Die Landschaft |
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Schäfchen unregistriert
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Hallo Ihr Lieben!
Möchte mal ein neues Thema in die Runde werfen, das mich in den letzen Tagen ein wenig nachdenklich gemacht hat:
Vielleicht täusche ich mich, aber ich habe manchmal den Eindruck, dass die Landschaft hier ein bisschen schlecht wegkommt.
Wenn z.B. die Meinungen von Bekannten zitiert wird hat es für mein Empfinden immer einen negativen Beigeschmack, wenn gesagt wird "die Landschaft war toll, aber ..."
Dabei hat die Landschaft selber doch sooo viel mit der ganzen Geschichte zu tun, birgt so viel Symbolik und transportiert so oft die Stimmungen.
Ich liebe diese Landschaftsaufnahmen (wie ich überhaupt die ganze Bildsprache und die Kameraeinstellungen phantastisch finde - aber das gehört vielleicht nicht hierher, könnte man auch mal eine Rubrik drüber eröffnen, oder gibt es die schon?) und ohne sie wäre der Film um einiges ärmer.
Deswegen finde ich es schon fast wieder erfreulich, wenn jemand wenigstens die Landschaftsaufnahmen zu schätzen weiß, denn dann nimmt er wenigstens etwas von dem Film mit.
Mich würde interessieren, wie ihr die Landschaft empfindet, was sie für euch bedeutet?
Für mich symbolisiert sie in erster Linie Zerrissenheit, Zwiespältigkeit, in all ihrer Kargheit aber auch unbändige Kraft. (da ist sie schon wieder diese Zwiespältigkeit ...).
Z.B. zu Beginn, oben auf dem Berg, eine Freiheit, die nie wieder kommen sollte, im Gegensatz dazu unten im Tal eine Begrenztheit, Eingeengtheit durch Konventionen und Moralvorstellungen.
Das was war, oben auf dem BBM, bleibt immer im Hintergrund, es spielt sich vor dieser Bergkulisse ab (z.B. bei den Treffen am See), bleibt aber auf ewig unerreicht.
Dann die weiten Ebenen über die ein kalter Wind weht, endlosen einsamen Straßen, ...
Es fällt mir etwas schwer meine Empfindungen in Worte zu fassen, daher stelle ich dir Frage jetzt erst mal einfach in den Raum und gebe noch eine kleine Assoziation, bzw. ein Eindruck der bei mir entstanden ist (und den ich in dem ein oder anderen Artikel auch schon mal wiedergefunden, aber nie vertieft gesehen habe) mit auf den Weg:
Vor ein paar Jahren war in Köln mal eine Ausstellung von Edward Hopper. Einige Bilder von ihm sind ja sehr bekannt, andere wiederum waren mir neu und ich hatte mich auch vorher nie mit dem Hintergrund oder den Geschichten dahinter beschäftigt. Doch in vielen seiner Bilder spielt Einsamkeit, Isolation, Distanz(iertheit) und für mich auch die Frage nach dem Sinn eine Rolle.
Viele Bilder und Einstellungen haben mich schon beim ersten Sehen des Films daran erinnert. Bilder voller Poesie du Harmonie, einer Ruhe und Ausstrahlung – auf den ersten Blick, doch wenn man länger hinsieht, sieht man so viel mehr.
Die Risse hinter der Fassade, die Unfähigkeit zu handeln, die Ziellosigkeit, den Weg, der ins Nichts führt.
Eine meiner absoluten Lieblingseinstellungen ist der Moment kurz bevor Ennis das Haus der Twists verlässt und sich im Heckfenster des blauen Pickups der Himmel spiegelt, vor dem alten heruntergekommenen und doch so sterilen Haus, wie ich überhaupt die ganze Szenerie um Jacks Elternhaus ganz wunderbar finde.
Bei dem ganzen Nachdenken über die Szenerien ist mir ein Gedicht in den Sinn gekommen, von dem ich gerade festgestellt habe, dass es nur ein Ausschnitt aus einem viel längeren Gedicht ist nämlich „Das Buch von der Pilgerschaft“ von Rainer Maria Rilke:
In diesem Dorfe steht das letzte Haus
so einsam wie das letzte Haus der Welt.
Die Straße, die das kleine Dorf nicht hält,
geht langsam weiter in die Nacht hinaus.
Das kleine Dorf ist nur ein Übergang
zwischen zwei Weiten, ahnungsvoll und bang,
ein Weg an Häusern hin statt eines Stegs.
Und die das Dorf verlassen, wandern lang,
und viele sterben vielleicht unterwegs.
Es endet übrigens mit den folgenden Strophen:
In tiefen Nächten grab ich dich, du Schatz.
Denn alle Überflüsse, die ich sah,
sind Armut und armsäliger Ersatz
für deine Schönheit, die noch nie geschah.
Aber der Weg zu dir ist furchtbar weit
und, weil ihn lange keiner ging, verweht.
O du bist einsam. Du bist Einsamkeit,
du Herz, das zu entfernten Talen geht.
Und meine Hände, welche blutig sind
vom Graben, heb ich offen in den Wind,
so daß sie sich verzweigen wie ein Baum.
Ich sauge dich mit ihnen aus dem Raum
als hättest du dich einmal dort zerschellt
in einer ungeduldigen Gebärde,
und fielest jetzt, eine zerstäubte Welt,
aus fernen Sternen wieder auf die Erde
sanft wie ein Frühlingsregen fällt.
http://www.rilke.de/gedichte/das_buch_vo...ilgerschaft.htm
Habe nur ich hier gerade ganz eindeutige Bilder vor Augen??? (Und ich kannte das Gedicht bis vor wenigen Minuten noch gar nicht in seiner vollen Länge!)
PS: Als ich es gerade nochmal gelesen habe, musste ich feststellen, dass es ein bisschen wirr ist, bzw. ein wenig sprunghaft, aber mir ging gerade so viel auf einmal durch den Kopf.
Ich poste es jetzt trotzdem mal so und hoffe, ihr könnt mir wenigstens zu einigen Teilen mal eure Meinung sagen.
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31.03.2007 17:16 |
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Andi
Ranchbesitzer
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Ja, die Landschaft spielt schon eine unheimlich große Rolle in BBM. Sie wurde auch schon oft als dritte Hauptrolle bezeichnet. Und irgendwie stimmt das auch. Durch die Landschaft, die Berge und auch durch den Himmel werden unheimlich viele Gefühlsstimmungen und Situationen verstärkt und verdeutlicht. Ohne das alles würde vieles im Film kaum rüberkommen.
Am Anfang symbolisieren die Berge und die Einsamkeit eine Art Paradies für die beiden, da sie dort ihren Gefühlen und ihrer Natur freien Lauf lassen können. Und die Berge sind auch im weiteren Verlauf des Films der einzige Ort an dem sie das tun können. Allerdings wirkt das dann mit der Zeit nicht mehr so perfekt und prachtvoll, so wie auch die beiden nie wieder richtig glücklich werden.
Für mich wirkt die Zeit auf dem Brokeback durch die Landschaft erst so richtig wunderbar und der Zustand in dem sich die beiden befinden noch reiner, vollkommener und utopischer. Ich bin jedes mal, wenn ich BBM gucke, wie auch grade eben mal wieder, aufs Neue fasziniert und total beeindruckt von der unglaublich grandiosen Kombination aus der Landschaft und den beiden Ennis und Jack. Auch einzeln betrachtet sind sowohl die Landschaft, als auch die beiden Männer total stark, aber zusammen ist es einfach der absolute Wahnsinn und ergibt ein vollkommenes perfektes Ganzes.
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31.03.2007 17:39 |
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AngLee
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Schäfchen, ich finde das sehr schön, wie du hier die Landschaft würdigst. Ich hab deinen Artikel heute schon ein paar Mal gelesen und er geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich weiß nicht, ob ich eine strukturierte Stellungnahme in die Tastatur bekomme, weil du so verschiedene Aspekte angesprochen hast, so viele Gefühle berührst, die ich schwer in Worte fassen kann. Ich nenne einfach mal ein paar Stichpunkte, die mir wichtig sind.
"Die Landschaft birgt so viel Symbolik und transportiert so oft die Stimmungen" - Die Stimmungen, die der Film in uns hervorruft ergeben sich meiner Meinung nach aus der engen Verflechtung von Landschaft, Handlung und Musik. Die Landschaft ohne die Handlung wäre "nur schön", die Handlung hätte in einer anderen Umgebung einen ganz anderen Charakter. Man könnte sich ja beides mal isoliert vorstellen. Z.B. Ennis und Jack lernen sich während der Arbeit in der Straßenbaufirma kennen, gehen regelmäßig abends ein Bier trinken, verlieben sich ... kein Gefühl der Freiheit ihrer Liebe, das ewige Ziel der Beiden, das unerreichbare, wie du so treffend sagst.
Der Film ohne die Musik, würde aber auch nicht funktionieren. (Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber spielt nicht in den Bergen die Gitarrenmusik von Gustavo Santaolalla, während in der Stadt eher die Country Songs gespielt werden?) Für mich bilden Landschaft, Handlung und Musik so eine Art "Dreiecksbeziehung". Nur zusammen bilden sie das Ganze. Deshalb kann ich es nicht akzeptieren, wenn jemand den Film nur wegen seiner Landschaftsaufnahmen gut findet. Der sollte sich lieber einen Reisebericht ansehen.
Die Sache mit der Kameraeinstellung finde ich auch sehr wichtig. So wie die Kamera die Umgebung einfängt, habe ich immer das Gefühl, dass es immer sehr "karge" Darstellungen sind. Alles auf den Einstellungen hat seinen Sinn und Platz, sie sind bis aufs kleinste Detail durchstrukturiert und gestaltet. Keine überflüssige Deko oder Beigabe, man wird durch nichts abgelenkt und wird dadurch auf das Wesentliche sozusagen gestoßen. Ich kann das nicht besser ausdrücken.
Viele Einstellungen im Film kamen mir schon fast wie ein Gemälde vor. Und da kann ich Deine Querverbindung zu Edward Hopper gut nachvollziehen. Seine Bilder sind ähnlich strukturiert und vermitteln gerade durch das Weggelassene diese Einsamkeit, Isolation und Sehnsucht.
Komisch, dass du diesen Maler erwähnst. Wir haben einen Kalender von ihm an der Wand hängen und man kann sich einen Monat lang Geschichten ausdenken, seine Gedanken schweifen lassen ... über das jeweils Dargestellte und Ausgelassene.
Zitat: |
Eine meiner absoluten Lieblingseinstellungen ist der Moment kurz bevor Ennis das Haus der Twists verlässt und sich im Heckfenster des blauen Pickups der Himmel spiegelt, vor dem alten heruntergekommenen und doch so sterilen Haus, wie ich überhaupt die ganze Szenerie um Jacks Elternhaus ganz wunderbar finde. |
Das ist eine Wahnsinns Einstellung! Das Bild gibts hier irgendwo im Forum, ich finde es aber nicht wieder. Man kann auf dem Bild den Namen JACK erkennen. (J= Pickup, A= Hausgibel, C= Wolkenformation K=Baum rechts neben dem Haus). Ob Ang Lee mit seiner Bild Komposition so weit gegangen ist?
Aber auch ohne dieses "JACK" habe ich hier das Gefühl, dass die weite Landschaft, die bisher für Freiheit stand, hier Ennis fast erdrückt.
... und dann das Rilke Gedicht. Da sage ich jetzt gar nichts mehr dazu, da driftet meine Seele einfach davon.
Und die das Dorf verlassen, wandern lang,
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Aber der Weg zu dir ist furchtbar weit
und, weil ihn lange keiner ging, verweht.
O du bist einsam. Du bist Einsamkeit,
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31.03.2007 22:19 |
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AngLee
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Habe eben ein Interview mit Ang Lee gelesen und dabei eine interessante Stellungnahmme zum Thema Landschaft gefunden:
Die meisten Ihrer Filme leben unter anderem von ihren wunderbaren Landschaften…
Lee: Ich denke das hat viel damit zu tun, dass ich in der chinesischen Kultur aufgewachsen bin. Die chinesische Kultur ist eine unterdrückte, sehr indirekte Kultur. Man lernt dort, indem man über das Wetter, über die Landschaft, über scheinbare Alltäglichkeiten wie den Mond spricht, indirekt über seine Gefühle zu reden. Man kann das bei anderen chinesischen Filmemachern auch finden. Wir interessieren uns vielleicht weniger für Tiere… [Lacht]
Quelle:
http://www.artechock.de/film/text/interview/l/angglee_2006.htm
Also die Landschaft als Ausdrucksmöglichkeit für Gefühle. Fand ich sehr interessant, und kann das in BBM sehr gut nachvollziehen.
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11.04.2007 13:28 |
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Frank
Whiskytrinker
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Zitat: |
Original von AngLee
Also die Landschaft als Ausdrucksmöglichkeit für Gefühle. Fand ich sehr interessant, und kann das in BBM sehr gut nachvollziehen. |
Ein Beispiel: Ennis's Ritt nach der ersten Zeltnacht (kurz bevor er das gerissene Schaf findet): Statt eine Großaufnahme von seinem Gesicht zu zeigen, wie das vielleicht ein "europäischer" Regisseur getan hätte, geht die Kamera auf Distanz und zeigt Ennis in einer weiten rauen Landschaft mit einem zerrissenen Wolkenhimmel darüber.
"Diese Abwendung des Blicks, die sowohl der inszenatorischen Norm des Kinos als auch der Erwartung des Zuschauers zuwiderläuft, schafft Raum für eine subtile, unsentimentale Gefühlsdarstellung, bei dem die Landschaft den Affektausdruck des Gesichts übernimmt: Wie eine Projektionsfläche aufgewühlter Gefühle und verwirrter Gedanken erstreckt sich der unermessliche Himmel über dem gratwandelnden Ennis und vermittelt einen Eindruck von der Dimension des inneren Drama, das sich in dieser Seelenlandschaft spiegelt." (Aus: Fabienne Liptay, "Innen und Außen: Die Szenografie der Gefühle bei Ang Lee")
__________________ "Was vermeid ich denn die Wege,
wo die andern Wandrer gehn ..."
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11.04.2007 13:49 |
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Schäfchen unregistriert
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Hallo Ang, Fank, Andi,
vielen Dank dass ihr euch so ernsthaft mit dem Thema auseinandergesetzt habt. Leider kome ich erst jetzt dazu überhaupt mal was hier zu schreiben.
Die Interpretation der Bildaufteilung am Twist'schen Haus ist mir noch nie aufgefallen (J.A.C.K.), finde ich kreativ, aber in bißchen weit hergeholt.
Aber den Auszug aus dem Intweview finde ich wirklich interessant und auch Franks Bespiel kann ich gut nachvollziehen. Es ist genau das was ich empfinde und weswegen ich der Landschaft UND AUCH (und das möchte ich nochmal separat betonen) die Umgebung so bedeutsam finde und sie einen so starken Reiz auf mich ausübt.
(Sage das hier nur nochmal extra, weil für mich die Landsachft nicht immer nur die Berge sind, sondern auch die Einstellungen in den Dörfern, die Häuser, etc.)
Würde mich freuen wenn sich noch ein paar weitere Landschafts- bzw. Szenerie-Fans melden würden.
Und sei es nur mit ein paar Fotos.
Ich habe nämlich noch keine. Wo hast du das tolle Bild her Frank. Gibt es da, wo das herkommt noch mehr??
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11.04.2007 23:30 |
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Frank
Whiskytrinker
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@ AngLee
Interessant finde ich auch noch Liptays Deutung der Szene nachdem sich Ennis und Jack nach ihrem Sommer auf dem Brokeback trennen:
"Im runden Seitenspiegel seines Wagens", so Fabienne Liptay, "blickt Jack zurück auf Ennis, der mit dem Brokeback Mountain im Rücken die Straße entlangläuft. War der Berg zuvor ein Idyll männlicher Zweisamkeit, gerinnt er hier zu einem Erinnerungsbild, das sich immer weiter entfernt. Fortan wandert er als touristisches Motiv, aufgeladen mit persönlicher Geschichte, auf die Postkarten, die Jack an Ennis schickt, um ihn dort wiederzutreffen. 'Letztlich' so Ang Lee, 'hat doch jeder seinen ganz privaten Brokeback Mountain. Jemand, zu dem man zurückkehren möchte.' In dieser symbolischen Verschmelzung von Landschaft und Figur wird der titelgebende Berg im Schlussbild ganz wörtlich zum 'Gesicht, das den Menschen meint'. Nach Jacks Tod richtet sich Ennis im Kleiderschrank einen Schrein ein. Neben den übereiander hängenden Hemden der Männer - Reliquien einer alten Zeit - hängt eine Postkarte des Brokeback Mountain wie ein Porträt des toten Geliebten."
Ach ja, zu dem "JACK" Bild: Wahrscheinlich ist diese Deutung - so schön sie ist - tatsächlich einer etwas übereifrigen Fantasie zu verdanken.
Andererseits: Was mich ein wenig stutzig macht ist diese C-förmige Wolke. Das ist schon ungewöhnlich. Man weiß ja, dass einige Szenen - gerade auch die Wolken - mit dem Computer nachbearbeitet wurden, so dass der Himmel noch dramatischer aussieht. Vielleicht ist das ja auch hier der Fall, und dann wärs wohl doch Ang Lees Absicht.
__________________ "Was vermeid ich denn die Wege,
wo die andern Wandrer gehn ..."
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Frank: 12.04.2007 12:01.
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12.04.2007 11:58 |
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Eva
Ranchbesitzer
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Donnerwetter, ich bin immer wieder begeistert, wenn ich eure Deutungen und Kommentare lese. Man entdeckt immer wieder etwas Neues in BbM. Ich denke, der Film bietet Stoff für einige Doktorarbeiten in der Filmwissenschaft. Man kann bei BbM nie aufhören, etwas zu hinterfragen, zu deuten, zu interpretieren und zu analysieren. Es ist einfach herrlich!
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12.04.2007 18:42 |
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black rose
Whiskytrinker
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Zitat: |
Original von Frank
@ AngLee
Interessant finde ich auch noch Liptays Deutung der Szene nachdem sich Ennis und Jack nach ihrem Sommer auf dem Brokeback trennen:
"Im runden Seitenspiegel seines Wagens", so Fabienne Liptay, "blickt Jack zurück auf Ennis, der mit dem Brokeback Mountain im Rücken die Straße entlangläuft. War der Berg zuvor ein Idyll männlicher Zweisamkeit, gerinnt er hier zu einem Erinnerungsbild, das sich immer weiter entfernt. Fortan wandert er als touristisches Motiv, aufgeladen mit persönlicher Geschichte, auf die Postkarten, die Jack an Ennis schickt, um ihn dort wiederzutreffen. 'Letztlich' so Ang Lee, 'hat doch jeder seinen ganz privaten Brokeback Mountain. Jemand, zu dem man zurückkehren möchte.' In dieser symbolischen Verschmelzung von Landschaft und Figur wird der titelgebende Berg im Schlussbild ganz wörtlich zum 'Gesicht, das den Menschen meint'. Nach Jacks Tod richtet sich Ennis im Kleiderschrank einen Schrein ein. Neben den übereiander hängenden Hemden der Männer - Reliquien einer alten Zeit - hängt eine Postkarte des Brokeback Mountain wie ein Porträt des toten Geliebten."
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von der seite hab ich das noch gar nicht gesehen.ist aber eine schöne interpretation.
__________________ Enrique Bunbury
Lieber in der Hölle regieren, als im Himmel zu dienen!(John Milton)
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12.04.2007 19:56 |
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Francine
Whiskytrinker
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Die Szene als Ennis nach der ersten Zeltnacht über diese karge Landschaft reitet, der von Wolken zerrissene Himmel, diese Weite, geht mir jedesmal ganz tief unter die Haut. Ennis wirkt angesichts dieser atemberaubenden Landschaft so klein und doch wieder so groß. Weiß nicht wie ich es sagen soll. Die Musik noch dazu verstärkt dieses seltsame Gefühl. Es ist echt ein seltsames Gefühl, das ich immer bei dieser Szene habe. Irgendwie kann ich das Gefühl überhaupt nicht einordnen. Weder Freude, noch Glück, noch Traurigkeit, noch Einsamkeit. Irgendwie seltsam halt. Fühl mich hier immer total komisch. So wie in einer Leere. Wahrscheinlich ist das diese weite und karge Landschaft, die dieses undefinierbare Gefühl in mir auslöst. (Ich glaube ich erzähle hier jetzt irgendwie wirres Zeug...
)
Also Frank, deine Zitate von Fabienne Liptay gehen mir so was von unter die Haut, kann mich gar nicht sattlesen an den Zitaten. Da kommen mir fast die Tränen... Echt irre, wie die Landschaft das Seelenleben widerspiegelt. Habe das vorher nie so wahrgenommen. Habe zwar schon gesehen, dass die Landschaft die ganzen Gefühle im Film verstärken, aber dass das solche Dimensionen annimmt... Wow!!! Echt super, was ihr da so schreibt! Werde am Wochenende wieder mal ein längst überfälliges Brokeback-Zigmal-Anschau-Wochenende veranstalten und dann in dieser irren Landschaft versinken. Muss das mal total bewusst auf mich wirken lassen.
Das mit der C-förmigen Wolke finde ich auch etwas unnormal. Also ich würde es Ang Lee schon zutrauen, dass dies wirklich bewusst gemacht wurde.
__________________ For how long?
Long as we can ride it. Ain't no reins on this one.
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12.04.2007 23:11 |
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Schäfchen unregistriert
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Zitat: |
Original von Francine
Die Szene als Ennis nach der ersten Zeltnacht über diese karge Landschaft reitet, der von Wolken zerrissene Himmel, diese Weite, geht mir jedesmal ganz tief unter die Haut. Ennis wirkt angesichts dieser atemberaubenden Landschaft so klein und doch wieder so groß. Weiß nicht wie ich es sagen soll. Die Musik noch dazu verstärkt dieses seltsame Gefühl. Es ist echt ein seltsames Gefühl, das ich immer bei dieser Szene habe. Irgendwie kann ich das Gefühl überhaupt nicht einordnen. Weder Freude, noch Glück, noch Traurigkeit, noch Einsamkeit. Irgendwie seltsam halt. Fühl mich hier immer total komisch. So wie in einer Leere. Wahrscheinlich ist das diese weite und karge Landschaft, die dieses undefinierbare Gefühl in mir auslöst. (Ich glaube ich erzähle hier jetzt irgendwie wirres Zeug...
)
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Nein, gar nicht. Überleg doch mal, könnten das icht genau die Gefühe sein, die Ennis hat, als er nach seiner ersten Nacht mit Jack wieder auf den Berg reitet.
Diese Zerrissenheit? Unsicherheit? Unklarheit?
Was war das? Was immer es war, was wird daraus werden? Wird da was draus werden? ....
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12.04.2007 23:22 |
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Francine
Whiskytrinker
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Ja, wahrscheinlich hast du Recht, Schäfchen! Vielleicht ist das gerade DAS Gefühl, das Ang Lee mit dieser Landschaft ausdrücken und erzeugen will. Dass man gemeinsam mit Ennis eben dieses seltsame und undefinierbare Gefühl erlebt und auch durchleidet. Ennis kann gerade wahrscheinlich seine Gefühle auch nicht richtig zuordnen.
O je, bekomm grad ne Gänsehaut, und wenn ich dann nochmal das von Frank gepostete Foto mit Ennis vor dieser riesigen Wolkenwand sehe...
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12.04.2007 23:43 |
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Andi
Ranchbesitzer
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Zitat: |
Original von Francine
Die Szene als Ennis nach der ersten Zeltnacht über diese karge Landschaft reitet, der von Wolken zerrissene Himmel, diese Weite, geht mir jedesmal ganz tief unter die Haut. Ennis wirkt angesichts dieser atemberaubenden Landschaft so klein und doch wieder so groß. Weiß nicht wie ich es sagen soll. Die Musik noch dazu verstärkt dieses seltsame Gefühl. Es ist echt ein seltsames Gefühl, das ich immer bei dieser Szene habe. Irgendwie kann ich das Gefühl überhaupt nicht einordnen. Weder Freude, noch Glück, noch Traurigkeit, noch Einsamkeit. Irgendwie seltsam halt. Fühl mich hier immer total komisch. So wie in einer Leere. Wahrscheinlich ist das diese weite und karge Landschaft, die dieses undefinierbare Gefühl in mir auslöst. (Ich glaube ich erzähle hier jetzt irgendwie wirres Zeug...
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Oh nein, das ist kein wirres Zeug. Mir geht es ganz genauso. Ich weiß, was du mit Leere meinst. Dieses unbeschreibliche Gefühl hab ich auch bei dieser Szene und manchmal hält das auch während des gesamten Films an. Und die Umgebung spielt da natürlich eine riesige Rolle. Wenn die Landschaft, der Himmel und das alles nicht so wären, dann wäre auch der Film ein komplett anderer. Das alles macht BBM erst so richtig zu dem was es ist und verleiht ihm diese melancholische, atemberaubende Stimmung.
Zitat: |
Original von Schäfchen
Nein, gar nicht. Überleg doch mal, könnten das icht genau die Gefühe sein, die Ennis hat, als er nach seiner ersten Nacht mit Jack wieder auf den Berg reitet.
Diese Zerrissenheit? Unsicherheit? Unklarheit?
Was war das? Was immer es war, was wird daraus werden? Wird da was draus werden? .... |
Genau wie du es geschrieben hast verdeutlicht die Umgebung Ennis' Gefühle. Wenn die Sonne scheinen würde und es stürmen würde, dann wäre die Atmosphäre komplett anders und Ennis' Gefühle könnten nicht so gut ausgedrückt werden und für uns so eindringlich und ergreifend sein und vor allem nicht diese enorme Wirkung erzielen. Wenn ein Sturm wäre, würde alles wieder extrem dramatisiert rüberkommen und genau das macht BBM aus, nämlich dass es eben NICHT übertrieben ist sondern eher dezent und dafür umso wirkungsvoller.
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13.04.2007 11:47 |
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Bluelissa unregistriert
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Es kommt immer wieder auf dasselbe hinaus, diesen Film kann man nicht einfach sehen und konsumieren, man muss ihn empfinden.
Erst dann erschliesst er sich einem und dann trifft er mitten ins Herz.
Lissa
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13.04.2007 20:56 |
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krokomaus
Ranchbesitzer
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Schön gesagt, Lissa !! Man sieht nicht einfach einen Film namens Brokeback Mountain, man saugt ihn in sein Herz ein. Alles harmoniert perfekt. Die wunderbare Landschaft untermalt durch die dezente, absolut passende Musik. Einfach einfühlsam und sich insgesamt einzigartig ergänzend.
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13.04.2007 21:49 |
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Monkeymia unregistriert
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Zitat: |
Original von Bluelissa
Es kommt immer wieder auf dasselbe hinaus, diesen Film kann man nicht einfach sehen und konsumieren, man muss ihn empfinden.
Erst dann erschliesst er sich einem und dann trifft er mitten ins Herz.
Lissa |
Lissa, ich kann nichts hinzufügen.Schön gesagt.
Mia
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13.04.2007 22:20 |
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Francine
Whiskytrinker
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Zitat: |
Original von Bluelissa
Es kommt immer wieder auf dasselbe hinaus, diesen Film kann man nicht einfach sehen und konsumieren, man muss ihn empfinden.
Erst dann erschliesst er sich einem und dann trifft er mitten ins Herz.
Lissa |
Genau, Bluelissa! So ist es! Mitten ins Herz und dort bleibt er für immer und ewig...
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13.04.2007 22:38 |
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Monkeymia unregistriert
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Lissa, ich kann dem nichts hinzufügen.Das war schön gesagt.
Mia
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13.04.2007 22:51 |
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Schäfchen unregistriert
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„ ... Aber nach der Nacht im Zelt sieht die Landschaft nicht mehr so paradiesisch aus wie am Anfang, es wird Herbst, der Himmel eng, Arkadien verschwindet. Ein Cowboypaar in Wyoming im Jahr 1963 hat keine Chance. ...“
(Auszug aus dem Paradies: „Brokeback Mountain“ von Verena Lueken http://www.faz.net/s/Rub8A25A66CA9514B98...n~Scontent.html)
Wahrscheinlich kennt ihr den Artikel schon, ich hatte ihn auch schon mal gelesen, aber als er mir gerade wieder begegnete, fiel mir diese Stelle sofort ins Auge und ich mußte an die Diskussion hier denken.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Schäfchen: 14.04.2007 15:20.
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14.04.2007 15:20 |
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