrachten. Die beiden Spiegelszenen rahmen den Sommer auf dem Brokeback also ein; einmal als „Vorausschau“, einmal als „Rückschau“.
0:03:55 Der Arbeitgeber der beiden Cowboys erscheint. Es ist Joe Aguirre (Randy Quaid). Der Name „Aguirre“ ist die spanische Form von baskisch „agirre“ und bedeutet "hochgelegener, ein Gebiet beherrschender Ort" (von baskisch agir = offfen, exponiert, notorisch). Zugleich erinnert der Name an den Titel des Werner Herzog Films „Aguirre, der Zorn Gottes“: Aguirre ist später gewissermaßen der „zornige Gott“, der Jack und Ennis bei ihrem „Sündenfall“ beobachtet und sie dafür aus ihrem „Paradies“ auf dem Brokeback vertreibt.
Die Schafzucht im Westen der USA ist wesentlich von Basken geprägt, die im 19. Jahrhundert in die USA und nach Australien ausgewandert sind (der „Australian Shephard“ ist eigentlich ein baskischer Hütehund, der von baskischen Hirten nach Australien gebracht worden ist). In vergangenen Jahrzehnten wurde die Tätigkeit des Schafhütens im amerikansichen Westen „fast ausschließlich“ von Basken ausgeübt, schreibt Annie Proulx („Verfilmt werden, S. 356).
Während der hellhütige Cowboy den Vorgesetzen ehrfürchtig ängstlich anblickt, ihm unterwürfig den Weg freimacht, um dann gehorsam hinterher zu dackeln – nur um die Tür vor der Nase zugeknallt zu bekommen –, werden der schwarzhütige Cowboy und Aguirre eher auf die gleiche Stufe gestellt (es sind zwei Einstellung direkt nacheinander geschnitten, in denen beide – Aguirre und der Schwarzhütige – jeweils ihre Hüte aufsetzen).
0:04:38 Die ersten Worte im Film fallen. Bezeichnender Weise eine Beleidigung der beiden „Cowboys“ („pair of deuces“, „scrawny asses“ - in der deutschen Synchronfassung: „zwei Kanaillen“, „mickrige Ärsche“), die auf die niedrige soziale Stellung der beiden „Cowboys“ hinweist. „Zwei arme Deppen, aus denen würde nie was werden“, denkt Aguirre in Annie Proulx Erzählung.
0:04:46 an der Wand, wo Aguirre seinen Hut hinhängt, hängt der Kopf von einer Art Kaninchen mit Hörnern. Es ist ein „Jackalope“, die amerikanische Form des bayerischen „Wolpertinger“ und das „offizielle Fabeltier des Staates Wyoming“. Lediglich Lokalkolorit oder doch eine tiefere symbolische Bedeutung?
0:04:48 Wieder ist der Wind, wie öfters im Film, ganz deutlich zu hören. Viele halten den Wind für ein Symbol für Jack. Ich glaube dagegen eher, dass er für die Einsamkeit steht. Dazu später mehr.
0:05:35 Ein Anruf. Was hat er für eine Bedeutung? Nun, zum einen gibt er den beiden „Cowboys“ Gelegenheit, noch einmal interessierte Blicke auf den jeweils anderen zu werfen. Zum anderen kommt das zweite „No“ von Joe Aguirre in dem Moment, als der Blonde auf den Schwarzhaarigen guckt; sein folgendes „no, not on your fucking life“ kommt genau dann, wenn der Schwarzhaarige auf den Blonden guckt. Es ist fast als würde Aguirre (natürlich nur auf einer symbolischen Ebene, auf der „realistischen“ Ebene spricht er mit seinem Gesprächspartner am Telefon) die beiden davor warnen oder ihnen verbieten, sich zu sehr für einander zu interessieren. Es ist die Stimme der Gesellschaft, die zu einer intimen Beziehung der beiden Männer „no“ sagt. Im Falle des schwarzhaarigen „Cowboys“ – er heißt Jack, wie wir gleich erfahren werden – ist dies sogar mit einer Todesdrohung verbunden („not on your fucking life“).
__________________ "Was vermeid ich denn die Wege,
wo die andern Wandrer gehn ..."
Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von Frank: 08.03.2009 20:06.
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08.03.2009 19:40 |
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Eva
Ranchbesitzer
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Ich bin vollkommen geplättet und begeistert!
Vielen Dank, für dieses "Projekt", Frank. Wenn es fertig ist, solltest du das veröffentlichen!
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08.03.2009 20:32 |
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starrily
Angelzeugvergesser
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Frank ! *Daumenhoch*
Wenn ich jetzt nicht etwas komplett falsch verstanden habe, suchst du nach Einzelheiten, die man beim 1. Betrachten des Films noch nicht sieht ? Oder bin ich da jetzt falsch gepolt ?
Hab zwei Dinge, die mir beim späteren wiederholten Gucken im Film aufgefallen sind: 1. Ennis räuspert sich immer dann, wenn ihm unangenehme Fragen gestellt werden oder er sich nicht äußern möchte, aber dem Gegenüber eine Antwort schuldet.
2. 1. Postkarte nach 4 Jahren von Jack an ihn: als er unbewusst mit dem rechten Daumen über die Adresse auf der Postkarte streicht und mit dem linken Daumen über die Unterschrift: Jack
diese Szene wiederholt sich am Schluß, als er liebevoll den oberen Knopf am Hemd von Jack zuknöpft und mit dem Finger über den Knopf streicht.
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08.03.2009 21:18 |
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Julia1284
Whiskytrinker
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WOW Frank! Das ist wirklich ganz toll! Ich freue mich schon sehr auf deine weiteren Ausführungen!
__________________ "Die wahre Ernte meines täglichen Lebens ist etwas so Unfaßbares, Unbeschreibliches wie Himmelsfarben am Morgen und Abend. Ein wenig Sternenstaub, ein Stückchen Regenbogen - das ist alles." ~ Henry David Thoreau
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08.03.2009 22:04 |
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mio
Jackamstraßenrandaufheber
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Frank,
ich schließe mich meinen Vorrednern an, dass ist total genial!!
Bitte mach weiter, selbst wenn es (offensichtlich) unheimlich viel Arbeit ist, ich bin sehr gespannt auf die weiteren Kommentare von Dir!!
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08.03.2009 23:44 |
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AngLee
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Hallo Frank!
Deine Ausführungen sind sind sehr interessant und fassen ja auch viele Diskussionspunkte und Hinweise hier aus dem Forum zusammen. Sie sind also auch für uns "Alte" sinnvoll und interessant.
Ich hoffe, du machst weiter!
LG
Ang
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09.03.2009 10:17 |
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flower
Rodeocowboy
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Frank ,auch von mir ein ganz grosses Kompliment.Super !
Deine Ausführungen lassen mich wieder ganz in BBM versinken.Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung Deiner Studie.............
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09.03.2009 10:35 |
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Frank
Whiskytrinker
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Vielen dank euch allen für euren Zuspruch.
Es macht zwar schon viel Arbeit, aber auch sehr viel Spaß, den Film daheim noch einmal auf dem Computer quasi Bild für Bild vor sich ablaufen zu lassen und sich dabei an all die vielen interessanten Details zu erinnern, die Brokies in den vergangenen drei Jahren herausgefunden haben.
Zitat: |
Original von starrily
Wenn ich jetzt nicht etwas komplett falsch verstanden habe, suchst du nach Einzelheiten, die man beim 1. Betrachten des Films noch nicht sieht ? Oder bin ich da jetzt falsch gepolt ?
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Du hast es ganz genau erfasst, Starrily! Es geht tatsächlich um Dinge, die man beim ersten Sehen meist übersieht, oder gar nicht erkennen kann. Sei es, weil es kleine versteckte Details sind, auf die man beim ersten Sehen nicht achtet; sei es, weil sie auf Späteres vorausweisen, so dass man beim ersten Mal die Bedeutung gar nicht erkennen kann; seien es nicht offensichtliche Symbole; oder seien es auch interessante Hintergrundinformationen, die man einfach kennen muss, um sie zu kennen. Also zum Beispiel Anekdoten von den Dreharbeiten oder Sachinformationen zu Namen, Orten, Begebenheiten.
__________________ "Was vermeid ich denn die Wege,
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09.03.2009 11:01 |
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Frank
Whiskytrinker
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Und weiter geht's mit dem Kommentar:
0:06:13 Ennis fängt die ihm zugeworfene Uhr im wörtlichen wie im übertragenen Sinne „mit links“, d.h. gekonnt und geschickt. Später wird es ein parallele Szene geben, wenn Jacks Schwiegervater ihm die Autoschlüssel zuwirft. Jack jedoch kann sie nicht auffangen. Ennis ist geschickt, traut sich aber wenig zu; Jack traut sich viel zu, ist aber eher ungeschickt.
0:06:25 Wieder zeigt Aguirre seine Verachtung und seine soziale Überlegenheit über die beiden Hilfsarbeiter: Es gibt kein „Tschüss“, nicht mal ein „haut ab“; ein Blick genügt, und die beiden verstehen und ziehen rasch ab.
0:06:37 Bei Aguirre hängt an der Trailertür das Schild „Trespassers will be shot, survivors will be shot again.“ - Also frei übersetzt: Auf unbefugte Eindringlinge wird geschossen, auf Überlebende wird noch einmal geschossen. "Trespass" heißt übrigens ganz allgemein "übertreten", auch im Sinne des Übertretens von moralischen oder gesellschaftlichen Normen. Das „vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ aus dem Vaterunser heißt in der englischen Version: "forgive us our trespasses, as we forgive those who trespass against us". Genau diese Stelle aus dem Vaterunser wird dann später im Film auch zitiert. Und wieder – immer noch ganz am Anfang oder im Vorfeld ihrer Beziehung – wird das „Übertreten“ der Normen symbolisch mit dem Tod bedroht.
0:06:45 Der Cowboy mit dem schwarzen Hut bricht als erster das Eis und das Schweigen, das bislang noch zwischen den beiden Cowboys geherrscht hat. Er streckt – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne – die Hand aus: „Jack Twist.“...
Englisch „to twist“: biegen, krümmen, drehen, verdrehen, verschlingen. In einem Widmungsexemplar der Erzählungssammlung Close Range für Jake Gyllenhaal hat Annie Proulx erläutert, dass sich „Twist“ auf die kräftigen Schenkel- und Gesäßmuskeln bezieht, die man(n) haben muss, um sich beim Rodeo auf dem Pferd zu halten. Jake Gyllenhaal in einem Interview: „[Annie Proulx] wrote me a note with a limited edition copy of Close Range, which is the book that “Brokeback Mountain” the short story is in. In it she said that Jack Twist refers to— “Twist” refers to the strength—this might answer [your question about bull riding]—the strength of the thighs and butt muscles that a bull rider has to have in order to stay on the bull. I had never really thought of it that way. It's so funny, it's so clearly in you the whole time and you never really know what that is. I thought, 'Yeah, there's a real endurance.'“ (http://www.aboutfilm.com/movies/b/brokeb.../gyllenhaal.htm)
„Jack“ ist im englischen übrigens die Kurzform von „John“, also ist er eigentlich John Twist, jr. Er führt die Familientradition fort, heißt genauso wie sein Vater; setzt sich aber zugleich von ihm ab, indem er sich „Jack“ nennt.
0:06:48 Wortkarg antwortet der andere: „Ennis“ wird dann erst durch die witzige Bemerkung von Jack „Your folks just stopped at Ennis?“ (zugleich Hinweis auf die Familie, in die Ennis eingebunden ist: „your folks“, von denen – zumindest vom Vater – Ennis die homophobe Einstellung „geerbt“ hat) dazu veranlasst, auch seinen Nachnamen preis zu geben: „del Mar“. (Später, wenn er von Cassie „abgeschleppt“ wird, gibt es dieselbe zögerliche Pause zwischen "Ennis" und "del Mar", nur das Ennis diesmal doch noch von selbst seinen Nachnamen sagt.)
„Ennis“ ist keltisch (andere Formen: „Angus“, „Ynys“, „innis“ oder „innish“) und bedeutet „der Einzige“ („the one choice“) oder auch „Insel“. „Del Mar“ ist spanisch oder italienisch „vom Meer“. „Ennis del Mar“ heißt also soviel wie „Insel im Meer“, was auf seine Isolation („Isolation“ heißt ja auch nichts anderes als „Verinselung“) hinweist. Auch der romanische Nachname „del Mar“ könnte eventuell auf eine soziale Isolation in einer überwiegend angelsächsisch-protestantischen Welt hindeuten. - Und Ennis ist zugleich „the one choice“ von Jack Twist.
0:06:54 „Nice to know you, Ennis del Mar“ - nicht das floskelhafte „nice to meet you“, sondern „schön, dich zu kennen, Ennis del Mar“. (Persönliche Anmerkung: In der Tat, „schön dich zu kennen, Ennis del Mar“. Es wäre uns so unglaublich viel entgangen, wenn wir Ennis und Jack nicht „kennen“ gelernt hätten.)
__________________ "Was vermeid ich denn die Wege,
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09.03.2009 19:15 |
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Mopple
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Ich bin beeindruckt! Ich hab zwar schon einige Threads hier gelesen, aber so schön "komprimiert" und auch noch chronologisch sortiert - Hut ab vor dieser Aufgabe!
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09.03.2009 21:19 |
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sander
Landmaschinenhändler
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0:06:37 Bei Aguirre hängt an der Trailertür das Schild „Trespassers will be shot, survivors will be shot again.“ - Also frei übersetzt: Auf unbefugte Eindringlinge wird geschossen, auf Überlebende wird noch einmal geschossen.
Aber hieße das nicht für Ennis, den Überlebenden,dass er am Ende auch getötet wird??? Zumal Aguirre der einzige "Augenzeuge" ihrer Beziehung ist?
Möchte ich mir nun nicht auch noch vorstellen, aber eine SUPER Analyse, schreit förmlich nach Fortsetzung.
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10.03.2009 14:21 |
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Frank
Whiskytrinker
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0:06:59 Wieder übernimmt Jack die Führung, Ennis läuft hinterher, und zwar beide im Gleichschritt.
0:07:13 Jack hat zwei Flaschen Bier vor sich stehen, der sparsame und arme Ennis ist noch bei der ersten. Auch die halb gerauchte Zigarette, die er später wieder aus der Jackentasche holt, zeigt Ennis' Armut.
0:07:13 Neben Jack und Ennis gibt es noch eine dritte „Präsenz“ im Raum: In einer Flucht mit ihren beiden Köpfen ist im Hintergrund ein dritter Kopf zu sehen, der Totenschädel eines Rindes. Ein weiteres unheilschwangeres Omen, das von Beginn an über ihrer Beziehung schwebt.
0:07.22 An einer Stelle, als Jack die Geschichte von den vom Blitz erschlagenen Schafen erzählt, guckt Ennis ganz verdutzt. Offensichtlich weil Jack das gesuchte und von Ennis wohl nicht verstandene Wort „asphyxiate“ für „ersticken“ gebraucht (in Annie Proulxs Short Story erzählt Jack dagegen nur von „the peculiar stink“ der toten Schafe). Die Wahl des ungewöhnlichen "gebildeten" Begriffes „asphyxiate“ deutet schon darauf hin, dass Jack der Ehrgeiz über sein ärmliches Hilfsarbeiterdasein hinaus zieht. Er will weg aus Lightning Flat und weg von „my old man“, seinem Vater, von dem er sich ja schon namenstechnisch abgewendet hat („Jack“ statt „John“). Sein – vorläufiger – Ausweg ist das Rodeo.
0:07:50 „Das war mal...“ Auch Ennis deutet seinen Familienhintergrund an, wobei die Geschichte, wie seine Eltern starben, sein eigenes Schicksal voraus nimmt: Es hat sie aus der Kurve gehauen; offensichtlich sind sie, als die Straße einen Wendung (engl. „twist“) macht, geradeaus weitergefahren. Ennis macht denselben Fehler, als in seinem Lebensweg ein Twist auftaucht: „going straight“ = geradeaus fahren (Ennis' Eltern) bzw. den Heterosexuellen spielen (Ennis).
0:08:25 Eine der zahlreichen Szenen im Film, in denen, für den Zuschauer unbemerkt, Teile des Bildes vom Computer eingefügt worden sind, so hier die Berge in Hintergrund und einige der Schafe.
0:08:42 Ein weiterer mit dem Schafehüten assoziierter Baske (David Trimble); weit weniger anglifiziert als sein Chef und daher auch in einer niederen beruflichen Position. In den 1950er Jahren, als in Amerika ein Mangel an Hirten herrschte, bewarben sich rund 5000 Basken um Ranch-Jobs in Amerika. Einer von ihnen, der 1951 in die USA kam, erinnert sich: „My brother talked me into coming to America. They sent me into the Ruby Mountains with a pack burro and a tent to work for a sheep man by the name of Tony Smith. My first camp was in a place called Rattlesnake Canyon, near Lee, Nevada. I hated the Rubies. They were rough, steep, and very dangerous. I did not like to be alone. The camp tender would come to my camp every five days. If I was out with my sheep, he left the groceries near my camp and went on. I lasted 4 months. My brother said ‘Stick it out you will become used to it.’ I told him, no, I was leaving for California.“
Hinweis:
Mehr über die Basken im Westen Amerikas hier: http://www.cowboyshowcase.com/basque.htm
Und hier ein interessantes Interview mit dem Darsteller des Basken, David Trimble: http://www.findingbrokeback.com/Intervie...view_Frame.html
0:09:00 Als Ennis ihn besorgt auf den „low startle point“ des Pferdes aufmerksam macht, antwortet Jack: „I doubt that there's a filly that can throw me.“ „Ich bezweifle, dass es eine Stute (eigentlich: Stutenfohlen) gibt, die mich abwerfen kann.“ Ein (heterosexueller: doppeldeutige „Stuten“-Anspielung) Machospruch von Jack, der sich mehr zutraut, als er tatsächlich schafft (denn später erfahren wir, dass er doch vom Pferd abgeworfen wurde – vgl. auch später seinen Spruch mit dem Dosenöffner und das tatsächliche Resultat beim Dosenöffnen.)
0:09:09 Jack zu Ennis: „Willst du den ganzen Tag Knoten machen? Los geht's!“ Oder noch deutlicher im Original: „Well, let's get, less you wanna sit around and tie knots all day.“ Jack drängt auf Aufbruch und Bewegung, während Ennis die statische Präsenz ist, die auf Sicherheit geht.
0:09:50 Auch hier, wie in einigen der kommenden Einstellungen, sind die meisten Schafe digital ins Bild eingefügt worden.
0:10:03 Jack trägt eines der Schafe in der traditionellen Position des „guten Hirten“ auf den Schultern (wie auch in vielen Christus-Darstellungen, siehe Illustrationen unten). Ennis trägt eines der Schafe in der Satteltasche. Später zieht Jack einem Schaf einen Dorn aus dem Huf. Die beiden gehen also (trotz gelegentlicher „Arschtritte“) relativ zärtlich mit den Schafen um, anders als traditionelle „Cowboys“, die es mit Rindern zu tun haben, die sie nieder ringen und mit Brandeisen traktieren.
Christus als der Gute Hirte (Priscilla-Katakombe - Rom)
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Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von Frank: 14.03.2009 22:20.
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14.03.2009 21:20 |
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Nika
Rodeocowboy
Dabei seit: 24.03.2008
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Wow, das ist echt toll. Es gibt viele Details, die mir in ihrer Bedeutung so nicht bewußt waren.
Vielen herzlichen Dank für deine Mühe.
Viele Grüße, Anika
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14.03.2009 22:24 |
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