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Zum Ende der Seite springen BBM als Wester (The Searchers)
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Frank
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BBM als Wester (The Searchers) Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Hallo,
Habt ihr immer noch ein wenig Lust, noch über BBM zu diskutieren? - Ich weiß: es scheint, als sei schon so ziemlich alles ausdiskutiert, und wahrscheinlich ist das auch so. Aber ich möchte doch ein neues, oder eigentlich auch schon uraltes Thema anschneiden: nämlich BBM als Western.

Inwieweit ist der Film ein “klassischer” Western; in wie weit nicht? Wo wiederholt oder variiert er Motive und Mythen des Westernfilms, wo “dekonstruiert” er sie (das heißt nicht einfach: macht sie kaputt, sondern baut sie sozusagen bis auf das Fundament ab, um sie neu und anders wieder aufzubauen)?

Ich möchte die Diskussion aber zuerst mit einer mehr “oberflächlichen” Beobachtung eröffnen.

Kennt jemand von euch den Film The Searchers (Der Schwarze Falke) von John Ford? Das ist einer der berühmtesten Western der Filmgeschichte - viele sagen: DER beste Western überhaupt. In dem Film spielt John Wayne seine wohl komplexeste Rolle, die des Ethan Edwards: Einerseits ist das wieder der klassische, männlich überlegene, stoische Westernheld, wie man ihn von anderen Wayne-Filmen auch kennt, andererseits aber auch eine zutiefst zwielichtige Figur (wie BBM arbeitet auch The Searchers viel mit Andeutungen und Ambiguitäten), ein Rassist und Indianerhasser.

Jedenfalls werden sein Bruder und seine Schwägerin bei einem Indianerüberfall getötet, und die beiden Nichten von den Comanchen entführt. Ethan und ein paar Texas Rangers verfolgen die Indianer, um die Mädchen zu befreien, was aber nicht gelingt. Schließlich suchen (daher der Originaltitel The Searchers) nur noch Ethan und das Halbblut Martin Pawley, der von der Familie des Mädchens adoptiert worden ist, nach der Entführten. Bald wird aber klar, dass Ethan seine Nichte Debbie nicht mehr befreien, sondern töten will, weil sie inzwischen schon so lange bei den Indianer lebt, dass sie selbst zu einer geworden ist und wohl bald mit einem Comanchen verheiratet werden wird (also: Lieber tot als rot.) In einer dramatische Szene am Ende reitet er hinter ihr her und stellt sie schließlich. Der Zuschauer fürchtet, dass er sie töten wird. Doch statt dessen nimmt er sie auf sein Pferd: “Komm nach Hause, Debbie.”

Ich bin mir nun ziemlich sicher, dass Ang Lee und wahrscheinlich auch die Schauspieler The Searchers vor den Dreharbeiten zu BBM gesehen haben, und sich für einige Szenen davon haben “inspirieren” lassen.

Eine deutliche Parallele zwischen beiden Filmen (freilich gilt das auch noch für viele andere Western) ist die Bedeutung, die die Landschaft hat: In BBM die Berge und Ebenen Albertas, in The Searchers vor allem das Monument Valley (wobei der Film uns weismachen will, das läge in Texas). Das Land ist gewissermaßen einer der “Hauptdarsteller” im Film. (Aus dem Wikipedia-Artikel über Der Schwarze Falke: “Das Epos, das als eines der bedeutendsten Werke des Western-Genres gilt, wartet mit großartigen Farbbildern auf, die die Gefühle der Hauptpersonen in der kargen, von Bergen durchzogenen Landschaft spiegeln. John Wayne trägt seine Gefühle in sich verschlossen mit sich herum und schafft es dennoch, den wenigen Gefühlsausbrüchen Glaubwürdigkeit zu verleihen.“ (klingt vertraut, nicht wahr?)

Dann gibt es aber noch drei Szenen in The Searchers, die meiner Meinung nach Ang Lee ganz direkt inspiriert haben.

Ihr erinnert euch natürlich an die Szene aus BBM, wo Jack im Vordergrund Kartoffeln schält, während im Hintergrund Ennis sich nackt wäscht. Diese Szene bezieht ihre Spannung und ihre Kraft ja gerade daraus, dass Jack sich zwingt, NICHT hinzugucken. Ich denke, wenn Ang Lee das so inszeniert hätte, dass Jack doch mal kurz einen verstohlenen Blick auf Ennis geworfen hätte, dann wäre diese erotische Spannung flöten gegangen. So aber bleibt sie aufgestaut, bis sie sich in der ersten Zeltszene Bahn bricht. Also: Nicht-Hingucken kann wirkdungsvoller sein als Hingucken.

Genau so eine Szene gibt es auch in The Searchers, wenn auch etwas anders (hier beobachtet ein Dritter - oder beobachtet eben gerade nicht - eine erotisch aufgeladene Szene): Der Film deutet an, dass Ethans Schwägerin in ihn verliebt ist. In einer Szene sieht Pastor Clayton (Ward Bond, der einen Priester und Offizier der Texas Rangers spielt) wie die Frau liebevoll den Mantel ihres Schwagers Ethan streichelt. (Auch das ein Motiv, das in BBM wieder auftaucht: Ein Kleidungsstück als Symbol oder “Stellvertreter” eines geliebten Menschen.) Er wendet den Blick diskret wieder ab, während hinter ihm die Frau den Mantel an Ethan übergibt. Während also hinter seinem Rücken der bedeutungsvolle Mantelaustausch stattfindet, guckt Ward Bond starr nach geradeaus in die Kamera und trinkt dabei seinen Kaffee. Er bleibt diskret, gönnt den beiden ihren intimen Augenblick, und guckt demonstrativ nicht hin. Der Unterschied zu BBM ist zwar deutlich, aber auch die Parallele: Nicht-Hingucken kann wirkungsvoller sein als Hingucken.

Eine weitere deutliche Parallele, geradezu ein Zitat ist eine kleine Geste von Heath Ledger: In einer Szene in The Searchers reitet John Wayne aus einem Canyon heraus, den er gerade allein inspiziert hat, springt von seinem Pferd, setzt sich in den Sand und stochert mit seinem Messer im Boden herum. Wie der Zuschauer später erfahren wird, hat Ethan Edwards in dem Canyon die nackte Leiche seiner Nichte gefunden, die von den Comanchen vergewaltigt und ermordet worden ist. (Das wird natürlich nicht gezeigt, sondern später im Gespräch nur angedeutet.) Zu dem Zeitpunkt wissen wir das aber noch nicht. Doch die Geste von Wayne macht sofort klar, dass er total aufgewühlt ist. Aber er darf seine Gefühle nicht zu deutlich zeigen. Schließlich sind der Verlobte und der Halbbruder der Ermordeten bei ihm.

Genau die gleiche Geste - hinsetzen und im Boden stochern, diesmal allerdings nicht mit einem Messer, sondern mit einem Stück Holz - macht auch Ennis als er erfahren hat, dass der Sommer auf dem Brokeback vorzeitig zu Ende geht und die beiden die Schafe wieder runter treiben sollen. Auch hier: Innerliches aufgewühlt sein, Gefühle, deren wahre Natur er vor dem anderen verbergen möchte, die sich aber doch irgendwie Luft schaffen müssen. Die beiden Gesten von John Wayne und Heath Ledger sind auf jeden Fall dermaßen identisch, dass das kein Zufall sein kann, sondern ein direktes Zitat aus The Searchers sein muss.

Und dann noch ein drittes deutliches Zitat, das häufig erwähnt wird: Das letzte Bild von The Searchers: John Wayne hat Debbie wieder nach Hause gebracht. Die ganze Familie umringt das Mädchen, die inzwischen zur jungen Frau herangewachsen ist (Natalie Wood, bekannt z.B. aus dem James Dean Film Denn sie wissen nicht was sie tun) und begleitet sie ins Haus. Nur Wayne bleibt alleine draußen zurück. Die Kamera blickt (wie bereits beim aller ersten Bild von The Searchers) von Innen, aus dem Haus heraus nach draußen ins Freie. John Wayne legt die linke Hand auf den rechten Ellenbogen (Hommage an den Westerndarsteller Harry Carey, der diese Geste immer in seinen Filmen machte, und dessen Witwe in The Searchers mitspielte, die dann auch prompt in Tränen ausbrach, als sie das sah), dreht sich um und geht von der Kamera weg in die karge Landschaft hinaus. Mit schnellen Schwung geht die Tür zu (“motion is emotion”), so dass das Bild schwarz wird: “Ende”

Auch das Ende von BBM ist als Searchers-Zitat interpretiert worden: Eine zuschwingende Tür (diesmal die von Ennis’s “closet”) und der Blick nach draußen ins Freie als letztes Bild. Nur mit dem entscheidenden Unterschied: In The Searchers bleibt Wayne draußen in der Wildnis, ausgeschlossen von Gemeinschaft und Familie. In BBM bleibt Ennis eingeschlossen in seinem engen Trailer, während draußen... Ja, was eigentlich? Was symbolisiert dieser letzte Blick ins Offene?

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20.02.2007 20:40 Frank ist offline E-Mail an Frank senden Beiträge von Frank suchen Nehmen Sie Frank in Ihre Freundesliste auf

Kessi Kessi ist weiblich
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Also für mich ist ein Western die amerikanische Variante des Heimatfilmes. Es geht um Landschaft und Leute, Trachten und Traditionen und den geschichtlichen Ursprung den ein jedes Land nun mal ausmacht.

Für mich ist BBM ein Heimatfilm, weil das Hauptelement eben Heimat ist. Die Landschaft der Berge (wunderschön), die Eigenheiten der Menschen, in diesem Fall der harte Kerl der schwul sein nicht akzeptiert, Trachten (selbst beim Tanzen wird der Cowboyhut nicht abgesetzt) Traditionen (Rodeo, die berühmte Countrymusik).

Und da BBM ein Heimatfilm ist und in Amerika spielt ist er ergo ein Western.

Allerdings kann man es auch wieder nicht so sagen, denn der klassische Western spielt zu einer anderen Zeit, der Zeit der Besiedelung Amerikas.

Frank
Ich finde es außerordentlich schwer BBM irgendwo einordnen zu wollen, das ist alles andere als ein Schubladenfilm und ich finde man tut ihm einfach Unrecht wenn man das will.
Hier ist einfach etwas Neues geschaffen wurden. Und das denke ich macht den Film aus.
21.02.2007 04:53 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

Frank
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Hallo Kessi,
du hast natürlich vollkommen recht: Brokeback Mountain ist kein "Schubladenfilm". Aber es geht mir auch gar nicht darum, den Film einfach in die Schublade "Western" zu stecken und ihn dann dort drin zu lassen.

BBM ist so vieles. UNTER ANDEREM ist er eben auch ein Film, der sich - allein schon wegen seines Settings - zur Tradition des Westernfilms verhalten muss. Und ich denke, darüber darf man sich doch durchaus unterhalten, ohne dem Film deswegen Unrecht anzutun.

Für mich ist BBM wie ein kostbarer Edelstein, ein funkelnder Brillant, der all seine Facetten erst zeigt, wenn er von allen Seiten beleuchtet wird. Ich denke, man tut dem Film auch Unrecht, wenn man einfach nur mit offenem Mund staunend davor sitzt, weil er so einmalig und unvergleichlich ist. Das ist er AUCH, aber er ist noch viel MEHR.

Nicht also, um den kostbaren Brillanten in eine dunkle Schublade zu stecken, sondern ganz im Gegenteil, um ihn auch von dieser Seite her zu beleuchten, so dass er noch facettenreicher schimmert, möchte ich BBM als Western diskutieren.

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21.02.2007 10:14 Frank ist offline E-Mail an Frank senden Beiträge von Frank suchen Nehmen Sie Frank in Ihre Freundesliste auf

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Ich finde auch, dass BBM etwas völlig eigenständiges ist, aber ich bin auch der Meinung, dass BBM auf jeden Fall als amerikanischer Heimatfilm, so wie Kessi das beschrieben hat, zu sehen ist.
Meiner Meinung nach ist das einfach Definitionssache, ob BBM eine Art Western ist oder nicht. Wer Western als Actionfilm, in dem hauptsächlich geschossen wird, sieht, der wird BBM sicherlich nicht als Western sehen. Aber wenn man einen Western eben als Heimatfilm sieht, in dem die jeweilige Kultur, die Gesellschaft und auch die Menschen als einzelne in ihrer Umgebung veranschaulicht werden, ist BBM auf jeden Fall auch als Western einzustufen.
21.02.2007 11:34 Andi ist offline Beiträge von Andi suchen Nehmen Sie Andi in Ihre Freundesliste auf

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Also, in meinen Augen ist ein Western ein Film, in dem den ganzen Tag die heiße Sonne die Luft über dem staubigen Boden flimmern lässt, in dem schweigsame Männer mit locker sitzendem Colt Züge blockieren, um die Bösen aufzuhalten oder irgendsowas. Selbst wenn sich diese beiden Männer lieben würden, es wäre nicht relevant, denn in einem Western kommt es darauf gar nicht an, oder? Da geht es ... um was eigentlich? Um die letzte Goldladung, um revoltierende Indianer, um einen großen Pokerwettkampf oder...?
Vielleicht bin ich da ein klischeeverfallenes weibliches Wesen, aber wenn ich Western höre, muss ich unwillkürlich immer an so was denken.
Darum glaub ich nicht, dass BBM ein Western ist. Zumal er ja nicht im Wilden Westen spielt. Augenzwinkern
Ich finde es aber völlig in Ordnung, wenn du das hier zur Frage stellst und bin beeindruckt von deiner Parallelenfindung. Ob Ang sich da wirklich hat inspirieren lassen, kann man aber nicht eindeutig sagen. Vielleicht hatten beide Filmemacher ihre Inspiration wieder von jemand ganz anderem.

Zitat:
Original von Frank
Für mich ist BBM wie ein kostbarer Edelstein, ein funkelnder Brillant, der all seine Facetten erst zeigt, wenn er von allen Seiten beleuchtet wird. Ich denke, man tut dem Film auch Unrecht, wenn man einfach nur mit offenem Mund staunend davor sitzt, weil er so einmalig und unvergleichlich ist. Das ist er AUCH, aber er ist noch viel MEHR.


Das hast du sehr schön gesagt, finde ich, ich sehe das ganz genauso. smile

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21.02.2007 16:32 LovelySmiley ist offline E-Mail an LovelySmiley senden Beiträge von LovelySmiley suchen Nehmen Sie LovelySmiley in Ihre Freundesliste auf

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Frank
Ich denke das hast du falsch verstanden, natürlich wollen wir über den Film diskutieren. Und wenn ich das nicht gewollt hätte zu diesem Thema dann hätte ich auf deinen Post auch nichts erwiedert.

Es ist einfach nur so das ich es eben anders sehe, aber eine Diskussion ist aber auch immer dazu da, jemanden anderen von seiner Meinung zu überzeugen, teilweise oder ganz und dadurch zu lernen, aus dem Grund führt man sie ja.

Wenn ich die vorige Diskussion mit dir über die antike grieschiche Tragödie nicht geführt hätte, hätte ich bis heute nichts darüber gewußt. So habe ich gegooglet um mich schlau zu machen und bin es dadurch auch ein wenig geworden. Also von daher, ist es nie verkehrt sich auseinanderzusetzen.

Ich denke das was Lovely geschrieben hat ist ein sehr wichiger Punkt. Der Western spielt zeitlich in den Anfängen von Amerika, im sogenannten WILDEN WESTEN. Aber aus der geschichtlichen Vergangenheit resultieren die Traditionen eines Landes. Und diese Traditionen drücken sich in vielem aus, in der Musik, in der Kleidung, im Brauchtum.

Ennis und Jack leben in traditionsbewußten ländlichen Gebieten von Wyoming bzw. Texas. Die Menschen dort pflegen Traditionen stärker als anderswo, man kann das bei uns mit Bayern vergleichen, wo Tradition und Brauchtum auch sehr stark gepflegt wird.

Ich möchte mal den Vergleich von Wyoming/Texas mit Bayern tradionstechnisch machen.
Also bei beiden Gebieten spielt das ländliche Leben und die Landwirtschaft eine Rolle und in ländlichen Gebieten ist man Traditionen weit mehr zugetan. Das Leben in der Familie bildet den Kernpunkt genauso wie der patriachische System, weil es für die Führung eines landwirtschaflichen Betriebes notwendig war. Die Rollenteilung resultiert aus der Schwere der Arbeit und die Familie diente noch bis in die 60/70ger Jahre hinein als ökonomische Notwendigkeit. Aus dem Grund hällt sich im ländlichen Raum konservatives Gedankengut länger als in großen Städten.
In beiden Gegenden bekennen sich die Leute schon durch ihrer Kleidung zu der Tradition ihres Landes. Früher war die Kleidung ausschließlich Arbeitskleidung, heute wird sie oft nur noch als Tracht getragen. Ein Texaner trägt den Cowboyhut auch wenn er in Dallas durch die Staßen rennt und seinen Kopf nicht mehr vor Wind und Wetter schützen muss genauso wie junge Frauen in Bayern ihr Dirndl tragen mit der Schürze obwohl sie nicht mehr vorhaben sich an den Herd zu stellen und zu kochen. Mit dieser Tracht bekennt man sich zu den historischen Gepflogenheiten seines Landes und identifiziert sich damit.
Sowohl in Bayern als auch in Texas/Wy. betreiben die Leute noch Landwirtschaft auf alte traditionelle Weise, abseits von Massentierhaltung und Genackerbau. Und da hat der alte Hut noch seine praktische Daseinsberechtigung.
In beiden Gebieten gibt es eine typische Musik, in Amerika die Countrymusik und in Bayern die Volksmusik. Die Musiker sind in Trachten gekleidet und in den Liedern wird Heimat und Tradition besungen.
In beiden Ländern gibt es Dinge die aus Geschichte entstanden sind und an die man sich dadurch erinnert. In den USA ist es das Rodeo, das Zureiten der eingefangenen wilden Pferde. In Bayern ist es der Almabtrieb, das Einbringen der Rinder in den Winterstall.
Beide Gegenden haben wunderbare Berglandschaften zu bieten, wundervolle Natur mit beeindruckender Flora und Fauna
In beiden Gegenden spielt die Kirche eine sehr bedeutende Rolle im Leben der Menschen.

Das war nur ein kleiner Auszug eines Vergleiches aber ich denke darin liegt der Kern. BBM ist ein Film über die Heimat und über die Menschen die in ihr leben, mit ihren Traditionen und Eigenheiten und diese bestimmen ihr Leben und in diesem Fall bestimmen sie die Tragik der Geschichte, in der sich die Menschen nicht frei entfalten können, weil konservatives Gedankengut, das anderen Menschen aber auch das was sie durch ihre Erziehung tief in sich drin haben, dieses freie glückliche Leben verhindert.

Ich denke worüber man auch nachdenken sollte in diesem Zusammenhang ist die Frage in wie weit sollte man etwas Altes behalten, die Tradition pflegen und wo muss man Neues zulassen, damit man nicht in der Sackgasse landet. Die Grätsche zwischen Fortschritt und Tradition.

Um den Bogen jetzt noch mal zurückzuspannen möchte ich sagen das BBM in dem Sinne keine Western ist, sondern eher ein Film der sich auf die Tradition des Westerns bezieht, als Teile eben der geschichtlichen Tradition eines Landes.
21.02.2007 18:14 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

Herbie Herbie ist männlich
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Zitat:
Original von LovelySmiley
Vielleicht bin ich da ein klischeeverfallenes weibliches Wesen, aber wenn ich Western höre, muss ich unwillkürlich immer an so was denken.


Ich denke bei dem Begriff Western auch immer an den "Wilden Westen". großes Grinsen

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21.02.2007 19:24 Herbie ist offline E-Mail an Herbie senden Beiträge von Herbie suchen Nehmen Sie Herbie in Ihre Freundesliste auf

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Definition Western

Western ist ein Kinogenre, in dessen Mittelpunkt der zentrale US amerikanische Mythos der Eroberung des (wilden) Westens der USA im 19Jh. steht

laut Wikipedia

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Kessi: 21.02.2007 20:17.

21.02.2007 19:55 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

Frank
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Ich glaube, das mit dem ”Western als amerikanische Variante des Heimatfilms” ist ein sehr guter Ansatz. Gerade bei unseren beiden “Helden”, besonders bei Ennis, hat man das Gefühl, dass sie sehr eng mit ihrer Heimat verbunden sind, vor allem wie gesagt Ennis mit seiner erdfarbenen Kleidung, die sich gewissermaßen der Landschaft anpasst. Jack, der Träumer, der niemals mit dem zufrieden ist, was er hat, der “immer strebend sich bemüht”, auch wenn aus den meisten seiner Pläne dann doch nichts wird, scheint eher bereit zu sein, über den Tellerrand hinaus zu blicken. Als Rodeoreiter ist er sowieso dauernd unterwegs, und wenn er eine Gelegenheit erkennt, sein Schicksal zu verbessern - wie durch die Heirat mit Lureen und den Umzug nach Texas - dann tut er das.

Ennis dagegen, dessen einzige Reisen um die Kaffeekanne auf der Suche nach dem Henkel gingen, scheint ganz eng mit seiner Heimat verbunden zu sein. Deshalb find ich es auch immer blöd, wenn manchmal gesagt wird, die beiden hätten ja auch einfach nach San Francisco oder New York ziehen können, wo sie als gleichgeschlechtliches Paar eher akzeptiert worden wären. Bei Jack könnte ich mir das allenfalls noch vorstellen (obwohl auch er ja eher davon träumt, die väterliche Farm zuhause zusammen mit Ennis zu bewirtschaften). Bei Ennis aber überhaupt nicht. Er gehört zu seiner Heimat, hat nichts anderes gekannt und gelernt und wäre in der Großstadt sicher nicht sonderlich glücklich.

Aber zu seiner Heimat gehören eben auch die engstirnigen Moralvorstellungen, die eine gleichgeschlechtliche Liebe "verbieten", und die er verinnerlicht hat. Der Film erzählt also auch über die Ambivalenz dieser Heimat "amerikanischer Westen", die den beiden ein Zuhause gibt und sie doch zugleich zu Außenseitern macht ("I'm nothing, I'm nowhere.")

Allerdings geht es im Western immer um eine ganz bestimmte Heimat, nämlich die “Frontier”, das heißt die “Grenze“, nämlich die Siedlungsgrenze, symbolisch also die Grenze zwischen “Wildnis” und “Zivilisation”, eben den “Wilden Westen”, wie es so schön heißt. Eine Welt, in der - wie John Ford mal über The Searchers gesagt hat -, die Indianer nicht mehr zuhause sind, und die weißen Siedler noch nicht zuhause sind. Die Western handeln dann immer irgendwie von diesem Gegensatz von Wildnis und Zivilisation und wie die Wildnis letztlich überwunden wird, sie handeln also insofern von der “Eroberung des (wilden) Westens der USA im 19. Jh.”, wie es in dem Wikipedia-Artikel heißt: Aus dem “wilden” soll ein zivilisierter Westen werden, eben die moderne USA als christlicher, kapitalistischer, demokratischer Rechtsstaat. Dem stellt sich die “Wildnis” entgegen, seien es nun die Indianer, irgendwelche Outlaws und Gangster oder auch tyrannische Viehbarone, die die Farmer piesacken usw.

Der klassische Westernheld steht dann meistens zwischen den Welten, gehört nirgendwo richtig dazu (sozusagen: “I’m nothing, I’m nowhere”), er ist selbst ein Outlaw, oder ein halber Indianer. Er kämpft mit Gewalt gegen die “Wildnis” um für die “Zivilisation” Platz zu machen, er gehört aber auch selbst zur Wildnis und ist damit häufig auch eine tragische Figur, die gegen sich selbst kämpft. Wie der deutsche Filmkritiker Joe Hembus über die John Wayne Rolle in The Searchers geschrieben hat: “Der weiße Amerikaner, der sich der Herausforderung der Wildnis stellt, Ethan Edwards, der zu den Wilden geht, (...) ist verdammt, zwischen den Winden zu wandern (...). Ahab hat das Meer der Wüsten, der Prärien, der Felsengebirge durchquert, seinen weißen Wal erlegt und geht mit ihm unter. Er versinkt in dem Land, dessen Büffel er geschossen, dessen Menschen er massakriert, dessen Erde er mit Messern, Kugeln und mit seinen Fäusten bearbeitet hat.

Dann gibt es noch den sogenannte Italo-Western (Sergio Leone und so), den ich eigentlich nicht so mag, und in dem es eher um die Ästhetik der “Oberflächenreize” geht, eben um die “die heiße Sonne, die die Luft über dem staubigen Boden flimmern lässt, in dem schweigsame Männer mit locker sitzendem Colt Züge blockieren“, wie es Smiley so schön beschrieben hat.

Im klassischen amerikanischen Western gibt es sowas natürlich auch, aber hier geht es im Kern vor allem immer um den Gegensatz von "Wildnis" und "Zivilisation" und die daraus resultierenden moralischen Konflikte. Die "Wildnis" ist dabei nicht immer das Schlechte oder Böse, das bekämpft und überwunden werden muss. Häufig gibt sie den Westernhelden, die halb zu ihr gehören, auch eine gewisse Freiheit. In der "zivlisierten" Welt der Städte, Kirchen und der Frauen fühlen sie sich oft unwohl, wirken wie ein Fremdkörper.

Auch in BBM spielte der Gegensatz zwischen der weiten, freien "Wildnis" der Berge und der oft engen und engstirnigen "Zivilisation" der Städte und der kleinen Apartments und Ranchhäuser eine Rolle. Aber letztlich bietet auch die "Wildnis" keine echte Zufucht mehr.

Denn die alte "Frontier", die Siedlungsgrenze zur Wildnis, gibt es nicht mehr so wie im 19. Jahrhundert, und damit auch nicht mehr die letzten Rückzugsräume der "wilden" Freiheit. Die "Zivilisation" dringt immer weiter in die "Wildnis" vor.

Im ersten Sommer auf dem Brokeback, dem "magischen" Sommer - "die alten, kalten Tage auf dem Berg, als die Welt ihnen alleine gehörte und nichts daran schlecht war", wie es im Prolog zu Annie Proulx's Erzählung heißt - leben die beiden tatsächlich fast noch wie die klassischen Cowboys des 19. Jahrhunderts abgeschieden von der Zivilisation in einem Freiraum, in dem sich ihre Liebe entfalten kann: Nur mit ihren Pferden, das Lagerfeuer am Boden zwischen den Steinen, der blecherne Kaffepot - die Szenen zu Beginn des Films könnten tatsächlich auch im "klassischen" Westen des 19. Jahrhunderts spielen. In Gestalt von Aguirre und seinem Fernglas dringt aber auch hier schon die Gesellschaft und ihre Moralvorstellungen in diese scheinbare Idylle (der Garten Eden) ein.

Vor allem in den folgenden Treffen draußen in der "Wildnis" dringt dann immer mehr die moderne "Zivilisation" ein: Statt des alten, Tipi-ähnlichen Zelts jetzt moderne Plastikzelte. Statt des Steinkreises auf dem Boden ein moderner Grill. Und die letzte Konfrontation - eine Art Western-Showdown? - am See findet auf einem gekiesten Parkplatz vor den Autos statt. Zwar noch vor der grandiosen Kulisse des Brokeback Mountain, aber doch mitten in der "Zivilisation", die hier nicht mehr wie in den klassischen amerikanischen Western etwas Gutes, Erstebenswertes ist, sondern etwas zutiefst Ambivalentes, Bedrückendes, letztlich Zerstörerisches.

Ob sich Ang Lee tatsächlich auf The Searchers bezieht, kann man natürlich nicht beweisen (es sei denn, Lee hätte das irgendwo ausdrücklich gesagt, aber mir ist kein solches Zitat bekannt). Aber The Searchers gilt gemeinhin als der beste amerikanische Western, wird häufig als einer der zehn besten amerikanischen Filme überhaupt genannt, und ist einem ehmaligen Filmstudenten wie Ang Lee natürlich als DER amerikanische Western schlechthin bekannt. Gerde die drei Szenen, die ich genannt habe, sind so ähnlich, dass ich wie gesagt nicht an einen Zufall glauben kann.

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21.02.2007 20:46 Frank ist offline E-Mail an Frank senden Beiträge von Frank suchen Nehmen Sie Frank in Ihre Freundesliste auf

Kessi Kessi ist weiblich
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Sehe ich teils teils

Also erst mal zum ersten Teil
Da gebe ich dir Recht, Ennis und Jack sehe ich genauso

Zum Vergleich mit dem Western:
Landwirte oder Cowboys von mir aus haben zu JEDER Zeit schwer und hart gearbeitet und so ist das Bild des Landwirtes eben auch das einen harten Kerls, sowohl im Western als auch in BBM.
Des weiteren fühlt sich ein Landwirt oder von mir aus auch Cowboy in der Wildnis immer wohler als in der sogenannten Zivilisation. Ich persönlich kenne Landwirte die lieber den ganzen Tag draußen arbeiten, mit den Tieren oder auf dem Feld als auch nur eine Stunde einen Bericht zu schreiben. Ganz zu schweigen davon ins Theater zu gehen oder einen Vortrag anzuhören oder schön Essen zu gehen.
Ich denke das es aber auch natürlich ist, ich meine man wird doch nicht Landwirt wenn man sich gar nicht für Natur und Tiere interessiert. Ich meine wenn ich lieber hinter dem Schreibtisch sitzte ist das wohl nicht der richtige Job.

Des Weiteren gab es auch im Western Männer die in der Stadt gearbeitet haben, als Banker oder Schreiber oder Schneider oder Friseure und dann gab es eben auch die Landwirte. Obwohl in einem klassischen Western ja eher weniger gearbeitet wurde, sondern mehr geschossen.

Also für mich sind die Paralellen so wie du sie siehst eher nicht vorhanden, weil sie sich für mich naja sagen wir mal wesentlich einfacher erklären lassen.

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Kessi: 21.02.2007 21:48.

21.02.2007 21:27 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

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Original von Frank

Im ersten Sommer auf dem Brokeback, dem "magischen" Sommer - "die alten, kalten Tage auf dem Berg, als die Welt ihnen alleine gehörte und nichts daran schlecht war", wie es im Prolog zu Annie Proulx's Erzählung heißt - leben die beiden tatsächlich fast noch wie die klassischen Cowboys des 19. Jahrhunderts abgeschieden von der Zivilisation in einem Freiraum, in dem sich ihre Liebe entfalten kann: Nur mit ihren Pferden, das Lagerfeuer am Boden zwischen den Steinen, der blecherne Kaffepot - die Szenen zu Beginn des Films könnten tatsächlich auch im "klassischen" Westen des 19. Jahrhunderts spielen. In Gestalt von Aguirre und seinem Fernglas dringt aber auch hier schon die Gesellschaft und ihre Moralvorstellungen in diese scheinbare Idylle (der Garten Eden) ein.


Den Vergleich finde ich sehr treffend, das hab ich auch immer so gesehen.
Die Landschaft der weiten Rocky Mountains, weit weg von Zivilisation und irgendwelchen gesellschaftlichen Regeln und Vorschriften macht die Entfaltung ihrer Gefühle dort möglich, wenn sie sich woanders kennengelernt hätten, wäre es vielleicht nie dazu gekommen. Schließlich hat es ja selbst dort einige Wochen gedauert, bis sie ihren Emotionen freien Lauf lassen konnten. An diesem Ort, der als eine Art Paradies der beiden zu deuten ist hatten sie die Ruhe und die Atmosphäre, um das, was sie fühlen zuzulassen.

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Original von Frank
Vor allem in den folgenden Treffen draußen in der "Wildnis" dringt dann immer mehr die moderne "Zivilisation" ein: Statt des alten, Tipi-ähnlichen Zelts jetzt moderne Plastikzelte. Statt des Steinkreises auf dem Boden ein moderner Grill. Und die letzte Konfrontation - eine Art Western-Showdown? - am See findet auf einem gekiesten Parkplatz vor den Autos statt. Zwar noch vor der grandiosen Kulisse des Brokeback Mountain, aber doch mitten in der "Zivilisation", die hier nicht mehr wie in den klassischen amerikanischen Western etwas Gutes, Erstebenswertes ist, sondern etwas zutiefst Ambivalentes, Bedrückendes, letztlich Zerstörerisches.


Kann man so sehen, ist denke ich aber nicht der Grund, warum die Idylle verschwindet. Ich denke das kommt eher daher, dass die Treffen immer weniger und die beiden immer verzweifelter werden, weil sie psychisch beide total kaputt sind. Die Zeit wirkt auf die beiden stark ein, die Jahre vergehen und noch immer sind sie unerfüllt, weil ihnen für einen großen Teil dieser Jahre der wichtigste Mensch in ihrem Leben fehlt. Das reißen die paar Treffen dann auch nicht so sehr raus. Man muss sich das mal vorstellen, dass du zwei Jahrzehnte lang bis auf ein paar kurze Treffen zwischendurch, die Person, die du mehr brauchst als alles andere, nicht sehen kannst, nicht bei ihr sein kannst. Da MUSS man ja psychisch vor die Hunde gehen und letztendlich ist es ja dann so: Die beiden sind total am Ende.
22.02.2007 09:41 Andi ist offline Beiträge von Andi suchen Nehmen Sie Andi in Ihre Freundesliste auf

Frank
Whiskytrinker


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Vor allem in den folgenden Treffen draußen in der "Wildnis" dringt dann immer mehr die moderne "Zivilisation" ein: Statt des alten, Tipi-ähnlichen Zelts jetzt moderne Plastikzelte. Statt des Steinkreises auf dem Boden ein moderner Grill. Und die letzte Konfrontation - eine Art Western-Showdown? - am See findet auf einem gekiesten Parkplatz vor den Autos statt. Zwar noch vor der grandiosen Kulisse des Brokeback Mountain, aber doch mitten in der "Zivilisation", die hier nicht mehr wie in den klassischen amerikanischen Western etwas Gutes, Erstebenswertes ist, sondern etwas zutiefst Ambivalentes, Bedrückendes, letztlich Zerstörerisches.


Kann man so sehen, ist denke ich aber nicht der Grund, warum die Idylle verschwindet. Ich denke das kommt eher daher, dass die Treffen immer weniger und die beiden immer verzweifelter werden, weil sie psychisch beide total kaputt sind. Die Zeit wirkt auf die beiden stark ein, die Jahre vergehen und noch immer sind sie unerfüllt, weil ihnen für einen großen Teil dieser Jahre der wichtigste Mensch in ihrem Leben fehlt. Das reißen die paar Treffen dann auch nicht so sehr raus. Man muss sich das mal vorstellen, dass du zwei Jahrzehnte lang bis auf ein paar kurze Treffen zwischendurch, die Person, die du mehr brauchst als alles andere, nicht sehen kannst, nicht bei ihr sein kannst. Da MUSS man ja psychisch vor die Hunde gehen und letztendlich ist es ja dann so: Die beiden sind total am Ende.


Ja klar, dass ist sicher nicht der Grund, warum die Idylle verschwindet, eher so etwas wie ein Symbol, ein Anzeichen dafür, dass sie sich im Laufe der Zeit immer mehr von den "alten, kalten Tagen" ihres ersten Sommers entfernen, von jenem nicht-wiederholbaren "Eden", zu dem es kein Zurück gibt, das aber dennoch - oder gerade deshalb - ewig ist.

__________________
"Was vermeid ich denn die Wege,
wo die andern Wandrer gehn ..."
22.02.2007 18:05 Frank ist offline E-Mail an Frank senden Beiträge von Frank suchen Nehmen Sie Frank in Ihre Freundesliste auf

Bluelissa
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Also einen Western als die amerikanische Version des Heimatfilmes zu bezeichnen, das geht mir ein bisschen zu weit.
Heimatfilme sind nach dem zweiten Weltkrieg entstanden, um den Leuten ein Stück heile Weile wieder in ihre guten Stuben zu holen und wo letztendlich der Förster oder wer auch immer nach etlichem harmlosen Getue und Getändel sein Mädel herzt.In den wirklich guten amerikanischen Western, wie der angesprochene "Schwarze Falke" oder auch "Mann, der Liberty Valance" erschoss, setzen sich Regisseure mit dem Mythos des amerikanischen Westens auseinander, mit dem einsamen Kämpfer, dessen Rechtsempfinden auf seinem eigenen Glauben beruht und der scheitert, weil sich beides letztendlich nicht miteinander vereinbaren läßt.
Frank hat eine hochinteressante Frage gestelt, finde ich.
BBM wird als Western gesehen und ich finde, er stellt die klassischen Motive auf und demontiert sie gleichzeitig.
Das fängt schon damit an, dass Jack und Ennis Schafhirten sind, was, wie Annie Proloux selber schreibt, von klassischen Cowboys verachtet wird.Trotzdem werden sie vor grandiosen Landschaften abgebildet, beide nach außen gesehen, "richtige"Männer, die Wind und Wetter trotzen und trotzdem ihre innere Zeriisenheit haben.Aber diese Zerrissenheit ist nichts, was sie verstehen können, wogegen sie nach außen hin kämpfen können.Rassenhaß, wie ihn Ethan Hawke im"Falken"hat, ist von der Gesellschaft sozusagen anerkannt, er überwindet ihn nur in dem einen, für ihn, besonderen Fall seiner Nichte Debbie.Sie aber kämpfen mit Gefühlen, die der klassische Cowboy eben nicht zu haben hat.
Ich finde schon, dass in BBM viele Motive des klassischen Western zu sehen sind, da hat Frank wirklich recht.Und Ang Lee übernimmt viele dieser Mythen und demontiert sie gleichzeitig gnadenlos.Beide verstecken sich hinter Frauen, anstatt für sie zu kämpfen, wie es der Western vorgibt,beide scheitern an ihren Lebenslügen, anstatt stolz und frei in die Prärie hinauszureiten, zwar einsam, aber ungebeugt.
Ich guck mir den "Falken"nochmal an.Danke, Frank, für die Frage.
Lissa
22.02.2007 21:32

Kessi Kessi ist weiblich
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Stimmt nicht Lissa
Kennst du den Film oder das Buch "Herbstmilch" von Anna W.? Ein wirklich gutes Buch über das frühere Leben auf dem Lande, die Frau schreibt ihre schweren Kindheitserinnerungen darin auf. Es gibt durchaus nicht nur kitschige Heimatfilme
Oh und Annie P. behauptet von sich selbt seine Heimatschriftstellerin zu sein.

Wir Deutschen können mit Begriffen wie "Heimat" oder "Heimatverbundenheit" immer nicht viel anfangen, weil er durch das dritte Reich einen schalen Beigeschmack bekommen hat.

Auch ja ein guter Film ist übrigens auch "Jauche und Levkojen" er erzählt die Geschichte einer Familie bis nach der Vertreibung im zweiten Weltkrieg. Keinesfalls kitschig.

Und es gibt auch kitschige Western. Der ganze Bonanzamist z.B.
22.02.2007 22:16 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

Bluelissa
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Kessi, die Filme sind nach realen Buchvorlagen geschrieben worden und fallen somit aus meiner persönlichen Wertung aus.Jetzt wirst du mir um die Ohren hauen, dass BBM auch aus einer Buchvorlage entstanden ist, aber die Geschichten in dem Buch sind eben nicht real.Annie Proloux hat Lebensgefühle eingefangen in ihren Geschichten und Ang Lee hat einen Film daraus gemacht, den, wie ich finde, nur ein Nicht-Amerikaner drehen so konnte und mit Sicherheit hat er seine Sicht auf amerikanische Western darin verarbeitet.
Lissa
22.02.2007 22:50

Bluelissa
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Die Heldin wird überings in "Lauche und Levjoven"vergewaltigt, was im Film nicht unbedingt wiedergegeben wird.
Lissa
22.02.2007 22:57

Kessi Kessi ist weiblich
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Ang Lee hat sich an die Buchvorlage gehalten bzw. an das Drehbuch und beide Schriftsteller sowohl Annie als auch James S. kannten Wyoming und haben diese Heimat in dem Film eingefangen.
Annies Figuren sind zwar ausgedacht aber sie beinhalten Charaktereigenschaften von Menschen die sie kannte, sie sind TYPISCHE Männer aus Wyoming.

Für mich ist BBM kein Western weil laut Definition ein Western eben ein Film ist der im 19Jh spielt und als Thema die Anfänge der USA darstellt.
Aber diese Anfänge sind ja Teil amerikanischer Geschichte und Tradition und diese findet sich in dem Begriff Heimat wieder.
22.02.2007 22:58 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

Kessi Kessi ist weiblich
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Original von Bluelissa
Die Heldin wird überings in "Lauche und Levjoven"vergewaltigt, was im Film nicht unbedingt wiedergegeben wird.
Lissa


Ja ich wollte doch bloß damit sagen das nicht alle Heimatfilme "Rosamunde Pilcher" oder "Sissi" sind sondern das es auch Heimatfilme gibt die gut sind. Und eben Western die schlecht sind.
22.02.2007 23:01 Kessi ist offline E-Mail an Kessi senden Beiträge von Kessi suchen Nehmen Sie Kessi in Ihre Freundesliste auf

Bluelissa
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Wir gehen hier von Franks ursprünglicher Frage ab, denke ich mir, lass uns darauf zurückkommen.Ich finde,Ang Lee ist definitiv von den alten Western beeinflusst und er hat auch einen Western gedreht, eben mit der Intention, die alten Mythen zu entzaubern und etwas neues auf den Weg zu schicken.Aber wir können das nie und nimmer mit unseren Heimatfilmen vergleichen,wie sie auch immer gewesen sind oder sein mögen.Dafür ist unsere Geschichte zu verschieden-
Lissa
22.02.2007 23:19

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Since the green is already in the story before Ang Lee got ahold of it so far as the truck and the washcloth neither of which would have even had to have been given a color, I think the typical western interpretation would still hold, although I could see Jack as "hidden dragon, desires" but not the repression so much, not for long. Jack's pretty much about getting rid of repression. Maybe that's why he's wearing a red shirt the day of his reunion with Ennis- and he goes to that reunion in a red pickup.

Of course this word Western may let you think of rough armed guys who always seems to be either the bandits otherwise the good guys who hunting them.

But Western changed. The western of earlier days maybe traditional
western but BBM is a kind of more modern western.

Shows the western life nearly 1960 and maybe the western life of today.

Everythings gonna be change. Even Western.
23.02.2007 21:43 Gyllen ist offline E-Mail an Gyllen senden Beiträge von Gyllen suchen Nehmen Sie Gyllen in Ihre Freundesliste auf

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