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Andi Andi ist weiblich
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Ich habe Buch und Film bisher auch immer sehr differenziert betrachtet. Die englische Kurzgeschichte hab ich einige Zeit nach dem Film gesehen und kam mit ihr anfangs gar nicht klar. Mittlerweile ist das schon besser geworden, aber wirklich lieben tu ich nur den Film, daran hat sich seitdem wenig geändert.
Obwohl einige Stellen im Film fast eins zu eins aus der Kurzgeschichte übernommen wurden, fühlt sich die Story für mich doch von der ganzen Atmosphäre und der Charakterzeichnung ganz anders an als der Film.
Die deutsche Übersetzung der Story gefällt mir übrigens überhaupt nicht, die hört sich stellenweise meiner Meinung nach einfach nicht gut an. Es ist generell schwer, Annies Schreibstil ins Deutsch zu übertragen, sie verwendet viele landspezifische Wendungen und Ausdrücke, deren deutsche Übersetzung die Bedeutung schon leicht abwandelt. Normalerweise fällt mir bei einer Buchübersetzung nicht auf, dass der deutsche Text nicht das Original ist, aber bei den Kurzgeschichten von Annie Proulx war das die ganze Zeit so.
05.05.2009 19:22 Andi ist offline Beiträge von Andi suchen Nehmen Sie Andi in Ihre Freundesliste auf

Thomas
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Zitat:
Original von Andi
Obwohl einige Stellen im Film fast eins zu eins aus der Kurzgeschichte übernommen wurden, fühlt sich die Story für mich doch von der ganzen Atmosphäre und der Charakterzeichnung ganz anders an als der Film.
Die deutsche Übersetzung der Story gefällt mir übrigens überhaupt nicht, die hört sich stellenweise meiner Meinung nach einfach nicht gut an. Es ist generell schwer, Annies Schreibstil ins Deutsch zu übertragen, sie verwendet viele landspezifische Wendungen und Ausdrücke, deren deutsche Übersetzung die Bedeutung schon leicht abwandelt. Normalerweise fällt mir bei einer Buchübersetzung nicht auf, dass der deutsche Text nicht das Original ist, aber bei den Kurzgeschichten von Annie Proulx war das die ganze Zeit so.


Da stimme ich völlig mit dir überein, der deutsche Text (ich hoffe immer noch auf eine besser Übersetzung) ist nicht sehr gelungen. Aber wie du richtig schreibst, sehr schwer zu übersetzen. Film und Buch sind einfach zwei Paar "Stiefel".... Zelten

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Thomas: 05.05.2009 20:36.

05.05.2009 20:32

Frankie
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Ja, da fällt mir als Beispiel immer ein, wenn Ennis über seine Töchter sagt, "I' love them to pieces", was eigentlich ein ziemlich gängiger englischer Ausdruck für"ich liebe sie total"oder so ähnlich ist und die deutsche Übersetzung macht daraus "Ich hab sie zum Fressen gern".Das ist ziemlich daneben.
Auch wenn Jack sagt, dass er Ennis so sehr vermisst hat, dass er "Babys schänden"könnte.Mir fällt jetzt das englische Original nicht ein, irgendwas mit "could whip babies"und das hätte man auch anders übersetzen können.
Das ist wirklich sehr schade, denn es macht die deutsche Übersetzung ziemlich kalt, wie ich finde.Als ich sie zum ersten Male, vor dem Film, gelesen habe, fühlte ich mich eigentlich sogar ein bisschen abgestoßen davon.

Frankie

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05.05.2009 21:23 Frankie ist offline E-Mail an Frankie senden Beiträge von Frankie suchen Nehmen Sie Frankie in Ihre Freundesliste auf

mio mio ist weiblich
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Da wollte ich eigentlich noch ein bisschen was in diesem Thema schreiben, und jetzt ist die Diskussion schon drei Ecken weiter. Lachen
Dennoch möchte ich meine Gedanken dazu noch ein wenig ausführen:

Thomas, Brunika,
schön, dass ihr noch einmal erläutert habt, was ihr sagen wolltet.
Ich finde, die wahre Kunst liegt darin, etwas so zu erklären, dass es jeder verstehen kann. Das ist teilweise auch viel schwieriger. Augenzwinkern

Ich stimme mit Euch absolut überein, dass der gesellschaftskritische Aspekt die Kernaussage von BBM ist und dass die Geschichte sehr vielschichtig ist und nicht eine eindimensionale Darstellung einer Liebe. Wenn man "universelle Liebesgeschichte" damit übersetzt, dass es in BBM nur um die reine Darstellung einer Liebesbeziehung zwischen zwei Menschen geht und mehr nicht, dann stimme ich auch zu, dass das eine Fehlinterpretation der Geschichte wäre. Ich verstehe unter "universeller Liebesgeschichte" etwas anderes, aber das hatte ich schon versucht zu erklären.

Ich habe auch darüber nachgedacht, warum es sich so anfühlen könnte, dass der gesellschaftskritische Aspekt von BBM hier im Forum zu kurz kommt (ich habe euch so verstanden, dass ihr das bemängelt, Thomas und Brunika).
Ich denke, dass dieses Thema hier deshalb nicht so ausführlich besprochen wird, weil es dazu hier keine unterschiedlichen Meinungen gibt. Will sagen, ich denke, dass hier niemand homophob ist oder jemals war. Jeder hier verurteilt die gesellschaftliche Ablehnung von Homosexuellen, ohne dass man darüber ausdrücklich und ausführlich reden müsste. So habe ich das zumindest immer empfunden.
Wenn wir dagegen mit homophoben Menschen über BBM diskutieren würden, dann stünde sicherlich der gesellschaftskritische Aspekt der Geschichte weit mehr im Mittelpunkt.

Noch etwas zu meinen eigenen Empfindungen zu BBM: Da ich in Hinblick auf den gesellschaftskritischen Aspekt für mich selbst nichts "abzuarbeiten" habe, beschäftigt mich bei BBM vor allem dessen zweites großes Thema (dass aber in meinen Augen mit der Gesellschaftskritik eng zusammenhängt bzw. ohne das die Gesellschaftskritik nicht so nachhaltig wäre): Die Art der Liebesbeziehung zwischen Ennis und Jack und ihr Leid.
Ich spreche das Thema Liebe jetzt hier nochmal an, weil es da noch einen Aspekt gibt, der m.E. noch nicht in die Diskussion eingebracht wurde, der aber gerade hier in diesem Thread Bedeutung haben müsste: Interessant und sicherlich kein Zufall ist, dass in BBM nicht eine "durchschnittliche" Liebe zwischen zwei Männern dargestellt wird, sondern Ennis und Jack erleben miteinander die "große" Liebe, die wahre, die ideale Liebe. Alles andere an BBM ist sehr realistisch, aber diese tiefe, unerschütterliche, alle Widrigkeiten und die Zeit überdauernde Liebe ist, meiner Meinung nach absichtlich, eigentlich etwas unrealistisch. Meines Erachtens ist diese Liebe deshalb ein wenig zu perfekt, um ganz deutlich zu zeigen, dass auch zwischen Homosexuellen dieselben tiefen Gefühle herrschen können, nach denen sich jeder Mensch irgendwo sehnt. Der Zuschauer soll den Wert dieser Liebe sehen und das Leid, das Ennis und Jack empfinden, weil sie ihre Gefühle nicht ausleben können, damit er versteht, dass es falsch ist, diese Liebe zu verurteilen und zu unterbinden.

***

Die von Frankie eingestellte Aussage von Annie Proulx über BBM verstehe ich so, dass sie damit nicht verneint, dass es um Liebe in ihrer Geschichte geht (um was soll es denn eigentlich sonst gehen, Homosexualität ist doch zunächst einmal gleichgeschlechtliche Liebe), sondern dass sie sagen will, dass man nach dem Lesen der Geschichte/dem Sehen des Films nicht darüber nachdenken sollte, was Ennis und Jack hätten anders machen können, sondern das man darüber nachdenken sollte, was sich in der Gesellschaft verändert muss, damit es zu solch tragischen Geschichten nicht mehr kommen kann.
05.05.2009 22:37 mio ist offline E-Mail an mio senden Beiträge von mio suchen Nehmen Sie mio in Ihre Freundesliste auf

Thomas
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Zitat:
Original von mio

Ich habe auch darüber nachgedacht, warum es sich so anfühlen könnte, dass der gesellschaftskritische Aspekt von BBM hier im Forum zu kurz kommt (ich habe euch so verstanden, dass ihr das bemängelt, Thomas und Brunika).
Ich denke, dass dieses Thema hier deshalb nicht so ausführlich besprochen wird, weil es dazu hier keine unterschiedlichen Meinungen gibt. Will sagen, ich denke, dass hier niemand homophob ist oder jemals war. Jeder hier verurteilt die gesellschaftliche Ablehnung von Homosexuellen, ohne dass man darüber ausdrücklich und ausführlich reden müsste. So habe ich das zumindest immer empfunden.
Wenn wir dagegen mit homophoben Menschen über BBM diskutieren würden, dann stünde sicherlich der gesellschaftskritische Aspekt der Geschichte weit mehr im Mittelpunkt.



Der Film fordert auf ganz subtile, sprich einfühlsame Art und Weise Akzeptanz und Toleranz ein. Ich verstehe ihn als glänzendes Beispiel für ein Plädoyer ohne „erhobenen“ Zeigefinger. Zunächst ist es für viele Menschen eine „etwas andere Liebesgeschichte“, die sich bei näherem hinsehen, eben fast automatisch, zur Gesellschaftskritik entwickelt. Die Darstellung dieser stilisierten und vielleicht etwas unrealistischen Liebe, zielte in die Richtung ein breites Publikum anzusprechen. Viele Menschen konnten sich in sehr unterschiedlicher Form mit Jack und Ennis identifizieren, dies ist vielleicht wirklich das „universelle“ daran. Letztendlich würde es in meinen Augen auch keine Rolle spielen, auf welche Weise ein Mensch seine Vorurteile oder seine negative Sichtweise zum Thema „Homosexualität“ verliert. Sollte der Film ein Nachdenken über die Ausgrenzung von Menschen, die von gesellschaftlichen Normen abweichen bewirkt haben, ist dies vielleicht schon mehr als man erwarten konnte. Hier liegt sicher auch der tief greifende Unterschied zwischen Buch und Film, da das Medium Film zwangsläufig mehr Menschen erreicht. Nachdem diese Geschichte ja Bestandteil einer Sammlung von Kurzgeschichten war, wäre sie in der Fülle an Literaturveröffentlichungen, trotz ihrer Brisanz, vermutlich untergegangen. Deshalb war es sicher die richtige Entscheidung von A. Proulx sie eigens zu veröffentlichen und damit diesen Film überhaupt zu ermöglichen.

Ich gebe Mio völlig Recht in ihrer Einschätzung, bzgl. dem augenscheinlich im Forum zu kurz kommenden gesellschaftskritischen Aspekt, aber da hier jeder den Film und seine Aussage verinnerlicht hat, ist dies durchaus nachvollziehbar. Es klingt vielleicht ein wenig fatalistisch (pessimistische Lebenseinstellung) aber ich befürchte, dass leider die Teile unserer Gesellschaft denen es gut angestanden hätte unseren Film zu sehen, dies bedauerlicherweise „versäumt“ haben. Deshalb wird auch ein Film wie dieser nicht reichen, um durchgreifende gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken.
06.05.2009 10:38

brunika
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Zitat:
Original von ThomasEs klingt vielleicht ein wenig fatalistisch (pessimistische Lebenseinstellung) aber ich befürchte, dass leider die Teile unserer Gesellschaft denen es gut angestanden hätte unseren Film zu sehen, dies bedauerlicherweise „versäumt“ haben. Deshalb wird auch ein Film wie dieser nicht reichen, um durchgreifende gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken.


Bist Du denn sicher, dass bei eben diesen Teilen der Gesellschaft der Film überhaupt etwas bewirkt hätte?
Wenn ich so manche Kommentare zu Kritiken (an anderer Stelle) lese, bezweifle ich das. Ich hätte eher auf "unbelehrbar" getippt. Leider.
06.05.2009 11:32

Pfefferminza Pfefferminza ist weiblich
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Zitat:
Ich hätte eher auf "unbelehrbar" getippt.


Ich auch. Wobei ich davon ausgehe, dass eben diese Leute den Film eh "verweigern", wie hier auch schon gesagt wurde. Ich frage mich, ob es überhaupt irgendetwas gibt, was einen "Hardcore-Homophoben" eines besseren belehren könnte... unsicher

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06.05.2009 12:13 Pfefferminza ist offline E-Mail an Pfefferminza senden Beiträge von Pfefferminza suchen Nehmen Sie Pfefferminza in Ihre Freundesliste auf

Andi Andi ist weiblich
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Zitat:
Original von Pfefferminza
Zitat:
Ich hätte eher auf "unbelehrbar" getippt.


Ich auch. Wobei ich davon ausgehe, dass eben diese Leute den Film eh "verweigern", wie hier auch schon gesagt wurde. Ich frage mich, ob es überhaupt irgendetwas gibt, was einen "Hardcore-Homophoben" eines besseren belehren könnte... unsicher


Das Problem ist auch, dass BBM ein Film ist, auf den man sich wirklich einlassen muss und zu dem man nur mit einer unvoreingenommenen Einstellung Zugang findet. Wenn jemand schon gewisse festgefahrene Bilder und Vorstellungen vor Augen und diese während des Films die ganze Zeit im Hinterkopf hat, dann wird sich diesbezüglich auch durch BBM nichts ändern, zumindest gilt das für die Mehrheit. Außnahmen gibt es sicherlich auch hier.
06.05.2009 16:35 Andi ist offline Beiträge von Andi suchen Nehmen Sie Andi in Ihre Freundesliste auf

AngLee Super Moderator AngLee ist weiblich


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Zitat:
Original von mio
Meines Erachtens ist diese Liebe deshalb ein wenig zu perfekt, um ganz deutlich zu zeigen, dass auch zwischen Homosexuellen dieselben tiefen Gefühle herrschen können, nach denen sich jeder Mensch irgendwo sehnt. Der Zuschauer soll den Wert dieser Liebe sehen und das Leid, das Ennis und Jack empfinden, weil sie ihre Gefühle nicht ausleben können, damit er versteht, dass es falsch ist, diese Liebe zu verurteilen und zu unterbinden.


Zitat:
Original von Thomas
Die Darstellung dieser stilisierten und vielleicht etwas unrealistischen Liebe, zielte in die Richtung ein breites Publikum anzusprechen. Viele Menschen konnten sich in sehr unterschiedlicher Form mit Jack und Ennis identifizieren, dies ist vielleicht wirklich das „universelle“ daran. Letztendlich würde es in meinen Augen auch keine Rolle spielen, auf welche Weise ein Mensch seine Vorurteile oder seine negative Sichtweise zum Thema „Homosexualität“ verliert.


Ich finde diesen Aspekt sehr interessant! Und natürlich lockt so eine "große Liebesgeschichte" generell viele Menschen ins Kino, die dann dort ganz subtil die Ungerechtigkeit vermittelt bekommen, die solchen Minderheiten in unserer Gesellschaft angetan wird. Ich glaube aber nicht, dass das Ang Lees einziges Ansinnen war.
Ich meine, dass er diese Liebesgeschichte nicht nur so perfekt dargestellt hat um Massen anzulocken, sondern um dieses Leid, das Jack und Ennis empfinden, ganz tief in die Seelen der Zuschauer einzubrennen. Eben weil man es schlecht ertragen kann, dass eine solch übergroße Liebe mit Füßen getreten wird.
Ich finde durch diese perfekte Liebe wird dieses Leid und diese Ungerechtigkeit noch viel stärker empfunden, als wenn es eine alltägliche, mit der Zeit ein wenig abgenutzte Liebe gewesen wäre.

Zitat:
Original von Thomas
Es klingt vielleicht ein wenig fatalistisch (pessimistische Lebenseinstellung) aber ich befürchte, dass leider die Teile unserer Gesellschaft denen es gut angestanden hätte unseren Film zu sehen, dies bedauerlicherweise „versäumt“ haben. Deshalb wird auch ein Film wie dieser nicht reichen, um durchgreifende gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken.

Ich glaube, das wäre auch ein wenig zu viel verlangt von einem Film. smile
Trotzdem hat es einige Menschen, die dafür empfänglich sind, und die sich vielleicht vorher gar nicht so viele Gedanken zum Thema gemacht haben, angestoßen, das zu tun. Im Grunde zähle ich auch dazu. Die schwulen Männer, die ich bisher kennen gelernt hatte, waren mir zwar sympathisch, aber so richtig befasst habe ich mich mit dem Thema Homosexualität erst nachdem ich den Film gesehen habe. Und seither kann ich auch meine Meinung dazu viel selbstbewusster vertreten.
Und die Unbelehrbaren...natürlich kann der Film in ihnen nichts anstoßen. Aber Vielleicht, um Thomas´fatalistische Einstellung mit ein wenig Optimismus aufzupeppen- wird ihre Position einfach langsam und mit der Zeit ins Wanken gebracht durch eine wachsende tolerantere Schar in der Gesellschaft. wink
06.05.2009 17:06 AngLee ist offline E-Mail an AngLee senden Beiträge von AngLee suchen Nehmen Sie AngLee in Ihre Freundesliste auf

Pfefferminza Pfefferminza ist weiblich
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Zitat:
Aber Vielleicht, um Thomas´fatalistische Einstellung mit ein wenig Optimismus aufzupeppen- wird ihre Position einfach langsam und mit der Zeit ins Wanken gebracht durch eine wachsende tolerantere Schar in der Gesellschaft.


Ja, das wäre schön.

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Thomas
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Seit langem liegt es mir am Herzen etwas zur Regiearbeit von Ang Lee zu sagen, der uns diesen wunderbaren Film geschenkt hat. (klingt jetzt vielleicht pathetisch, ist aber ehrlich gemeint).

Ein Beispiel: Die Szene der Wiedersehensfreude nach vier Jahren, nach langen Jahren der Entbehrung – für Alma ist es ein Schockmoment, ein schrecklicher Augenblick, der schmerzhaften Erkenntnis und Demütigung. Der Zuschauer jedoch ist hin und hergerissen zwischen den unvereinbaren Empfindungen, die sie mit den Figuren teilen. Schlagartig begreift man das Ausmaß der erotischen, sozialen und psychischen Problematik. Der Film nutzt die multiperspektivischen Möglichkeiten des Kinos und entwirft dabei ein systemisches Design. Von einem systemischen Design ist in der Psychologie immer dann die Rede, wenn ein persönliches Drama nicht nur aus dem Blickwinkel einer Person, sondern eben aus den Blickwinkeln aller Beteiligten betrachtet wird. Vielleicht noch eindrucksvoller und nachhaltiger als im Theater, in dem der Zuschauer stets auf Distanz gehalten wird und eigentlich immer in Beobachterposition verharrt, vermag das Kino z.B. mit Nahaufnahmen im Schuss-Gegenschuss-Verfahren dies besagte systemische Design so zu inszenieren, dass die dramatischen Ereignisse, die der Film im Wechsel der Einstellungen vor Augen führt, ganz bestimmte Erkenntnisse vermittelt.

Ang Lee versteht es meisterhaft dies in ein filmisches Drama zu verwandeln. Ich denke hilfreich für ein solches Regiekonzept, wenn nicht vielleicht ausschlaggebend, mag seine persönliche Erfahrung als Grenzgänger zwischen den Kulturen von West nach Ost, gewesen sein. Eine ganz wichtige Aussage zum Thema „Liebesgeschichte“ in Brokeback Mountain hat er in einem Interview zum Ausdruck gebracht: „Wenn wir wüssten, was Liebe ist, wenn wir sie definieren könnten, hätten wir schon vor zweitausend Jahren aufgehört Liebesgeschichten zu erfinden.“ Ang Lee spricht davon dass ihm Dinge, durch ein Kameraobjektiv gesehen, klarer werden als mit bloßem Auge. Wer vor der Leinwand sitzt hat es stets und ausschließlich mit den Figuren auf der Leinwand zu tun. Er behauptet von sich: „Ich lebe auf der anderen Seite der Leinwand und trete ebenso wenig in das Blickfeld des Zuschauers wie die Kamera, die dieses Blickfeld für den Zuschauer ermöglicht.

Es gibt noch eine Reihe von sehr guten Beispielen zu Kameraführung und Regiearbeit in Brokeback Mountain. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt noch verschiedene andere prägnante Szenen beschreiben.

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Thomas: 06.05.2009 21:06.

06.05.2009 21:03

Borki Borki ist weiblich
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Zitat:
Original von Thomas
Es gibt noch eine Reihe von sehr guten Beispielen zu Kameraführung und Regiearbeit in Brokeback Mountain. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt noch verschiedene andere prägnante Szenen beschreiben.


Das ist hochinteressant! Ja, ich würde mich sehr freuen, bald noch mehr dazu zulesen!

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Der alte Brokeback hat uns ganz schön erwischt !


06.05.2009 21:57 Borki ist offline E-Mail an Borki senden Beiträge von Borki suchen Nehmen Sie Borki in Ihre Freundesliste auf

brunika
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Original von Thomas
Ang Lee versteht es meisterhaft dies in ein filmisches Drama zu verwandeln. Ich denke hilfreich für ein solches Regiekonzept, wenn nicht vielleicht ausschlaggebend, mag seine persönliche Erfahrung als Grenzgänger zwischen den Kulturen von West nach Ost, gewesen sein. ...Ang Lee spricht davon dass ihm Dinge, durch ein Kameraobjektiv gesehen, klarer werden als mit bloßem Auge. Wer vor der Leinwand sitzt hat es stets und ausschließlich mit den Figuren auf der Leinwand zu tun. Er behauptet von sich: „Ich lebe auf der anderen Seite der Leinwand und trete ebenso wenig in das Blickfeld des Zuschauers wie die Kamera, die dieses Blickfeld für den Zuschauer ermöglicht.


Finde ich äußerst interessant.
Natürlich hat Ang Lee durch seine eigenen Erfahrungen mit unterschiedlichen Kulturen einen anderen Blick auf die Dinge. Ich habe das vorher nie beachtet. Ist aber sicher sehr wesentlich, da ihm dadurch Dinge, die uns selbstverständlich scheinen, auffallen und er sie so eher deutlich machen kann. Sehr schlüssig.

Der Blick durch die Kamera... tja, der erinnert mich gleich an mehrere Dinge.
Zum Einen natürlich an Aguiree, der die Beiden durch sein Fernglas beobachtet und so die Perspektive, den Blickwinkel und damit den Kontext der Situation verändert. Der Zuschauer wird zum "Spanner", zum Beobachter aus dem Blickwinkel des Homophoben. Das "Verbotene" der Situation wird betont, das unschuldige weil unbeschwerte und arglose Verhalten von Ennis und Jack erhält einen unangenehmen Beigeschmack, das kommende Verhängnis ist vorauszuahnen. (Ähnlich wie bei Alma, wie Thomas ja schon geschrieben hat)
Zum Anderen bietet der Blick durch die Kamera einen "Lupeneffekt", also die Fokussierung auf einen Teilaspekt. Teile des Ganzen werden wesentlich deutlicher wahrgenommen als ohne diese Einschränkung des Blickfeldes (man schaue nur mal durch ein zusammengerolltes Stück Papier), die Konzentration der Aufmerksamkeit also auf einen ganz bestimmten Punkt gelenkt, Hintergrund und Kontext dadurch klarer.
Zum Dritten werde ich natürlich an den Blick DURCH den Spiegel - der ja auch als "Tor zu weiteren Dimensionen" fungiert- erinnert, der in einem früheren Post auftaucht. Die Vielschichtigkeit der Geschichte wird gerade durch diese Einschränkung, durch diese "Umrahmung" des Blickfeldes betont oder sogar ermöglicht.
Wenn Lee also davon spricht, dass seine Sicht durch die Kamera klarer wird (und die Sicht der Kamera ist ja letztlich das, was der Zuschauer zu sehen bekommt), dann sorgt er mit seinem Blick durch das Kameraobjektiv dafür, dass auch die Sicht des Zuschauers klarer wird, ihm die Intentionen des Regiseurs vermittelt werden und sein Bewußtsein erweitert wird (das klingt jetzt ein bißchen nach Guru. Aber irgenwie ist Ang Lee das ja auch).
Stellt sich mir nur die Frage, was er damit meint, er lebe auf der anderen Seite der Leinwand? Sieht er sich selbst als eine Art Katalysator? Schließlich ändert sich mit dem Einnehmen dieser neuen Position (oder ist das für ihn gar keine neue Position?) auch wieder seine Sicht auf die Dinge. Er wird vom Vermittler zum Zuschauer und hat damit die "Fronten gewechselt", was der Betrachter des Films ja nur mittelbar kann, nämlich durch die bereits erwähnte multiperspektivische Umsetzung.
Vielleicht kann mir da ja jemand weiterhelfen, wenn ich mich nicht zu wirr ausgedrückt habe.
Ein faszinierendes Thema! Schwirrt im Kopf vor lauter Alternativen.
06.05.2009 22:54

Thomas
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Zitat:
Original von brunika
Stellt sich mir nur die Frage, was er damit meint, er lebe auf der anderen Seite der Leinwand? Sieht er sich selbst als eine Art Katalysator? Schließlich ändert sich mit dem Einnehmen dieser neuen Position (oder ist das für ihn gar keine neue Position?) auch wieder seine Sicht auf die Dinge. Er wird vom Vermittler zum Zuschauer und hat damit die "Fronten gewechselt", was der Betrachter des Films ja nur mittelbar kann, nämlich durch die bereits erwähnte multiperspektivische Umsetzung.


Die Einschätzung A.Lee als eine Art Katalysator zu sehen ist eine gute Formulierung und trifft es vermutlich am besten, durch das Einnehmen der Position hinter der Leinwand denke ich, werden die für ihn so wichtigen unterschiedlichen Sichtweisen mit ermöglicht. Dabei bin ich der Meinung das jeder unmittelbare Rückschluss von dem was auf der Leinwand erscheint, auf die Intention des Menschen „hinter der Leinwand“, somit - im doppelten Sinn des Wortes – immer spekulativ bleiben.

Es gibt sicherlich ganz unterschiedliche Möglichkeiten sich BBM zu nähern, eine ist Ang Lee’s Vorstellung, BBM durchaus als eine Art Abgesang auf den klassischen Western zu sehen. Er steht in der Tradition von Filmen wie S.Peckinpahs „Junior Bonner“ oder Stuart Milars „When the Legends Die“, in diesen wird der Anachronismus zwischen Cowboytum und moderner Gegenwart als zentrales Thema behandelt. In BBM sind die beiden Protagonisten trotz traditoneller Kleidung nur noch Epigonen dessen, was man von Cowboys aus verschiedensten Filmen kennt; sie verdingen sich als Tagelöhner und sind den Launen eines unberechenbaren Viehhändlers unterworfen, der ihre Arbeitskraft eigentlich nur ausbeutet. Dabei sind es nicht mal mehr Rinder, die sie hüten, sondern Schafe und ihre Arbeit ist nicht heroisch, sondern anstrengend, stupide und alles andere als erstrebenswert.

Dennoch meine ich, galt A.Lee’s Interesse weniger dieser Arbeitssituation, als der Tatsache eine Ausgangsbasis für die Geschichte dieser unglücklichen Beziehung zu schaffen. In vielen Filmen müssen sich die Helden des „Western“ fast schon verrenken um ja keine körperliche Nähe zu signalisieren, um ja nicht schwul zu wirken. In BBM hingegen werden die zwei vermeintlich harten jungen Männer, konfrontiert mit unzumutbaren Arbeitsbedingungen, Wetterkapriolen und ihrer nagenden Einsamkeit von aufkommenden, bisher ungekannten Gefühlen regelrecht überrollt. Die Zeit auf dem Berg verstehen wir ja auch als die wohl glücklichste der beiden, trotz schwieriger Annäherung. Dies wird von A.Lee nicht als dumpfe Männer-Outdoor-Romantik dargestellt, sondern es geht um die Existenz und den Blick auf das Wesentliche.
07.05.2009 08:52

brunika
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Zitat:
Original von Thomas
Dabei bin ich der Meinung das jeder unmittelbare Rückschluss von dem was auf der Leinwand erscheint, auf die Intention des Menschen „hinter der Leinwand“, somit - im doppelten Sinn des Wortes – immer spekulativ bleiben.

Dennoch meine ich, galt A.Lee’s Interesse weniger dieser Arbeitssituation, als der Tatsache eine Ausgangsbasis für die Geschichte dieser unglücklichen Beziehung zu schaffen.

Dies wird von A.Lee nicht als dumpfe Männer-Outdoor-Romantik dargestellt, sondern es geht um die Existenz und den Blick auf das Wesentliche.


Sicher hast Du Recht, Thomas. Ein unmittelbarer Rückschluss ist sicher nicht möglich, sondern wäre reine Spekulation. Wenn dem nicht so wäre, würden auch hier im Forum keine unterschiedlichen Meinungen über die Deutung einzelner Szenen entstehen.

Die Arbeitssituation ist meiner Meinung nach sowohl Basis für die Geschichte - und zwar in erster Linie - dient aber auch zur Verdeutlichung der Lebenssituation zu dieser Zeit in diesen Verhältnissen im Allgemeinen. Denn solche Rahmenbedingungen werden ja kein Einzelfall gewesen sein. Wie heißt es in der Kurzgeschichte: "Zwei arme Deppen, aus denen nie etwas werden würde"
07.05.2009 10:43

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"DVD-EDITION "GROSSE KINOMOMENTE" - Der mit den schwulen Cowboys
Von Daniel Sander / Spiegel Online
Auf ein paar Schlagworte reduziert zu werden, kann für einen Film Fluch und Segen sein. Ang Lees grandiosem Drama "Brokeback Mountain" hat es jedoch nicht geschadet, der Film "mit den schwulen Cowboys" zu sein. Teil zwei der KulturSPIEGEL-Edition "Große Kinomomente". Wenn ein Film zur Ikone der Kinogeschichte wird, dann reichen oft ein oder zwei Schlagworte und jeder weiß, was gemeint ist. Der mit den Dinosauriern? "Jurassic Park". Das Südstaaten-Epos? "Vom Winde verweht". Der mit den schwulen Cowboys? "Brokeback Mountain". Schwer zu sagen, ob das ein Segen ist für diese große Liebesgeschichte zweier Männer, denen ein flüchtiger Sommer gemeinsamen, verbotenen Glücks ein Leben lang die Welt bedeuten wird - weil es doch zeigt, was für eine kulturelle Bedeutung Ang Lees mit Preisen nur so überhäufter Film binnen kürzester Zeit erreicht hat. Oder ein Fluch, weil "Brokeback Mountain" eben so viel mehr ist als nur der schwule Cowboyfilm. 134 Minuten nimmt sich Ang Lee, um die 1997 zuerst im "New Yorker" erschienene Kurzgeschichte von Annie Proulx auf die Leinwand zu bannen; das scheint zu viel für eine Geschichte, die man in weniger als einer halben Stunde lesen kann. Doch Lee ist kein Mann der Hektik, er kostet jeden Augenblick aus, nutzt jede Einstellung, um die Welt von Jack Twist und Ennis Del Mar bis ins letzte Detail zu erschaffen, diesen einfachen Jungs vom Land - für die Ewigkeit verkörpert von Jake Gyllenhaal und Heath Ledger - denen die Kamera über Jahrzehnte bis zum niederschmetternden Ende folgen wird. Man möchte keine Minute missen. Dieser Film erzählt mit so viel Kraft und Leidenschaft von der Tragik unerfüllter Liebe, dass auch die härtesten Kerle in den Kinosesseln ihre Tränen nicht so leicht wegblinzeln konnten. Drei Oscars hat "Brokeback Mountain" bei der Verleihung 2006 gewonnen, für das beste adaptierte Drehbuch, für die beste Filmmusik und die beste Regie. Dass es zum Entsetzen der meisten Beobachter nicht den Preis für den besten Film gab, und stattdessen "L. A. Crash" von Paul Haggis gewann, darf bis heute als Skandal gelten und womöglich als Beleg dafür, dass die alten, grauen Herren der Academy sich damals lieber noch nicht zu sehr mit einem Film über zwei sich liebende Männer auseinandersetzen mochten. Tröstlich vielleicht, dass gerade "Brokeback Mountain" den Grundstein gelegt haben könnte, für die Zeit, in der das mal anders sein sollte. Doch auch ohne den Haupt-Oscar hat dieser Film weltweit Millionen Besucher in den Kinos zum Weinen gebracht und knapp 180 Millionen Dollar eingespielt, bis eben jeder wusste, ja genau, das ist eben der Film mit den schwulen Cowboys. Dass Jack und Ennis eigentlich Schafe und keine Kühe hüten - was soll's."

Quelle: Spiegel online

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13.05.2009 10:38 pinkmaggit ist offline Beiträge von pinkmaggit suchen Nehmen Sie pinkmaggit in Ihre Freundesliste auf

Thomas
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Zitat:
Original von brunika

Sicher hast Du Recht, Thomas. Ein unmittelbarer Rückschluss ist sicher nicht möglich, sondern wäre reine Spekulation. Wenn dem nicht so wäre, würden auch hier im Forum keine unterschiedlichen Meinungen über die Deutung einzelner Szenen entstehen.



Ich habe einmal versucht herauszufinden wie denn eine klassische Filmanalyse verläuft. BBM ist geradezu ein Paradebeispiel, die klassische Filmanalyse stellt dafür ein ausgearbeitetes theoretisches Rüstzeug und methodisches Inventar zur Verfügung. Filmanalyse basiert auf der - je nach Autor mehr oder weniger - detaillierten Protokollierung des Films, auf deren Grundlage dann Inhalt und Repräsentation, Narration und Dramaturgie, Figuren und Akteure, Ästhetik und Gestaltung sowie Kontexte herausgearbeitet werden. Die Narration ist dabei eines der wichtigsten Aspekte da es für das Verständnis eines Filmes folgende Fragen aufwirft:

Warum passiert die Handlung?
Wer ist daran beteiligt?
Welche Konsequenzen ergeben sich für die Beteiligten?


Narration ist die erzählte Handlung in einem Film. Sie umfasst die Gesamtheit (Entwicklung, Anordnung und Darstellung) der Erzählung und schließt dabei die Kameraführung, den Schnitt und die Ausstattung der Szene ein. Die Narration ist definiert durch den Anfang, das Ende und die dazwischen liegende Durchführung der Filmhandlung. Dabei muss mindestens eine Ausgangssituation vorhanden sein, welche durch eine Veränderung in mindestens einem Merkmal in eine Endsituation übergeht (Minimalstruktur).

Ziel jedes Filmes ist es, die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu erregen und aufrechtzuerhalten. Um dies zu erreichen, ist nicht nur eine gute Geschichte wichtig, sondern auch ihre Umsetzung. Dazu gehört die Strukturierung der Handlung, die Bildung von Figurenkonstellationen sowie die Stimmung, die dem Geschehen zugrunde liegt. Die Dramaturgie dient letztendlich dazu die Spannung aufzubauen und zu halten. Narration ist also nicht nur die filmische Erzählung, sondern umfasst auch deren Umsetzung.

Die Vollständigkeit der verschiedenen Betrachtungsperspektiven, sichert einerseits objektive Erkenntnisse, stellt aber auch sehr zeitaufwändige Anforderungen an die Analyse und kommt oftmals zu ganz unterschiedlichen Sichtweisen und Schlussfolgerungen, wie wir ja hier im Forum schon häufig festgestellt haben. Diese Vielzahl an Betrachtungsweisen und Schwerpunkten zeigt, dass ein Film immer ein mehrdeutiges und inszeniertes Geschehen darstellt. Die Filmtheorie kann auf gewisse Weise die Bedeutung und Funktionsweise eines Werkes nur auf zwei Ebenen darstellen, auf den wissenschaftlich zu begründenden Fakten einer Thematik oder eben auf subjektiver Sichtweise die dadurch rein spekulativ bleibt.

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Thomas: 16.05.2009 10:31.

14.05.2009 09:51

brunika
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Wenn die klassische Filmanalyse auf einer detaillierten Protokollierung basiert, dann bietet Franks „BBM Kommentar“ (denken wir uns seine Interpretationen weg) doch eine wunderbare (und ausführliche) Grundlage zur Analyse der wissenschaftlich zu begründenden Fakten – oder ist eigentlich schon diese Analyse, wenn ich Dich richtig verstanden habe, Thomas.

Mit der Betrachtung der objektiv beweisbaren Tatsachen scheint sich jedoch – zumindest hier im Forum – niemand zufrieden geben zu wollen oder zu können.

Und damit wird es dann auch schon wieder schwierig, denn wir kommen zur Vollständigkeit von möglichen Betrachtungsperspektiven und Schwerpunkten, wie sie bei BBM in ungewöhnlicher Vielzahl gegeben sind. Was zwar einerseits eine recht detaillierte Analyse der Fakten zulässt, andererseits aber eben auch vielen zusätzlichen subjektiven Interpretationsmöglichkeiten Raum gibt, je nachdem, wo die Schwerpunkte des Einzelnen liegen.
Nun wird hier im Forum jede Szene und jede Handlungsperspektive immer wieder aus allen möglichen Blickwinkeln beleuchtet. Und trotzdem (oder gerade deswegen) kommt man zu unterschiedlichen Bedeutungsinterpretationen, eben weil Schwerpunkte anders gelegt oder die dargestellten Fakten mit unterschiedlichen Erfahrungswerten oder persönlichen Eindrücken hinterlegt werden, oft ohne dass dies dem Interpretierenden bewusst ist.

Nun war mir (außer der direkten Bedeutung des Wortes „narrare“ – erzählen und trotz deiner Erklärung, Thomas) nicht ganz klar, was in diesem Zusammenhang unter dem Begriff „Narration“ zu verstehen ist.
Die HU Berlin sagt: „Narration ist die Organisation von Zeit.... Das Erzählte ist wirklich, das noch zu Erzählende möglich ...Dabei sind die Möglichkeiten am Anfang einer Erzählung unendlich viele, am Schluss hingegen nur mehr wenige. Die Reihenfolge, in der Möglichkeit in Wirklichkeit übersetzt wird, ist die Erzählung.“
Eine interessante Definition, finde ich, gerade, wenn man die vielen unterschiedlichen Betrachtungsperspektiven bei BBM berücksichtigt.
Das hieße ja wohl, dass durch die unterschiedlichen Betrachtungsblickwinkel (z. B. Aguirre auf dem Berg oder Alma an der Tür) auch unterschiedliche „Wirklichkeiten“, unterschiedliche Erzählungen (zumindest in den Augen des Beobachters und damit in denen des Zuschauers) entstehen.
Zusammengeführt werden die (unterschiedlich wahrgenommenen und damit unterschiedlich gewerteten/gewichteten) Handlungsstränge dann bei Jacks Tod, aber auch dort wird durch die Unterschiede in der visuellen (Ennis) und auditiven (Lureen) Erzählung wieder eine neue „Wahrheit“ kreiert.
14.05.2009 17:05

Thomas
unregistriert
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Zitat:
Original von brunika
Nun war mir (außer der direkten Bedeutung des Wortes „narrare“ – erzählen und trotz deiner Erklärung, Thomas) nicht ganz klar, was in diesem Zusammenhang unter dem Begriff „Narration“ zu verstehen ist.
Die HU Berlin sagt: „Narration ist die Organisation von Zeit.... Das Erzählte ist wirklich, das noch zu Erzählende möglich ...Dabei sind die Möglichkeiten am Anfang einer Erzählung unendlich viele, am Schluss hingegen nur mehr wenige. Die Reihenfolge, in der Möglichkeit in Wirklichkeit übersetzt wird, ist die Erzählung.“
Eine interessante Definition, finde ich, gerade, wenn man die vielen unterschiedlichen Betrachtungsperspektiven bei BBM berücksichtigt.
Das hieße ja wohl, dass durch die unterschiedlichen Betrachtungsblickwinkel (z. B. Aguirre auf dem Berg oder Alma an der Tür) auch unterschiedliche „Wirklichkeiten“, unterschiedliche Erzählungen (zumindest in den Augen des Beobachters und damit in denen des Zuschauers) entstehen.


Das Adjektiv narrativ (= erzählerisch, von lat. „narrare“ = erzählen) ist ein Fachterminus der Erzähltheorie oder anders gesagt ein Prozess, der den Zuseher dazu führt, eine Fabula ( Konstrukt des Zusehers) zu konstruieren durch Syuzhet ( ist ein beliebiges Objekt, das zum Gegenstand einer künstlerischen Darstellung wird) und Filmstil.

Wer sich wirklich für diese Thematik interessiert dem empfehle ich eine umfangreiche Abhandlung der Universität Saarland mit dem Titel "Filmtherorien", man kann sie als PDF-Datei herunterladen. Diese Abhandlung umfasst so ziemlich alles zum Thema "wie funktioniert Filmverstehen?"

Aber um das ganze nicht zu abstrakt wirken zu lassen, (geschieht sehr schnell wenn man in die Tiefen der Film-Psychologie abtaucht) sollte man sich einfach vor Augen führen wie Ang Lee die Darstellung seiner Protagonisten sieht. Sein Kunstgriff besteht darin, die beiden männlichen Protagonisten als ganz "normale" und doch auch wieder "außergewöhnliche" Figuren über zwei Jahrzehnte zu entwickeln. So kann er sowohl die Normalität der Figuren wie ihren Ausnahmecharakter gleichermaßen als zwiespältig darstellen und beide Dimensionen als Formen kunstvoll ineinander spiegeln und zerlegen.

Ang Lee weicht in "Brokeback Mountain" von den Formeln und Klischees des kulinarisch Schwulen ab, sie stehen im Kontext der ausführlich erzählten Lebensgeschichte zweier junger Cowboys, die innerhalb einer traditionell übermännlichen Männerdomäne ihre Homosexualität erst noch entdecken und mit ihrer stinknormalen Biographie vereinen müssten. Damit spielt Lee bereits auf geschickte Weise mit der Homophilie und Homophobie in jedem einzelnen Zuschauer. Es ist halt wie bei Heterosexuellen: Jede/n kann es jederzeit erwischen. Die Meisterschaft Ang Lees besteht darin, die verwickelte Bilanz zwischen dem Streben nach dem verbotenen Glück und der gleichzeitigen Abwertung und Schwächung der Sicherungen des banalen Alltags feinfühlig und unbarmherzig umzusetzen. Jeder Versuch, den neu entdeckten Himmel zu berühren, wird mit einem Fall ins Tal bestraft. Man darf diese Strafe allerdings nicht christlich missverstehen, denn dann müssten die Orthodoxen Kräfte ja den Film als Vorwarn-Exempel geradezu empfehlen. Der christliche Diskurs ist ein Material, keine endgültige Perspektive dieses Films.
14.05.2009 21:15

brunika
unregistriert
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Zitat:
Original von Thomas
Jeder Versuch, den neu entdeckten Himmel zu berühren, wird mit einem Fall ins Tal bestraft. Man darf diese Strafe allerdings nicht christlich missverstehen, denn dann müssten die Orthodoxen Kräfte ja den Film als Vorwarn-Exempel geradezu empfehlen. Der christliche Diskurs ist ein Material, keine endgültige Perspektive dieses Films.


Wollte man die Strafe christlich verstehen, wäre wohl auch eher ein Eingreifen "von oben" (Krankheit...) angesagt.
Die Strafe erfolgt aber "lediglich" durch das eigene Gewissen der Protagonisten und/oder durch Sanktionen der Gesellschaft (deren Einschätzung von Homosexualität durch "christliche" Normen bedingt wird - stimmt).
Das heißt, es erfolgt weder eine "offensichtliche" Bestrafung (denn den Protagonisten "passiert ja nichts", geht man einmal davon aus, dass die Unfall-Theorie zutrifft ) noch empfinden die Beiden "offensichtliche" Reue (sonst würden Ennis und Jack ja auf das Ausleben ihrer Wünsche verzichten) - und das Verbiegen des Innenlebens wird von Orthodoxen Kräften ja vorausgesetzt und keineswegs als Beeinträchtigung der Lebensqualität angesehen.
15.05.2009 11:57

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