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Zum Ende der Seite springen Aristoteles über BBM
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Kessi Kessi ist weiblich
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Hab jetzt noch mal gegooglet und folgendes gefunden in einem Referat über das Thema

"Typisch für die griechische Tragödie war auch der politische Konflikt bzw. die Krise, die vom Schicksal oder von den Göttern vorhersehen war und die betroffene Person in eine ausweglose Situation brachte, weil egal was sie tat immer schuldig wurde."

Dann steht noch was zum strengen Aufbau einer griechischen Tragödie, das sie eben immer mit einem Prolog anfing und dann mit einem Eingangslied usw. und diese Grundstrucktur durfte nicht verändert werden. Das bestimmte Masken getragen werden mussten usw.

Die Frage die ich mir aber bei all der Diskussion stelle, ist doch die, warum wäre Ennis "Schuldig geworden" wenn er sich entschlossen hätte mit Jack zu leben? Ich meine schuldig im Sinne der griechischen Tragödie?

Ich möchte euch für die Diskussion danken, weil sie so interessant ist und ich so viel lerne, schon allein weil ich jetzt überall nachschlage und das bildet sooo ungemein, auch wenn mein Milchreis dabei anbrennt. traurig
31.01.2007 20:00 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

siri siri ist weiblich
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Zitat:
Original von Kessi

Ich möchte euch für die Diskussion danken, weil sie so interessant ist und ich so viel lerne, schon allein weil ich jetzt überall nachschlage und das bildet sooo ungemein, auch wenn mein Milchreis dabei anbrennt. traurig

Der Dank geht zurück! So intensiv hab ich mich glaube ich seit der Schulzeit nicht mehr mit diesem Thema beschäftigt.
Ich hoffe nur, dass dein Milchreis nicht angebrannt ist.

Mit dem schuldig weiss ich auch nicht so recht, man muss es wahrscheinlich transferieren auf die heutige Zeit, da wir nicht mehr in der Antike leben und in einer anderen Vorstellungswelt leben als damals.
Im heutigen Sinne wäre er wohl schuldig geworden, weil er eine Regelverletzung, die die Gesellschaft aufgestellt hat, begangen hätte, deren Ahndung er ja immer befürchtete hat (nämlich, dass sie erschlagen werden)
31.01.2007 20:09 siri ist offline E-Mail an siri senden Beiträge von siri suchen Nehmen Sie siri in Ihre Freundesliste auf

Andi Andi ist weiblich
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Zitat:
Original von siri

Im heutigen Sinne wäre er wohl schuldig geworden, weil er eine Regelverletzung, die die Gesellschaft aufgestellt hat, begangen hätte, deren Ahndung er ja immer befürchtete hat (nämlich, dass sie erschlagen werden)


Wobei das ja auch nur die Meinung der Gesellschaft ist. Die Gesellschaft denkt, dass homosexuell zu sein eine Art Verbrechen ist und ein Schwuler somit ein Täter, was ja vollkommener Blödsinn ist. Aber da Ennis ja damit niemandem schaden würde, sehe ich es nicht als Schuld, die Ennis damit auf sich nimmt. Er hätte vielleicht im Auge der Gesellschaft Schuld, aber nicht Schuld in dem Sinne, dass er wirklich ein Unrecht begeht.
31.01.2007 20:22 Andi ist offline Beiträge von Andi suchen Nehmen Sie Andi in Ihre Freundesliste auf

siri siri ist weiblich
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Zitat:
Original von Andi
[quote]Original von siri

Er hätte vielleicht im Auge der Gesellschaft Schuld, aber nicht Schuld in dem Sinne, dass er wirklich ein Unrecht begeht.


Ja, so habe ich es gemeint
31.01.2007 20:23 siri ist offline E-Mail an siri senden Beiträge von siri suchen Nehmen Sie siri in Ihre Freundesliste auf

Kessi Kessi ist weiblich
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siri
Nein bis jetzt ist mein Milchreis noch in Ordnung. großes Grinsen

Hab noch was Tolles gefunden zum Thema Tragödie allgemein.

"Alles Tragische beruht auf einem unausgleichbaren Gegensatz. Sowie Ausgleichung eintritt oder möglich ist, schwindet das Tragische" Goethe

des weiteren

".. Die Protagonisten können in Konflikt geraten zu Göttern, anonymen Mächten oder der Gesellschaft mit ihren Beschränkungen"

"Durch Darstellung von Menschen in tragischen Konflikten, in Extremsituationen vermag die Tragödie, die Möglichkeit des Menschseins zu zeigen"

Also ich finde BBM ist viel mehr eine Tragödie im herkömmlichen Sinne als eine klassisch griechische Tragödie.
31.01.2007 20:26 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

siri siri ist weiblich
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irgendwie komme ich nicht los Augenzwinkern
Die heutige Tragödie ist wohl eine Weiterentwicklung der griechischen in die heutige Zeit. Vor daher würde es dann passen. Muss noch mal Nachdenken, aber erst mal was Essen Augenzwinkern
31.01.2007 20:30 siri ist offline E-Mail an siri senden Beiträge von siri suchen Nehmen Sie siri in Ihre Freundesliste auf

Kessi Kessi ist weiblich
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Selbstverständlich
Unsere heutige Medizin basiert ja auch auf der Medizin von vor tausend Jahren trotzdem würdest du heute nicht mehr zur Ader lassen. Das was Medizin heute und damals verbindet ist was Allgemeines und so ist es auch mit der griechischen Tragödie.

Aber wenn du so schreibst dann hast Recht aber dann ist jede Tragödie eben auch "Titanic" im Prinzip eine antike Tragödie und da gebe ich dir dann auch wieder Recht.

Ich dachte nur man vergleicht BBM mit einer griechischen Tragödie und andere Tragödien nicht.
31.01.2007 20:43 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

Frank
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Hallo Brokies!

da bin ich wieder.

Ich find’s toll, dass meine Bemerkung inzwischen hier eine so intensive und interessante Diskussion ausgelöst hat. Schade, dass ich erst gegen Mitternacht wieder an den Computer gekommen bin(arbeite als Journalist und war Abends auf einem Termin).

Ich möchte zuerst noch was zu den Einwänden von Kessi sagen. Du schreibst: “Ich finde das BBM gerade so tief berührt weil es keine klassische Tragödie ist.“ Meine These - aber das kann ich erst später genauer erklären - ist in der Tat das gerade Gegenteil: Ich glaube, dass BBM gerade deshalb so tief berührt, weil es fast alle Elemente aufweist, die laut Aristoteles zu einer guten Tragödie dazu gehören. Natürlich ist es ziemlich gewagt, das, was ein griechischer Philosoph vor über 2300 Jahren geschrieben hat, auf einen heutigen Film anzuwenden. Und selbstverständlich passt nicht alles, was Aristoteles über die griechische Tragödie geschrieben hat eins-zu-eins auf BBM.

Trotzdem ist es erstaunlich, wie viel von dem, was Aristoteles in seiner Schrift "Von der Dichtkunst" über die Tragödie sagt, auch auf BBM zutrifft. Und ich glaube, dass es gerade diese Elemente sind, die für die besondere Wirkung von BBM verantwortlich sind und die dafür sorgen, dass BBM nicht nur “traurig“, sondern “tragisch“ ist. Ich nenne nur ein paar Stichworte, die ich später erklären werde: Hamartia, Peripetie, Wiedererkennung, schweres Leid, sowie die Wirkungen auf den Zuschauer nämlich Eleos (“Jammer” oder “Mitleid”), Phobos (“Schrecken” oder “Schauder”) und Katharsis (“Reinigung” der Seele) - all das gehört laut Aristoteles zur Tragödie, und all das findet sich auch in BBM.

Natürlich hat die klassische griechische Tragödie von der Form her in der Tat so gut wie nichts mit dem modernen Film gemeinsam: So eine Tragödie war eine hoch formalisierte und stilisierte Angelegenheit mit Prolog, Aufmarsch des Chores, Zwiegesprächen, die sich mit Chorliedern abwechseln, Abmarsch des Chores, und das ganze dann auch noch mit Masken, stilisierten Bewegungen, “hoher” Sprache (teilweise auch gesungen). Wir hätten in der Tat aller größte Schwierigkeiten, uns mit den Helden der Tragödie in dieser Form irgendwie zu identifizieren. Aber ich behaupte ja auch nicht, dass BBM in seiner äußeren Form irgendwie einer griechischen Tragödie des vierten Jahrhunderts vor Christus gleicht. (Die Schauspieler tragen jedenfalls keine Masken, singen auch nicht, und ein Chor tritt auch nicht auf und kommentiert das Geschehen.)

Aber es geht mir nicht um solche Äußerlichkeiten, sondern um die "darunter" liegende Struktur. Auch für Aristoteles war es zum Beispiel ganz wichtig, dass eine Tragödienhandlung “wahrscheinlich” und “glaubwürdig” ist. Eben weil sich der Zuschauer mit dem tragischen Helden identifizieren und mit ihm mit-leiden soll. Natürlich gab es damals ganz andere Maßstäbe dafür, was als “glaubwürdig” gelten konnte. Wir können an BBM natürlich nicht die antiken Maßstäbe anlegen (genauso wenig wie wir unsere Maßstäbe an die antike Tragödie anlegen dürfen). Jedenfalls erfüllt der Film das, was Aristoteles von einer Tragödie verlangt: Er ist in hohem Maße glaubwürdig und lädt zum Mit-Leiden ein.

Kessi, du schreibst BBM könnte allein schon deshalb nicht mit einer klassischen Tragödie verglichen werden, weil diese vor allem vom Dialog lebt, vom Pathos und von der “unglaublichen Macht der Sprache“. Das ist richtig. Das ist zum Beispiel das, was Shakespeare so toll macht. Und auch Aristoteles schreibt, dass zu einer Tragödie die „anziehend geformte Sprache“ unbedingt dazu gehört. Aber man muss bedenken, dass BBM eben kein Theaterstück und auch keine Oper ist, sondern ein FILM. Und die „Sprache“ des Films sind nicht in erster Linie die Dialoge, sondern die Bilder. Man hat ja immer wieder Rodrigo Prietos Kameraarbeit lobend hervorgehoben, insbesondere die großartigen Landschaftsaufnahmen. Aber alle Bilder in dem Film sind vom Kameramann und vom Regisseur sorgfältig gestaltet und „komponiert“ worden. Auch die Schauspielkunst ist in dem Film auf außerordentlich hohem Niveau und einfach „schön“ anzusehen. Gleiches gilt für die Musik (auch für Aristoteles gehören übrigens „Rhythmus“ und „Melodie“ ganz wesentlich zur „anziehend geformten Sprache“ der Tragödie). BBM ist im ästhetischen Sinne einfach ein „schöner Film“. Also: Auch BBM hat - genau so, wie es Aristoteles von der Tragödie fordert - eine „anziehend geformte“ Sprache, nur ist es eben nicht die gesprochene oder gesungene Sprache, sondern die Bild- und Filmsprache. Er lebt von der unglaublichen Macht der Bilder. Seien es nun die Landschaftsaufnahmen der Berge von Wyoming (bzw. Alberta) oder eine Großaufnahme von Heath Ledgers oder Jake Gyllenhaals Gesicht.´

So, später schreibe ich dann noch näheres zu Aristoteles und seiner Diskussion der Tragödie - und wie diese auffallend gut zu BBM passt.

__________________
"Was vermeid ich denn die Wege,
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01.02.2007 00:58 Frank ist offline E-Mail an Frank senden Beiträge von Frank suchen Nehmen Sie Frank in Ihre Freundesliste auf

Kessi Kessi ist weiblich
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Frank
Gut somit stimme ich mit dir überein, ich dachte du meinst die griechische Tragödie auch in ihrer Form, denn das hätte nicht gepaßt.

Aber was du schreibst passt auf JEDE Tragödie und wenn du das so siehst dann stimme ich mit dir auch überein. Also wenn man eine Tragödie nach der Definition von Aristoteles und eben nach dem Grundcharakter der Urtragödie abcheckt dann trifft es auf so gut wie jede Tragödie zu und man kann sie somit klassiefizieren.

Beispiele
Titanic ist eine Tragödie weil sie die Elemente enthällt die Aristoteles meinte (habe die Definition gelesen) Personen für die du Sympathie empfindest, Handlungsverlauf der dich hin und her wirft und du hoffst entgegen jeder Logik das es gut ausgehen wird. Hier ist noch ein Punkt der Tragödie erfüllt, das Wissen von Anfang an das eine der Hauptpersonen stirbt und trotz aller Logik hofft man das sie überlebt.
Außerdem ist hier das Motto der antiken griechischen Tragödie das unabwendbare Schicksal gegeben, nämlich der Schiffsuntergang und den können die Personen nicht abwenden, er ist unausweichlich.

Genauso die Oper La Boheme, hier ist eine nicht heilbaren Krankheit (Schwindsucht) das unabwendbare Schicksal, das in den Tod führt und auch hier können die Protagonisten nichts gegen ihr Schicksal tun, geauso wie bei dem Film Philadelphia, wo Aids das unabwendbare Schicksal ist.

Bei dem Film "Holocaust" mit Meryl S. und James W. ist die politische Situation das unabwendbare Schicksal und die Juden in dem Film sind ihr ausgeliefert und können an der Situation nichts ändern.
In dem Film "Der Pianist" erleben wir dann das was Gothe sagst, eine schicksalhafte Wendung in einer fast vorherbestimmten Situation die die Tragik verhindert, denn Spielmann hatte Glück und so kommt die eigentliche Tragödie zu einem guten Abschluss.

In dem Film "Das Leben der Sophie Scholl" sehen wir wieder das unabwendbare Schicksal in Form der politischen Verhältnisse und Sophie Scholl kann nur tragisch enden, wenn sie ihre Werte nicht verraten will. Also sie kann das Schicksal abwenden, wenn sie sich dem Naziregime unterordnet, aber das kann sie vom Charakter nicht also ist die Tragödie vorbestimmt.

Ich denke das man diese Elemente der griechischen Urtragödie auf JEDE Tragödie anwenden kann. Ich könnte hier ewig so weiter machen. Und da hast du natürlich Recht, da kann man BBM mit einordnen, denn hier sind es im Charakter der Hauptpersonen liegende Unmöglichkeiten die zum tragischem Ende führen.
01.02.2007 01:51 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

Frank
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Hallo Kessi und alle anderen
Ich will mal erklären, warum ich glaube, dass sich BBM von anderen “bloß” traurigen Geschichten unterscheidet und eine echte Tragödie ist.

(Sorry, jetzt kommt ein Riesentrumm von Text. Ich hoffe, dass ich damit nicht das Forum verstopfe.

Als Vergleichspunkt ziehe ich einfach den Film Titanic heran. Auch das ist eine Liebesgeschichte, in der einer der beiden Liebenden stirbt. Das ist traurig, aber nicht tragisch. Auch Titanic kann beim Zuschauer natürlich “Mitleid” und “Furcht” (oder nach einer anderen Übersetzung “Jammer” und “Schauder”) auslösen. Aber meiner Erfahrung nach nicht so intensiv und “existentiell”, wie das für viel Menschen mit BBM der Fall ist. Und ich glaube der Grund dafür ist, dass BBM anders als z.B. Titanic tragisch, und nicht “nur” traurig ist.

Folgendes trifft noch auf viele traurige Geschichten zu: Die Figuren der Tragödie, denen ein unverdientes Leid zustößt, müssen laut Aristoteles “mittlere” Charaktere sein: Nicht moralisch makellose Männer (denn wenn die am Ende ins Unglück stürzten, dann wäre das nicht “jammervoll“ oder “schauderhaft“, sondern einfach nur “abscheulich“, schreibt Aristoteles.) Aber auch keine Bösewichter, denn sonst würde ihr Tod oder ihr Leiden als “gerechte Strafe” erscheinen. Der tragische Held muss also laut Aristoteles jemand sein, “der nicht trotz seiner sittlichen Größe und seines hervorragenden Gerechtigkeitsstrebens, aber auch nicht wegen seiner Schlechtigkeit und Gemeinheit einen Umschlag ins Unglück erlebt, sondern wegen eines Fehlers (hamartia).” So und hier kommen wir an einen Punkt, in dem sich meiner Meinung nach BBM zum Beispiel von Titanic unterscheidet, und der BBM zu einer “echten“ Tragödie macht.

“Fehler” darf man hier nicht als “Charakterfehler” oder “moralische Verfehlung” verstehen (also z.B. weil Ennis und Jack ihre Frauen betrügen oder so), sondern eher als einen “Irrtum”, einen “Erkenntnisfehler”, eine “falsche Einschätzung”, die zu fatalen Konsequenzen führt. (Wikipedia: “Im dramaturgischen Sinn bedeutet Hamartia so viel wie Irrtum, nach Aristoteles ein Merkmal eines Tragödien-Helden, der durch das Verkennen einer Situation, durch ein einmaliges Fehlverhalten, ins Unglück stürzt.“

Im Falle von Ennis ist seine Hamartia seine eigene Homophobie, der Umstand, dass er sich nicht eingestehen will, dass auch er einer der “boys like you” ist. (“You know, I ain’t queer.“) Er verkennt die Situation, und endet deshalb im Unglück. Nicht wegen irgend eines “unausweichlichen Schicksals“ (die Kategorie “Schicksal” kommt bei Aristoteles gar nicht vor, sie ist eher Teil späterer Tragödien-Definitionen) endet Ennis am Ende einsam und voller Reue in einem Trailer, sondern wegen seines “tragischen Irrtums”, seiner “hamartia“. Ein “Fehler”, der nicht ein moralischer Fehler ist, denn nach dem wie Ennis aufgewachsen ist und was er als Kind erlebt hat, ist das nur zu verständlich. Ennis kann wohl nicht anders. Aber trotzdem muss er die Konsequenzen dieser Haltung tragen: Hätte er diese Fehleinschätzung nicht gehabt und nicht dem entsprechend gehandelt, sondern hätte er es gewagt, mit Jack zusammen zu leben, dann wäre es zur Tragödie zumindest in dieser Form nicht gekommen.

Titanic dagegen ist zwar traurig, aber nicht tragisch. Ganz drastisch gesagt: Die haben halt einfach Pech gehabt, dass sie auf dem falschen Schiff waren. Aber ein solcher “Unfall”, der von außen kommt (egal wie “unabwendbar” oder nicht), ist nicht tragisch (im dramaturgischen Sinne von Aristoteles), weil es nicht die notwendige Folge einer eigenen Hamartia ist, sondern einem einfach zufällig zustößt.

Deshalb kann BBM auch “existentielle” Betroffenheit hervorrufen wie in dem Zitat: “BBM hat mir meine eigene Wahrheit so an den Kopf geworfen, dass ich nicht mehr davon loskomme.” Ich denke, dasselbe könnte man über Titanic in dem Maße nicht schreiben (“Oh Gott, jetzt wird mir klar: Auf meiner nächsten Karibikkreuzfahrt könnte ich auch untergehen!”) Klar, ich oder jene, die ich liebe, könnten auch einen Schiffsuntergang erleben (oder einen Autounfall oder einen Flugzeugabsturz). Aber, mein Gott, wahrscheinlich ist das nicht. Hoffen wir mal, das wir das Pech nicht haben.

Wenn man sich dagegen fragen muss: “Habe ich selbst durch eigene Ängste oder innere Widerstände eine Gelegenheit verpasst? Habe ich durch eine eigene Fehleinschätzung jemanden, den ich liebe, vor den Kopf gestoßen, und damit unser Glück verspielt?”, dann geht das viel tiefer rein, weil ich mich dann mit meinem eigenen Leben und meinen eigenen “Fehlern” auseinandersetzen muss und Angst bekomme (“Furcht”, bzw. “Schauder“ also Phobos), dass es mir auch so gehen könnte wie Ennis. Und deshalb schreiben Leute über BBM Sätze wie diese: „Brokeback Mountain fordert unaufdringlich zum Nachdenken über sich selbst auf.“ - „Der Film hat mir meine eigene Wahrheit so an den Kopf geworfen, dass ich nicht davon loskomme.“ - „Von innen, ganz tief, habe ich um meine Liebe geweint. Dieser Film rührt ans Wesentliche.“ Bei einer bloß traurigen Geschichte muss ich vielleicht auch das eine oder andere Tränchen verdrücken und sage dann: „Ach war das ein schöner Film“, und kann dann beruhigt nach Hause gehen. Bei einer Tragödie wie BBM dagegen muss ich über den Film und über mich selbst noch lange nachdenken, denn sie „rührt ans Wesentliche“.

Also einer “mittleren Person” (weder moralisch völlig makellos, noch ein Bösewicht) stößt ein unverdientes Unglück zu, das aber letztlich Folge seines eigenen Irrtums und seines eigenen Handelns ist. Insofern ist Ennis hier der “tragische Held” und nicht Jack: Das Schicksal von Jack ist traurig (er kann keinen seiner Träume verwirklichen und stirbt am Ende), das von Ennis dagegen ist tragisch (er muss die bitteren Konsequenzen seiner eigenen Hamartia ertragen).

Was außer der Hamartie BBM ebenfalls auszeichnet sind die drei Handlungselemente, die laut Aristoteles bei einer Tragödie wichtig sind, und die zu der besonderen emotionalen Betroffenheit des Zuschauers beitragen: Peripetie, Wiedererkennung und schweres Leid. Gut, das mit dem schweren Leid trifft natürlich zum Beispiel auch auf Titanic zu. Aber das allein reicht halt noch nicht für eine echte Tragödie. Es gehören eben auch Peripetie und Wiedererkennung dazu.

Aristoteles: “Die Peripetie ist der Umschlag dessen, was erreicht werden soll, in das Gegenteil, und zwar gemäß der Wahrscheinlichkeit oder mit Notwendigkeit. So tritt im ‘Ödipus’ jemand auf, um Ödipus zu erfreuen und ihm die Furcht hinsichtlich seiner Mutter zu nehmen, indem er ihm mitteilt, wer er sei, und er erreicht damit das Gegenteil. Und im ‘Lynkäus’ wird der eine abgeführt, um zu sterben, während der andere - Danaos - ihn begleitet, um ihn zu töten; doch die Ereignisse führen dazu, dass dieser stirbt und jener gerettet wird.”

Auch in BBM gibt es eine solche Peripetie, einen “Umschlag dessen, was erreicht werden soll, in das Gegenteil”: Ennis hat die ganze Zeit Angst, dass es Jack und ihm so wie Earl und Rich ergehen könnte. Indem sie sich immer nur ab und zu “in the middle of nowhere” treffen und ihre Beziehung nicht offen ausleben (etwa mit einer gemeinsamen “cow and calf operation”), hofft Ennis, dieses Schicksal abwenden zu können. Aber am Ende tritt genau das ein, was Ennis befürchtet hat (ob sich das jetzt wirklich so abgespielt hat wie in dem Insert beim Telefongespräch gezeigt, oder nur in Ennis’ Fantasie spielt dabei erst mal keine Rolle): Jack stirbt, wird (zumindest in Ennis Vorstellung) mit einem “tire iron” erschlagen. Die Postkarte mit dem “deceased”-Stempel ist der Moment der “Peripetie”, des tragischen Umschlags der Handlung, den laut Aristoteles eine griechische Tragödie haben sollte, und den auch BBM tatsächlich hat. (Und den zum Beispiel “Titanic” nicht hat. Klar, der Umschlag vom Glück ins Unglück - genauer gesagt ins Schiffsunglück - ist zwar da, aber dieses Unglück ist weder die Folge eines tragischen Irrtums (zumindest nicht eines der beiden Hauptfiguren; echt “tragische“ Figuren sind dagegen die Schiffseigner und der Kapitän, die ihr Schiff für “unsinkbar“ hielten) , noch ist es das, was die Figuren die ganze Zeit gefürchtet haben. Deshalb zerfällt “Titanic” auch sozusagen in zwei Teile: Erst die Liebesgeschichte, dann der Schiffsuntergang. Aber es ist nicht so, dass eines notwendig aus dem anderen folgt, wie in einer Tragödie.)

Das zweite wesentliche Handlungsmoment einer Tragödie laut Aristoteles ist die “Wiedererkennung”. Aristoteles: “Die Wiedererkennung ist, wie schon die Bezeichnung sagt, der Umschlag von Unkenntnis in Kenntnis, mit der Folge das Freundschaft oder Feindschaft eintritt, je nachdem ob die Beteiligten zu Glück oder Unglück bestimmt sind.”

Klassisches Beispiel: Ödipus muss erkennen, dass der “Frevler”, der den eigenen Vater getötet und die eigene Mutter geheiratet hat, und der damit die Pest über Theben gebracht hat, dass dieser Frevler niemand anderes ist als er selbst. Und auch Brokeback Mountain hat natürlich eine große, tragische, mitreißende Szene der “Wiedererkennung”: Ennis findet die Hemden.

Ennis findet die Hemden und kann jetzt einfach nicht mehr länger leugnen, dass “die Sache”, die da zwischen ihm und Jack war, nichts anderes als Liebe war. Er erkennt, dass Jack ihn wirklich geliebt hat, und damit auch, dass ER Jack wirklich geliebt hat. Es ging nicht nur darum, zusammen “Spaß” zu haben (Cassy: “Mädchen verlieben sich nun mal nicht in Spaß” - und Jungs auch nicht), Elche zu jagen und “a couple of high-altitude fucks” zu haben. Da war mehr zwischen den beiden, und die einzige Möglichkeit für die beiden, glücklich zu werden, wäre gewesen, zusammen zu leben, so wie Jack das vorgeschlagen hat. Das muss jetzt auch Ennis erkennen. Aber da ist es schon zu spät.

Während andere Filme bloß “traurig” sind, weil sie keinen solchen Moment der Wiedererkennung haben (wieder könnte man “Titanic” als Beispiel zitieren), macht dieser Moment der Wiedererkennung BBM echt “tragisch”.

Also: Wir haben einen “mittleren” Charakter (weder moralisch vollkommen, noch ein Bösewicht), mit dem wir uns identifizieren können, und der aufgrund seiner eigenen “Hamartia” (und nicht wegen eines bloß von Außen kommenden “Schicksals”) ins Unglück stürzt. Wir haben eine Handlung mit Peripetie, Wiedererkennung und schwerem Leid. - BBM ist also ein geradezu “klassisches” Beispiel einer Tragödie mit allen von Aristoteles definierten Handlungselementen.

Und ich glaube, dass könnte ein Grund dafür sein, dass BBM die Wirkung erzielt, die der Film erzielt und die andere, bloß traurige Geschichten nicht haben, oder zumindest nicht so stark. So, jetzt höre ich aber auf. Das mit der Wirkung der Tragödie bringe ich später noch.

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01.02.2007 17:42 Frank ist offline E-Mail an Frank senden Beiträge von Frank suchen Nehmen Sie Frank in Ihre Freundesliste auf

Andi Andi ist weiblich
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Danke für die ausführliche und sachkundige Erläuterung! Warn sehr interessante Aspekte dabei, wobei ich aber trotzdem das Gefühl habe, dass meine Überwältigung durch den Film nicht davon kommt, dass BBM die Struktur einer Tragödie hat. Es ist schwer zu erklären, aber meine Empfindungen dem Film gegenüber sind einfach unerklärlich, es ist nicht mal so, dass ich mich mit einem Charakter besonders gut identifizieren oder den Film auf mein eigenes Leben beziehen könnte, aber die Emotionen dem gegenüber sind trotzdem unheimlich stark.
01.02.2007 18:02 Andi ist offline Beiträge von Andi suchen Nehmen Sie Andi in Ihre Freundesliste auf

Kessi Kessi ist weiblich
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Frank
Den gravierensten Fehler den du machst ist der von dir selbst auszugehen und ICH sehe es genauso wie du.
Aber es gibt viiiiiele Menschen die der Film Titanic viel tiefer bewegt hat als BBM.

Meine Tochter, sehr kritisch sonst, kann zu meinem großen Leidwesen mit dem Film BBM gar nicht viel anfangen. Sie findet ihn zwar gut gemacht und auch von der Problematik her nicht schlecht aber tief bewegen tut er sie nicht. Degegen haben Filme wie gerade "Der Pianist" oder "Das Leben der Sophie Scholl" auf sie eine so grandiose Wirkung das sie sogar deswegen ihre ethnischen Wurzeln hinterfragt.

Mein Mann der den Film ebenfalls gesehen hat, findet ihn zwar traurig und hatte Mitleid vor allem mit Jack, konnte aber da er mit der Problematik an sich nichts anfangen konnte nicht viel mit BBM anfangen.

Ein weiterer Mann aus unserem Dorf hat den Film gesehen und als Kommentar gesagt Naja wäre eher ein Film für seine Freundin gewesen, er sähe lieber Phantasiefilme wie "Herr der Ringe"

Der damalige Freund meiner Tochter den sie mit ins Kino geschleift hat, fand den Film schlichtweg langweilig und wäre fast im Kino eingeschlafen.
Und wenn man hier die vielen Kommentare der Leute liest über das was ihre Ehemänner, ihre Freundinnen, ihre Bekannten so sagen muss man doch durchaus sehen das nicht alle der Film bewegt. Also kann man das nicht verallgemeinern.

Ergo kommt es auf den Menschen an ob nun "Titanic" oder "BBM" tiefere Gefühle hinterläßt.

Etwas tragisch oder eben nur traurig zu empfinden ist also subjektiv, das kann man an nichts festmachen.

Mittlere Charaktere sind die Menschen in dem Film Titanic auch, dieser Jack ist ja ein armer und ganz einfacher Mann. Auch Spielmann in dem Film "Der Pianist" ist ein ganz einfacher Mann und die Familie Weiß in "Holocaust" ist auch eine ganz normale Durchschnittfamilie.
Wenn man das allerdings mit der giechischen Tragödie vergleicht dann ist ja klar was Aristoteles gemeint hat, nämlich das es sich um Menschen aus Fleisch und Blut gehandelt haben muss und eben nicht um Götter oder Halbgötter.
Übrigens hat auch niemand in dem Film "Titanic" übersittliche Größe und Gerechtigkeitsstreben, die Leute reagieren dort genau so wie eben die wirklichen Leute auf der Titanic reagiert haben und das man Frauen und Kinder zuerst in das Boot setzte das war eben damals so, da kann man leicht in den Berichten nachrecherchieren. Und besonders gemein ist dort auch niemand, also diesen Punkt kann ich nicht so sehen, tut mir leid.

Das unausweichliche Schicksal ist Teil der griechischen Tragödie, das wirst du in jeder Definition so finden. Das beste Beispiel ist Ödipus. In der modernen Tragödie ist es eher so das es wie im Lexikon ja schon beschrieben eher eine Charaktertragödie ist, also das Unglück kommt entsteht aus dem Menschen selbt und nicht durch ein unabwendbares Schicksal. Bei BBM ist es so wärend bei "Titanic" der Schiffsuntergang das unabwendbare Schicksal ist und egal ob das eine oder das andere es trifft die Definition.

Nach dem was du sagst über Titanic dann müsste aber nach deiner Definition Ödipus auch nur traurig sein und nicht tragisch. Ich mein da geht es auch um ein unabwendbares Schicksal das er nicht beeinflussen kann, genaus wie bei Titanic. Ödipus hatte auch einfach nur Pech das gerade für ihn so ein Leben vorherbestimmt war.

Die drei Teile einer Tragödie sind auch in Titanic vorhanden.

Peripetie
Würde ich den Augenblick bei Titanic zuordnen wo Rose wieder aus dem Boot steigt, man hat das Gefühl das sich deswegen ihr Schicksal wandelt, denn sonst wäre ja Roses Opfer umsonst gewesen.

Wiedererkennung
Ist glaub ich der Moment wo Rose auf den Toten zuschwimmt und die Pfeife nimmt, denn sie begreift das sie am Ende leben will auch wenn Jack tot ist. Aber das er ihr das eben ermöglicht hat erzeugt tiefe Liebe in ihm.
Übrigens denke ich bei BBM nicht das Ennis erst in dem Moment in dem er die Hemden gefunden hat weiß das Jack ihn liebt, das haben beide voneinander die ganze Zeit gewußt. Die Hemden haben für mich eher symbolischen Charakter. Verdrengte Homosexualität heißt im Englischen sich in einem Wandschrank zu befinden und dort waren die Hemden von Ennis und Jack ja auch. In einem Wandschrank. Und als Ennis sie an sich nimmt, bekennt er sich ja auch teilweise zu seiner Homosexualität. Ich habe darüber schon mal was unter der Rubrik "Symbole" geschrieben.

Ja und Leid brauchen wir ja nicht mehr zu interpretieren.

Naja bliebe am Ende noch hinzuzufügen das "Titanic" für 14 Oscars nominiert war und BBM nur für 8.

Lieber Frank sei mir jetzt bitte bitte nicht böse aber um ehrlich zu sein halte ich gar nichts davon etwas was man liebt oder was einen bewegt in Definitionen reinzuquetschen, weil eine Definition ist immer etwas Sachliches bar jeder Emotion und da zählen nur die Fakten.

BBM ist für mich einfach einer der besten Filme überhaupt, ich weiß nicht warum er mich so bewegt hat und warum er mich so zum Leiden gebracht hat, ich kann es nicht erklären und immer wenn ich es versuche wird es falsch, weil ich denke das es einfach nicht geht, weil es von der Logik her keinen Sinn macht, wegen ein paar fiktiven Personen traurig zu sein, Fanfics zu lesen und zu schreiben, damit man damit klar kommt, die meiste Zeit hier im Forum zu sitzten und sich zu freuen das es anderen auch so geht.

Für mich ist BBM keine antike Tragödie oder sonst was BBM ist nichts was schon mal da war, obwohl es von so vielem Elemente hat, vom Western, von (wenn man es so will) von der antiken Tragödie, von einer Liebesschnulze a la Rosamunde Pilcher, von einem sozialkritischen Film und doch am Ende von allem nichts.

BBM IST EINZIGARTIG

Diese Diskussion war echt so was von toll, weil ich echt viel gelernt habe und viel nachschlagen musste und ich bin echt froh das es sie gegeben hat.
01.02.2007 19:00 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

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Frank und Kessi, ich weiß jetzt echt nicht wie ich es in Worte fassen kann. Als rein naturwissenschaftlich-technisch interessiertem Menschen fallen mir die sprachlichen Dinge schwer, auch sind meine Grundlagen in den Theorien des Dramas und der Philosophie eher bescheiden, aber es reichte, um eurer fantastischen Diskussion zu folgen. Ich danke euch sehr dafür!
Dir Frank möchte ich sagen, dass dein Beitrag, für mich, das Beste ist, was ich je zu Brokeback Mountain gelesen habe. Die Sache mit der "Hamartia" hat mich wahnsinnig beeindruckt. Irgendwie habe ich die Methode, ein Drama zu analysieren, wieder neu entdeckt. Dank deiner ausführlichen Ausarbeitung.
Manchmal denke ich, egal wie perfekt inszeniert ein Bühnenstück oder Film ist, egal wie gut die Merkmale und Bestandteile eines Dramas bzw. einer Tragödie eingebaut und aufeinander abgestimmt sind, es kommt auf den Betrachter an, welche Wirkung sie erzielen. Beim einen setzt Eleos, Phobos und Katharsis ein, beim anderen nicht. Von daher glaube ich, ehrlich gesagt, dass nur emotional intelligente Menschen eine Tragödie, wie BBM richtig verstehen können und vor allem richtig erfühlen können. Das heißt jetzt nicht, dass der Rest der Menschheit gefühlsarm wäre, sondern dass es eine Gabe ist, sich so sehr wie wir hier alle, an einen Film zu verschenken.
Frank, schreibe bitte noch mehr! fröhlich
Ach, und Kessi....sobald ich Donni Darko gesehen habe, würde ich gerne mit dir über Wurmlöcher diskutieren. fröhlich

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03.02.2007 14:15 Eva ist offline E-Mail an Eva senden Beiträge von Eva suchen Nehmen Sie Eva in Ihre Freundesliste auf

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